Weil Merkel bisher keine Alternative liefern kann, steigen die Chancen von Außenminister Steinmeier (SPD, rechts) auf die Gauck-Nachfolge. Für die CDU-Chefin wäre das eine herbe Schlappe. Foto: dpa-Zentralbild

Womöglich lernt es die CDU-Chefin Angela Merkel bis zum Ende ihrer Amtszeit nicht mehr. Schon dreimal missriet ihr Suche nach einem geeigneten Kandidaten fürs Schloss Bellevue. Und auch diesmal sieht es so aus, als liefe die Suche nach einem Gauck-Nachfolger für sie aus dem Ruder.

Berlin - Bei der Wahl eines Kandidaten für das höchste Staatsamt hat CDU-Chefin Angela Merkel noch nie eine glückliche Hand bewiesen. Auch diesmal scheint die Sache aus dem Ruder zu laufen. Denn eigentlich wollte SPD-Chef Sigmar Gabriel mit der Nennung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier als SPD-Favoriten vor allem den Preis für einen gemeinsamen Kandidaten mit der Union in die Höhe treiben. Nicht einmal im Willy-Brandt-Haus glaubte man zunächst an ein erfolgreiches Ende dieses taktischen Coups.

Aber je länger Merkel keine Alternative präsentieren kann, desto größer werden die Chancen Steinmeiers. Am Freitag wollen sich die Parteichefs nun abermals treffen, kündigte CDU-Generalsekretär Peter Tauber an. „Wir folgen dem Ziel, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden“, sagte Tauber nach einer Präsidiumssitzung. Er schloss dabei nicht mehr aus, dass man sich doch auf Steinmeier einigen könnte, obwohl die Partei mit Nachdruck einen eigenen Kandidaten einfordert. Für Merkel wäre dies eine weitere eine bittere Pleite im Ringen um einen geeigneten Kandidaten fürs Schloss Bellevue.

Merkels Pannenserie begann mit der Kür von Horst Köhler. Das entscheidende „Geheimtreffen“ von Angela Merkel, Edmund Stoiber und Guido Westerwelle in der Berliner Wohnung des damaligen FDP-Chefs war an einem lausigen Märzabend des Jahres 2004 so geheim, dass sich vor der Haustür des Altbaus in mehreren Reihen die Kamerateams um die Plätze stritten. Westerwelle hatte die Vorsitzenden von CDU und CSU zu sich geladen, um über die Nachfolge von Johannes Rau zu beraten. Schwarz-Gelb war zwar im Bund noch Opposition, aber in der Bundesversammlung stellte man die Mehrheit. Die Wahl des Staatsoberhauptes sollte deshalb das Ende von Rot-Grün einläuten. Am Ende hatte Westerwelle bei Wolfgang Schäuble sein Veto eingelegt und den politisch unerfahrenen ehemaligen IWF-Chef Horst Köhler durchgesetzt. Merkel war brüskiert, Schäuble gedemütigt und ihre Partei der Chance beraubt, mit einem CDU-Kandidaten Stärke zu demonstrieren.

Mit Wulff wurde es nicht besser

Ihre Skepsis gegenüber Köhler sollte sich bewahrheiten. Der Ökonom erwies sich als störrisch und ließ sich am Ende ziemlich dünnhäutig von einem frechen Spruch des Grünen Jürgen Trittin im Mai 2010 zum Rücktritt verleiten. Mit dem Nachfolger sollte alles besser werden. Ihre Wahl fiel auf: Christian Wulff, den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten. Erneut verlief die Suche nach ihrem Kandidaten alles andere als geschmeidig. Diesmal stieß Merkel die damaligen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor den Kopf, die sich schon als erste Frau im Schloss Bellevue wähnen durfte, obwohl Merkel bereits mit Wulff handelseinig war. Westerwelle folgte zwar diesmal dem Votum Merkels, in der FDP aber machte sich Unmut breit, zumal rot-grün mit der ersten Kandidatur des ostdeutschen Pastors Joachim Gauck ein auch für Liberale reizvoller Coup gelang. Wulff musste in der Bundesversammlung deshalb trotz einer soliden absoluten schwarz-gelben Mehrheit in den dritten Wahlgang. Seine Amtszeit verlief ebenso glücklos. Ein privater Hauskredit und einige andere fragwürdige Machenschaften, vor allem aber eine katastrophale Krisenkommunikation zwangen auch Wulff im Februar 2012 nach nicht einmal zwei Jahren zum vorzeitigen Rücktritt.

Wieder musste Merkel sich auf die Suche begeben und wieder drohte ihr mit Gauck ein ernst zu nehmender Konkurrent. Hinzu kam, dass der kriselnde Koalitionspartner FDP die Chance erkannte, sich bei Merkel für erlittene Demütigungen zu revanchieren. Denn Merkel wollte Gauck eigentlich um jeden Preis verhindern, sein Charisma und seine Eigenständigkeit waren ihr nicht geheuer. Deshalb wollte sie bei der FDP den ehemaligen Bischof Wolfgang Huber oder den früheren Umweltminister Klaus Töpfer durchsetzen. Huber aber galt den Liberalen als Signal für eine große Koalition, Töpfer stand für Schwarz-Grün. Der damalige FDP-Chef Philipp Rösler stellte deshalb am Tag der Entscheidung gegen Merkels Willen kurzerhand Gauck in einer Telefonschalte des FDP-Präsidiums zur Abstimmung, wohl wissend, dass Gauck eine Mehrheit sicher war. Das Ergebnis wurde durchgestochen, Merkels Mehrheit in der Bundesversammlung war dahin. Also lenkte sie ein und machte unfreiwillig Gauck zu ihrem Kandidaten.