Geld, Gold und Diamanten – viel Wertvolles kommt in die Bankschließfächer. Foto: Fotolia

Wer ganz sicher gehen will, lagert wichtige Unterlagen, Schmuck und auch Bargeld in Banktresoren. Die Nachfrage nach Schließfächern boomt. Die Angst vor Dieben und Wohnungsbränden spielt eine Rolle – und die Furcht vor Strafzinsen.

Stuttgart - Immer mehr Menschen wollen ihre Wertsachen wie Schmuck, Goldbarren, wichtige Dokumente und Sicherungskopien von Festplatten nicht mehr zu Hause aufbewahren. Sie bringen ihre Wertsachen und schützenswerte Daten lieber dorthin, wo sie auch die Verwahrung von Bargeld für sicher halten – zu einer Bank. Die Institute bieten Schließfächer in diversen Größen zur Miete an, vom flachen, kleinen Fach für die wichtigsten Unterlagen bis hin zu Safes, in denen selbst wertvolle Kunstgegenstände sicher verwahrt werden können.

Auch die niedrigen Zinsen spielen eine Rolle

Die Angst vor Wohnungseinbrüchen ist eine wichtige Triebfeder, persönliche Gegenstände von Wert nicht zu Hause aufzubewahren, wie eine Sprecherin des Bundesverbandes deutscher Banken, der die Privatbanken vertritt, erläutert. Dass laut Kriminalitätsstatistik im Schnitt alle etwa drei Minuten in Deutschland in eine Wohnung eingebrochen werde, erschrecke die Bürger und veranlasse sie zum Handeln.

Weil zumindest die risikoarmen Geldanlagen wie Sparbücher, Tages- und Festgelder so wie gut wie keine Rendite abwerfen, bunkern die Sparer zunehmend auch Bargeld in den Schließfächern, wie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) beobachtet. „In den Safes werden nicht nur kleine Goldbarren deponiert, sondern verstärkt auch Geld, weil man keine Zinsen bekommt“, sagt ein DSGV-Sprecher. „Wer Bargeld im Schließfach aufhebt, will kein Konto eröffnen, und das Geld trotzdem sicher unterbringen“, fügt er hinzu. Es seien kaum noch Schließfächer zu bekommen, „die Sparkassen sind gut ausgebucht“.

Latent schwingt bei den Kunden auch die Angst vor Strafzinsen mit, die einige Institute mittlerweile für Firmenkunden mit hohen Einlagen, aber zum Teil auch für sehr vermögende Privatkunden verlangen. Finanzexperten sehen den Boom bei den Schließfächern deshalb auch als Folge der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank hat im Kampf gegen Konjunkturschwäche und Miniinflation den Leitzins auf null gesenkt und den Strafzins für Institute erhöht, die Geld bei der EZB parken – anstatt Kredite zu vergeben.

Kräftige Preiserhöhungen gerade für die kleinen Fächer

Nach Einschätzung der Volksbank Stuttgart hängt das gestiegene Sicherheitsbedürfnis der Kunden stark mit den Einbruchserien in der Region Stuttgart und im Rems-Murr-Kreis in den vergangenen Jahren zusammen, wie Kunden laut einem Banksprecher berichteten. Und wer sich „alternative Geldanlagen wie Goldmünzen, Diamanten und Brillanten zulegt, weil er Angst hat, die Eurozone zerfällt oder der Euro geht kaputt“, hinterlege sie meist auch lieber in der Bank. Nach zwei Währungsreformen, die die Deutschen mitgemacht hätten, hält der Volksbank-Sprecher dies für „emotional nachvollziehbar“.

Die Institute haben auf das große Interesse an Bankschließfächern zum Teil mit kräftigen Preiserhöhungen reagiert. Miteinander vergleichen lassen sich die Angebote schwer, weil es keine normierten Größen für die Fächer gibt. Doch es fällt auf, dass insbesondere die kleinen Tresore überdurchschnittlich im Preis gestiegen sind. Gerade die Fächer, in denen Unterlagen wie Versicherungspolicen und Kfz-Briefe und einige Schmuckstücke Platz haben, sind nach Angaben des Bankenverbandes „bei den Kunden besonders beliebt“.

BW-Bank und Sparda-Bank schlagen auf

So erhöht die Baden-Württembergische Bank (BW-Bank) die Jahresmiete für ihre Schließfächer vom 1. Mai an um bis zu 43 Prozent. Das geht aus dem neuen Preis- und Leistungsverzeichnis der Bank hervor. So stark steigt der Preis für das kleinste angebotene Fach mit bis zu drei Litern Inhalt. Die nächst höheren, ebenfalls beliebten Kategorien – bis 4,5 Liter und bis zwölf Liter – werden um 33 Prozent beziehungsweise 40 Prozent teurer. Die größten Fächer mit mehr als 270 Litern kosten künftig neun Prozent mehr. Die BW-Bank bietet nach Angaben eines Sprechers rund 40 000 Fächer an 110 Standorten an. Die Preise reichen von 59,50 Euro für das kleinste bis 714 Euro pro Jahr für das größte Schließfach. Die Bank gibt höhere Ausgaben, beispielsweise für Miete und Strom, als Grund für die höheren Preise an. Gleichwohl aber hat die BW-Bank die „Aktivitäten unserer Mitbewerber“ im Blick. Dies heißt im Fall der Sparda-Bank Baden-Württemberg: Der Preis für das kleinste angebotene Fach wurde von 28 auf 45 Euro erhöht, eine Steigerung um knapp 61 Prozent. Auch die Preise der anderen drei Kategorien sind um etwa 50 Prozent gestiegen. „Das sind einfache Angebots- und Nachfrageeffekte“, sagt ein Sparda-Sprecher. Zuvor seien die Preise über viele Jahre stabil und im Konkurrenzvergleich eher günstig angesetzt gewesen. Sparda zählt 1800 Fächer in der Filiale am Stuttgarter Hauptbahnhof, insgesamt 2500 an vier Standorten im Land.

Aus dem Rahmen fällt die Volksbank Stuttgart, deren Einzugsgebiet nach der Übernahme von Volksbanken bis in den Rems-Murr-Kreis reicht. Die Bank hat die Miete für ihre Schließfächer nach Angaben des Banksprechers seit Jahren nicht erhöht. Das kleinste Fach ist für knapp 20 Euro im Jahr zu haben. Rund 35  Prozent ihrer etwa 16 500 Fächer sind noch frei. Der größte Kundentresor der Bank ist „so groß wie ein kleines Appartement“, kostet 2500 Euro im Jahr und befindet sich am Hauptsitz in Stuttgart. Die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen hält ihre Preise laut einem Sprecher seit sieben Jahren stabil. Die Sparkasse bietet an drei Standorten Tresore an, der kleinste kostet 28 Euro jährlich.

Nur Kunden können ein Schließfach mieten

Die Sparkassen und Volksbanken halten die meisten Schließfächer vor. Auch die Deutsche Bank und die Commerzbank bieten Tresore an. Bei der Deutschen Bank sind die Preise seit Jahren unverändert. Für ein Fach von bis zu neun Litern Inhalt zahlt der Kunde laut einem Sprecher 59,50 Euro – so viel wie bei der BW-Bank für ein Drei-Liter-Fach. Die größten Fächer mit einem Volumen von mehr als 144 Litern kosten 476 Euro. 89 Euro pro Jahr nimmt die Commerzbank für ein Schließfach, in das ein DIN-A4-Ordner passt. Das größte Fach mit einem Volumen von mehr als 50 Litern kostet 449 Euro, so eine Sprecherin.

Der Inhalt der Fächer ist bei den einzelnen Instituten sehr unterschiedlich versichert. Die Geldhäuser bieten Zusatzversicherungen an, die unter anderem im Fall von Feuer, Einbruchdiebstahl und Raub sowie bei Wasserschäden greifen.

Einig sind sich die Banken und Sparkassen in einem Punkt: Nur wer Kunde der Institute ist, kann ein Schließfach mieten. Selbst wer noch Kapazitäten zur Verfügung hat, vermietet seine Tresore nicht an externe Interessenten.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.trend-zu-bankschliessfaechern-panik-ist-kein-guter-ratgeber.ea5f2cc1-40fc-4674-a70a-c3029e44c92c.html