Blick nach vorn auf den Zeitraum bis Ende 2027: Bürgermeister Dirk Thürnau (links) steht vor einer neuen Amtszeit. OB Fritz Kuhn gratuliert. Foto: Leif Piechowski

Der Gemeinderat hat den einzigen Stuttgarter Bürgermeister mit SPD-Parteibuch mit vielen Stimmen beauftragt, seine Arbeit im Stuttgarter Rathaus fortzusetzen. Dirk Thürnau hatte zuvor skizziert, wo er die Schwerpunkte sieht.

Stuttgart - Für Dirk Thürnau (SPD) beginnt am 1. Januar die dritte Amtsperiode über acht Jahre. Der Gemeinderat hat den Technik-Bürgermeister, seit Anfang 2004 im Rathaus, mit großer Mehrheit bestätigt. Der 58-Jährige erhielt 49 von 56 gültigen Stimmen. Der von außen gekommene Mitbewerber Ulrich Weiler, ein Dauerkandidat mit Mathematik- und Philosophiestudium, ging völlig leer aus. Sieben Stimmberechtigte enthielten sich.

Dass Thürnau wieder gewählt werden würde, war völlig klar. Bürgermeistern ist in Stuttgart die Wiederwahl sicher, wenn sie nicht gerade goldene Löffel stahlen oder – wie der jüngst in den Ruhestand getretene Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) im Fall des Klinikums – in den Strudel einer Affäre gerieten. Bis zum Beginn der Ratssitzung am Donnerstagnachmittag war nur spannend gewesen, wie groß der Vertrauensbeweis für Thürnau sein würde. Denn dass der eine oder andere Stadtrat unzufrieden ist, gar eine kleine Rechnung zu begleichen hat, lässt sich nie ausschließen.

Zumal Thürnau ein wenig aus dem Rahmen fällt. Der Dienstälteste im Kreis der insgesamt sieben Bürgermeister und des Oberbürgermeisters versucht, keinerlei Abendtermine wahrzunehmen. Seine Arbeit verrichtet er wohl so ökonomisch und nüchtern wie keiner seiner Kollegen. Pathos oder Schwärmerei sind bei ihm so gut vorstellbar wie größere Menschenansammlungen auf dem Mond. Seine Empathie für üppige Blumenlandschaften und plätschernde Brunnen schießt nicht gerade ins Kraut – zumindest dann nicht, wenn ihm der jeweilige Finanzbürgermeister mehr Stellen und Gelder für Parkpflege und Brunnenbetrieb vorenthält. Dann kann er aber auch mal poltern.

Fehler macht er kaum, sagen die Beobachter

Der Architekt und gelernte Landschaftsgärtner ist zwar SPD-Mitglied, tritt als solches aber nicht in Erscheinung, worin die Partei schon ein kleines Problem sehen dürfte, da andere Mitglieder sich immer heftiger um öffentliche Wahrnehmung der niedergehenden Sozialdemokratie bemühen müssen. Thürnau scheint eher das fortzusetzen, was in diesem Amt einst der parteilose Hans-Dieter Künne verkörperte: unpolitische, unaufgeregte Sacharbeit. SPD-Fraktionschef Martin Körner hat vor der Wahl denn auch gesagt, „Thürnaus sachliche, kompetente, umsichtige und ruhige Arbeit“ werde honoriert werden. Weil er in seinem Zuständigkeitsbereich mit 2900 Mitarbeitern – in Hoch- und Tiefbauamt, Stadtmessungsamt, Garten-, Friedhofs- und Forstamt, Abfallwirtschaft und Bäderbetrieben – die Maschine reibungslos am Laufen halte. Andere Beobachter im Rathaus stellten seine sachlich-fachlichen Qualitäten ebenso wenig in Frage und hatten prophezeit, er werde an die 50 von maximal 61 möglichen Stimmen erhalten. Er mache ja auch wenig Fehler. In der Stadtgesellschaft, darüber herrscht ziemlich Einigkeit, ist Thürnau nicht oft präsent, zumindest nicht als öffentliche Person. Er ist halt auch ein Bürgermeister, der von außen kam, geboren in Westfalen und beruflich groß geworden in Niedersachsen. Er kam eben nicht aus dem Stuttgarter Gemeinderat ins Bürgermeisteramt wie viele andere.

Im Bereich Ökologie sieht Thürnau einen Schwerpunkt

Und seine Zurückhaltung bei Abendterminen? Dafür vermochten vor dem Wahltermin selbst Kommunalpolitiker anderer Couleur Verständnis aufzubringen. Ob der Mann sich denn auch noch abends mit Mülltonnen beschäftigen solle, sagte ein Stadtrat dazu. Thürnau selbst ließ unsere Zeitung wissen, er versuche seine Termine „so einzuteilen, dass ausreichend Zeit für die fachliche Arbeit bleibt, denn nur so kann man meiner Meinung nach ein Fachreferat gut leiten“.

Zur Wahrheit gehört auch, dass die Resultate der Bürgermeisterwahlen auch davon abhängen, ob man der politischen Konkurrenz gerade eins auswischen will, oder ob man sie gerade braucht. Letzteres ist zurzeit der Fall, kurz vor dem Höhepunkt der Etatberatungen, in der viele Entscheidungen mit wechselnden Koalitionen erforderlich sind. Letztlich dürften es also viele Aspekte gewesen sein, die zu Thürnaus Stimmenergebnis führten. Fest steht nur: Er schnitt besser ab als 2011. Damals hatte er 46 Ja-Stimmen und – ohne Gegenkandidat – 14 Nein-Stimmen verbucht. So konnte er diesmal noch entspannter die Gratulationen genießen.

Die Schwerpunkte der weiteren Arbeit, hatte er zuvor gesagt, seien Ökologie, Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Hier gelte es, die praktische, technische Umsetzung voranzutreiben: die Umstellung des städtischen Fuhrparks auf alternative Antriebe, die Bioabfallvergärungsanlage, moderne Bautechniken im Hochbau. Für den Unterhalt von multifunktional nutzbaren Grünanlagen müsse man kluge Konzepte finden. Der technologische Wandel habe sich beschleunigt. Viel sei auf dem Gebiet der Digitalisierung aber schon geschehen. „Wir müssen auch ein moderner, attraktiver, gut ausgestatteter Arbeitgeber sein“, so Thürnau.