Ein langer Komplex mit Minimalhäusern und fünf als Wolken bezeichnete gerundete Gebäude Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Bezirksbeirat den Antrag für die Ausschreibung des ersten Baufelds für das Quartier die „Rote Wand“ abgelehnt. Auf Kritik stießen die Kriterien der Ausschreibung.

Stuttgart-Nord - Ein klimaneutrales Wohngebiet, edle und trotzdem bezahlbare Architektur – auf dem Gelände der Roten Wand, dort wo jetzt noch Flüchtlinge in Containern leben, soll ein bisschen anders gebaut werden als sonst in Stuttgart. In einem langgesteckten Komplex mit sogenannten „Minimalhäusern“ und fünf gerundeten Gebäuden, den sogenannten „Wolken“, sind 118 Wohnungen geplant. Eingeteilt ist das Quartier „Rote Wand“ in zwei Baufelder. Jetzt sollen die Grundstücke im ersten Baufeld zum Kauf ausgeschrieben werden. Bewerben können sich die Mitglieder des Bündnisses für Wohnen, also Wohnungsbauunternehmen, Baugenossenschaften und Interessenverbände .

Die Kriterien für die Ausschreibung kamen bei den Bezirksbeiräten allerdings gar nicht gut an: „Aufgefallen“ ist Sebastian Sage (SPD), dass „vieles festgezurrt ist“ und der Investor den Zuschlag bekommt, der am wenigsten Subventionen braucht. Es sei ein „Scherz“, dass zum Beispiel Zwangsvorgaben darüber gemacht werden, wie viel Holz verbaut werden soll, statt die Investoren eigene Konzepte vorlegen zu lassen, stellte Sage fest und kritisierte, dass „die Musik raus aus dem Projekt ist“, wenn der Höchstbietende den Zuschlag bekommt und nicht der mit dem besten Ideen. Hans-Christian Wieder (CDU), wie Sage Architekt, sieht es ähnlich und vermisst einen Wettbewerb. „Der täte dem Projekt gut“, ist er überzeugt.

Und Jürgen Klaffke (SÖS/Linke-plus) sieht in der Ausschreibung das geplante Erbbaurecht ausgehebelt. Denn nur dann, wenn die Bauherren beider Baufelder mit einem Erbbaurecht einverstanden sind, kann die Stadtverwaltung die Grundstücke in Erbbaurecht vergeben, wie es auch die Fraktion der SÖS/Linke-plus im Gemeinderat gefordert hat. Eine Mischung der Erwerbsformen Eigentum und Erbbaurecht ist laut Stadtverwaltung wegen der gemeinschaftlichen Tiefgarage und gemeinsamen Spiel- und Grünflächen sowie der Gemeinschaftswege nicht möglich. „Warum wurde nicht festgelegt, dass jeder, der sich beteiligen will, das Erbbaurecht akzeptieren muss“, monierte Klaffke. Er geht davon aus, dass das Modell Erbbaurecht damit erledigt ist, weil sich niemals alle Bauherrn dafür entscheiden werden. Seine Kritik: „Wir kriegen eine Situation, die alles Innovative streicht.“

Argumente der Verwaltung überzeugten nicht

Vertreter vom Amt für Liegenschaften und Wohnen sowie vom Stadtplanungsamt versicherten, dass kein Grundstück verkauft werden würde, bevor eine Planung vorliege, da man eine Planung brauche, um die Qualität daran festmachen zu können. Die Qualität wird nach Ansicht der Behörden auch dadurch garantiert, dass der Investor in Abstimmung mit dem Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung mindestens drei Architekturbüros beauftragen muss. Beschäftigen sollen die sich mit der Einhaltung des Bebauungsplans, Grundrissen, die sich veränderten Haushaltsformen anpassen, Begrünungs-, Mobilitäts- und Energiekonzepten sowie der Bauweise der Gebäude aus Holz und die Verwendung von recyclebaren Baumaterialien.

Die Argumente nutzten nichts. „Wir sollten erst einen Wettbewerb und dann die Vergabe fordern“, so Sage. Seine Forderung wurde von den Bezirksbeiräten einstimmig angenommen. Die Beschlussvorlage der Verwaltung, das erste Baufeld jetzt auszuschreiben, erhielt eine klare Absage.