Immer mehr Kinder nehmen nicht am konfessionellen Religionsunterricht teil. Foto: dpa

Die grün-schwarze Koalition will allen Schülern Werte vermitteln. Die Grundschulen müssen warten.

Stuttgart - Alle Kinder an baden-württembergischen Schulen sollen sich mit Fragen von Gut und Böse befassen oder sich mit unterschiedlichen Religionen auseinandersetzen, auch wenn sie keinen Religionsunterricht besuchen. Dazu bekennt sich die grün-schwarze Landesregierung, sie weitet daher den Ethikunterricht aus. Bisher gibt es Ethikunterricht nur für Schüler ab der achten Klasse (an Gymnasien ab der siebten) als Alternative zum konfessionellen Religionsunterricht. Das Kabinett hat nun beschlossen, den Ethikunterricht schrittweise auf die Klassen fünf bis sieben auszuweiten. Der Ausbau beginnt im Schuljahr 2019/20, in drei Jahren sollen alle Klassen aller weiterführenden Schulen Ethik anbieten. Dafür sind knapp 300 weitere Lehrerstellen notwendig. Es wird mit jährlichen Kosten von 20 Millionen Euro gerechnet.

„Gemeinsam über unserer Normen und Werte zu sprechen, ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), selbst einst Ethiklehrer am Gymnasium. Auch Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnähmen, müssten „Orte haben, an denne sie über elementare philosophische Fragen diskutieren können“.

An Werk- und Realschulen sind mehr als die Hälfte der Schüler nicht im Religionsunterricht

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) verwies darauf, dass der Anteil der Schüler ohne kirchliche Bindung stetig wachse. An den Werk-und Realschulen nähmen mehr als die Hälfte nicht am Religionsunterricht teil. „Der Bedarf nach Ethikunterricht steigt kontinuierlich“, sagte die Ministerin. Eigentlich hätte die Ausweitung schon in diesem Schuljahr beginnen sollen. So steht es in den Nebenabreden zum Koalitionsvertrag. Sie wurde zurückgestellt. Die Bildungspläne seien nicht fertig gewesen, erklärte Eisenmann.

Die Grundschulen bleiben außen vor. Das bemängeln Vertreter der Opposition ebenso wie verschiedene Lehrerverbände. Auch Susanne Eisenmann erklärte, „auch an den Grundschulen ist es aus meiner Sicht notwendig, zukünftig Ethikunterricht anzubieten.“ Deshalb lasse sie schon jetzt die Bildungspläne für die Grundschule erarbeiten. „Dann können wir nahtlos mit dem Ausbau des Ethikunterrichts beginnen, sobald der Ausbau in der Sekundarstufe I abgeschlossen ist", sagte sie. Das wäre dann im Schuljahr 2022/23.

Die GEW erwartet auch die Einführung von Ethikunterricht an Grundschulen

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erwartet, dass „Ethikunterricht an den Grundschulen noch in dieser Wahlperiode eingeführt wird.“ Die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz sagte, „Politiker, die in populistischen Debatten Werteunterricht fordern, aber nicht einmal genug Geld dafür ausgeben wollen, dass alle Schüler in unserem Land Ethikunterricht erhalten, sind unglaubwürdig.“ Die Fraktionschefs von CDU und CSU in Bund und Ländern hatten diskutiert, ob Kinder von Migranten vor der Einschulung Werte des Rechtsstaats zu vermitteln seien.