Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, hat das Diesel-Fahrverbot für Euro 4 in Stuttgart vor Gericht durchgesetzt. Auch für Euro-5-Diesel will er eine Verbotszone. Foto: dpa/Marijan Murat

Betrachtet man nur die ersten drei Monate 2020, ist am Schadstoff-Hotspot Neckartor eine Punktlandung beim Stickstoffdioxid gelungen. Nur Monatszahlen zu werten sei unzulässig, sagt die Deutsche Umwelthilfe.

Stuttgart - Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dringt weiterhin auf die Einführung eines zonalen Euro-5-Dieselfahrverbots in Stuttgart spätestens zum 1. Juli 2020. Damit soll der seit zehn Jahren überschrittene EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid (40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft) eingehalten werden. Die deutliche Verbesserung der Luftqualität an der Messstelle Am Neckartor in ersten Quartal 2020 ändere nichts an der Notwendigkeit des Fahrverbots, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Der DUH-Chef wirft der Landesregierung im Grunde mangelnde Seriosität vor. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hatte in einem Interview mit unserer Zeitung gesagt, das Thema weiterer Fahrverbote sei auch wegen des rückläufigen Verkehrsaufkommens in der Coronakrise „abgehakt“. Reschs Urteil zu dieser Stellungnahme fällt vernichtend aus: „Dieser Umweltminister ist weder zuständig, noch hat er eine Ahnung vom Thema. Man kann nicht plötzlich anfangen, mit Monatswerten zu arbeiten, die 40-Mikrogramm-Grenze ist ein Jahresmittelwert.“ Jeder hoffe, dass die Krise bald vorbei sei und sich wieder ein normales Leben einstelle. „Wir müssen auch ohne Coronavirus die Werte sicher einhalten“, so Resch.

Erstmals unter 50 Mikrogramm

Tatsächlich hat sich die Belastung am Neckartor vermindert. Im Dezember 2019 meldete die Landesanstalt für Umwelt (LUBW) hier ein Jahresmittel von 54, an der Hohenheimer Straße von 51 Mikrogramm. Bis zum 31. März 2020 gingen die Werte auf ein Jahr gesehen auf 48 (Neckartor) und 46 Mikrogramm zurück. Bereits im November 2019 habe sich wie dann im Januar am Neckartor ein Monatsmittelwert von 47 Mikrogramm ergeben, im Februar von nur noch 36 Mikrogramm, so die LUBW. Nach Berechnungen unserer Zeitung aus 711 Stundenwerten lag die Belastung im März im Mittel bei 37 Mikrogramm, also leicht höher als im Februar. Und das, obwohl die Fahrzeuganzahl am Neckartor seit Mitte März um 37 Prozent einbrach. Die LUBW verweist darauf, dass die Werte durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt werden, auch durch Wettereinflüsse wie Windgeschwindigkeit und Niederschläge. Der Faktor „besseres Wetter“ führe dazu, dass sich Schadstoffe wieder leichter in der Luft anreicherten.

Im ersten Quartal Punktlandung

Würden nur die ersten drei Monate 2020 betrachtet, dann würde am Neckartor mit 40 Mikrogramm im Quartalsmittel eine Punktlandung beim Grenzwert gelingen. „Es freut mich für die Menschen, dass die Luft in diesen Wochen besser ist, aber das ist kein Grund, das weitere Fahrverbot abzusagen“, so Resch. Weil das Land, anders als zum Beispiel Nordrhein-Westfalen und Hessen, sich Gesprächen mit der DUH zur gemeinsamen Verbesserung der Situation verweigere, „bleibt uns nur die juristische Klärung“, so der Bundesgeschäftsführer.

Das für den Luftreinhalteplan Stuttgart und damit die Verkehrsbeschränkungen zuständige Regierungspräsidium (RP) erwartet in diesem Monat ein Gutachten, das Aufschluss über den Jahresmittelwert 2020 gibt. Das weitere Vorgehen solle im Koalitionsausschuss von Grünen und CDU diskutiert werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat jüngst entschieden, dass Fahrverbote unverhältnismäßig sein können, wenn die „baldige Einhaltung“ des Grenzwertes absehbar sei. „Die Gutachten des Landes haben bisher selten Bestand gehabt“, sagt Resch dazu.