Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos – und betont dort, dass Deutschlands Zukunft in der Europäischen Union liege. Foto: dpa

Internationale Organisationen müssten reformiert werden, sagte Bundeskanzlerin beim Weltwirtschaftsforum in Davos. In der neuen Ordnung dürften die Interessen von aufstrebenden Staaten wie China aber nicht dominieren.

Davos - Für eine neue globale Politik- und Wirtschaftsarchitektur mit gemeinsamen Regeln hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos ausgesprochen. Sie plädierte für die Reform internationaler Organisationen. Diese müssten die neuen Kräfteverhältnisse in der Welt widerspiegeln. Dabei seien Kompromisse nötig, aufstrebende Staaten wie China dürften sich dabei aber nicht einseitig durchsetzen.

Nachdem der Eröffnungstag des diesjährigen Kongresses der Wirtschafts- und Politikelite ohne große Impulse vorbeigegangen war, erhofften sich viele Teilnehmer am Mittwoch eine Richtungsansage. Merkel versuchte dieser Erwartung Rechnung zu tragen, indem sie in einigen Punkten Orientierung andeutete, aber auch Klartext redete. Manchmal fast beschwörend beklagte sie die „Vielzahl von Störungen und Verunsicherungen im multilateralen System“. Merkel betonte, dass Deutschlands Zukunft in der Europäischen Union liege. Zwar sei der Brexit noch immer ein „Schock“, doch auch künftig sei man dringend auf Kooperation mit Großbritannien angewiesen. Eine reformierte internationale Ordnung müsse jedoch über Europa hinausgehen. Man dürfe „die bestehende Ordnung nicht ruinieren“, sondern müsse auf ihr eine neue aufbauen.

Merkel fordert klare Leitplanken in der Digitalökonomie

Als einen Eckpunkte der neuen globalen Architektur deutete Merkel das Prinzip der Interessenbalance. Sie wandte sich dagegen, dass neue Mächte wie China und Indien internationale Organisationen gründen, die vor allem eigenen Interessen verfolgten. Als Negativbeispiel nannte sie die asiatische Investitionsbank, mit der China ein Gegengewicht zur Weltbank bilden wolle.

In der Digitalökonomie vermisst die Kanzlerin eine globale Architektur. Sie plädierte für „klare Leitplanken“, die mit der sozialen Marktwirtschaft und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Bürger und Verbraucher vereinbar sein müssten. Sowohl zum US-amerikanischen Modell der privaten Verwaltung der Daten äußerte sie sich kritisch, als auch zur starken staatlichen Herrschaft, wie China sie praktiziert. „Die europäische Datenschutzgrundverordnung ist schon ganz gut“, sagte Merkel.

Deutschland beansprucht eine Mitsprache in der neuen Weltordnung

Für Deutschland beanspruchte sie eine deutliche Mitsprache in der neuen Weltordnung. Das Land sei ein großer Akteur, der gestalten wolle und könne. Sie befürwortete eine deutsche und europäische Industriepolitik, um die Stärken der Wirtschaft in die Zukunft zu retten. Europa dürfe sich etwa bei Schlüsseltechnologien wie der Batteriezellenfertigung für Elektroautos nicht von anderen Kontinenten abhängig machen.

„Ich bin zutiefst überzeugt, dass die Klimaveränderung für uns, für die gesamte Welt, eine Riesenbedeutung hat“, sagte die Kanzlerin. Die Bundesrepublik werde aus der Atomkraft und auch der Kohleindustrie aussteigen. Als Ersatz brauche man jedoch für eine Übergangszeit mehr Erdgas etwa aus Russland und den USA - bis die Erneuerbaren Energien die Versorgung übernehmen könnten.