Der Taycan, der erste Elektro-Sportwagen von Porsche, soll Mitte 2019 auf den Markt kommen. Foto: dpa

Der Taycan ist weit mehr als eine weitere Baureihe des Sportwagenbauers: Er gibt den Anstoß dafür, dass kaum ein Stein im Stuttgarter Konzern auf dem anderen bleibt.

Stuttgart - Mit dem Taycan bringt Porsche bald seinen ersten reinen E-Sportwagen auf den Markt. Um die Ertragskraft zu halten, muss sich der Stuttgarter Autobauer auf vielen Feldern neu erfinden. Ein Überblick:

Die Umwelt

600 PS, eine Beschleunigung von 0 auf 100 in unter 3,5 Sekunden – diese Daten hören sich nicht wirklich nach denen eines umweltfreundlichen Autos an. Doch der Porsche Taycan, das erste Elektroauto des Stuttgarter Sportwagenbauers, soll beides können: den Fahrspaß eines Sportwagens und Rennsport-Technologie mit den Umwelteigenschaften des emissionsfreien Fahrens verbinden. Kann das funktionieren?

Erst vor Kurzem haben die EU-Umweltminister dafür plädiert, die Grenzwerte für den Ausstoß des Treibhausgases CO2 weiter zu verschärfen. Der Taycan, der Mitte 2019 auf den Markt kommt, hilft Porsche und auch dem Volkswagen-Konzern dabei, denn er hat keinen Auspuff, aus dem CO2 strömen könnte. Auf mindestens 20 000 Fahrzeuge pro Jahr ist die Produktion in Zuffenhausen ausgelegt, wo derzeit mit reichlich Handarbeit die ersten Vorserienfahrzeuge gebaut werden. Aber auch 25 000 Stück sind kein Problem, sagt Produktionsvorstand Albrecht Reimold. Und falls man das System der Schichten ausweitet, geht auch noch mehr. „Beim kleinen Geländewagen Macan sind wir mit einer Jahresproduktion von 40 000 eingestiegen“, sagt Reimold. „Heute sind wir bei 97 000.“ Die Grenzen setzt der Kunde, nicht die Fabrik.

Die Finanzen

Je mehr ElektroautosPorsche verkauft, desto besser ist dies für die Klimabilanz des Volkswagen-Konzerns, in die auch die Abgaswerte der Porsche-Fahrzeuge einfließen. Bei der Konzernbilanz sieht es mit dem E-Auto schon anders aus. „In einem Elektroauto ist zusätzliche Technologie im Wert von 6000 bis 10 000 Euro enthalten“, sagt Finanzvorstand Lutz Meschke. Das könne auch Porsche nicht einfach im Preis eines solchen Fahrzeugs unterbringen, vom zusätzlich erforderlichen Gewinnanteil zur Sicherung der Rendite ganz zu schweigen. Damit der Konzern im Zeitalter der E-Mobilität an seine Ertragskraft anknüpfen kann, ist der Taycan weit mehr als eine zusätzliche Modellreihe, die sich an all die anderen Baureihen anschließt. Er ist vielmehr ein Katalysator für einen weitreichenden Umbau des gesamten Unternehmens.

Die Umsatzrendite von 17,5 Prozent aus dem ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2018 muss es nicht mehr unbedingt sein – aber unter 15 Prozent soll die Ertragskraft auch künftig nicht sinken. Auf eine Entlastung des Unternehmens durch billigere Rohstoffe für die teure Batterie will Meschke jedenfalls nicht setzen. Das wäre seiner Ansicht nach ein „gefährliches Spiel“. Denn wenn die Elektromobilität wirklich Fahrt aufnimmt, würden die Preise der entsprechenden Rohstoffe sogar noch steigen – dies umso mehr, als deren Quellen ja in den Händen einiger weniger Länder liegen.

Die Geschäftsmodelle

Entscheidende Beiträge zu einer nachhaltig hohen Rentabilität erhofft sich Meschke von der Digitalisierung des ganzen Unternehmens, die für ihn mehr ist als nur eine wohlklingende Überschrift ist. Einer der Schlüsselbegriffe lautet „functions on demand“. Gemeint ist, dass ein Porsche künftig mit viel mehr Funktionen ausgestattet sein kann, als der Besitzer gekauft hat. Sie stehen ihm deshalb auch nicht zur Verfügung – außer er bucht diese kostenpflichtig übers Internet hinzu. „Warum sollte der Fahrer nicht für einen Abend mal eine höhere Motorstärke freischalten?“, fragt Meschke. „Oder ein strafferes Fahrwerk oder ein dynamisches Fahrlicht.“ In der Digitalisierung sieht der Finanzchef die Chance, neue Erlösquellen zu erschließen und nach dem Verkauf am Fahrzeug zu verdienen. Auch an den Informationen, die dem in der Regel zahlungskräftigen Porsche-Fahrer auf den Bildschirm geschickt werden, könnte Porsche verdienen. Man könne etwa Auktionen veranstalten, bei denen Anbieter wie zum Beispiel Tankstellen sich bemühen, ihre Angebote in die Porsche-Fahrzeuge zu bringen. Wer Porsche am meisten bezahlt, bekommt den Zuschlag. Ein sehr digitales Geschäftsmodell, wie es auch Google mit seiner Werbung betreibt, bei dem aber Porsches Zugang zum Kunden eine ähnliche Schlüsselrolle spielt wie Googles Zugang zu den suchenden Internet-Nutzern. „Die Kompetenz, die wir brauchen, finden wir heute weniger bei anderen Autoherstellern und eher bei Digitalunternehmen.“

Die Produktion

Auch in der Produktion soll kein Stein auf dem anderen bleiben. Andere Autohersteller elektrifizieren ihre bestehenden Modelle, der Taycan dagegen ist eigens für die Elektromobilität entwickelt worden. Und nicht nur das: Für das neue Modell hat Porsche komplett neue Produktionsanlagen angeschafft und auch die entsprechenden Gebäude aus dem Boden gestampft. Nichts soll bleiben, wie es war – selbst die Fließbandproduktion, die seit über 100 Jahren die weltweite Automobilproduktion dominiert, wird bei dem Auto abgeschafft. Die Karosserien werden stattdessen auf rollende Plattformen montiert, die sich während der Produktion von einer Station zur nächsten bewegen. Die Arbeiter verrichten ihre Tätigkeit somit meist im Gehen. „Dieses Transportsystem macht es einfach, den Produktionsablauf später wieder zu verändern“, sagt Reimold. Man müsse dafür, anders als bisher, nichts umbauen, was aufwendig sei und nur möglich, wenn einmal die Produktion für längere Zeit stillsteht.

Die Mitarbeiter

1200 Mitarbeiter wird Porsche durch das Elektrofahrzeug zusätzlich beschäftigen, fast 15 000 Bewerbungen gehen pro Jahr bei dem Unternehmen ein. Darüber hinaus wird der Sportwagenbauer auch dafür sorgen, dass unterbeschäftigte Mitarbeiter des Volkswagen-Standorts Emden (Ostfriesland) in Zuffenhausen Arbeit finden. Die Beschäftigungslücke, die die Gewerkschaften durch die Einführung des Elektroautos sehen, zeichnet sich bei Porsche bislang nicht ab. Das Unternehmen ist auch mit seinen Benzinern hoch ausgelastet, und die 400 Batteriezellen pro Auto kommen zwar vom Elektronikkonzern LG aus Südkorea, werden aber in Sachsenheim bei Ludwigsburg zur fertigen Batterie zusammengebaut. Deshalb bringt der Taycan auch ohne Verbrennungsmotor und Getriebe reichlich Arbeit – zumal er ja die Verbrenner nicht ersetzt, sondern hinzukommt.