Foto: Piechowski

Über Talent und harte Arbeit: David Larible ist der Star des Weltweihnachtscircus.

Stuttgart - Seine Knubbelnase, die er durch den Zirkusvorhang streckt, ist in den Straßen der Stadt auf Plakaten fast allgegenwärtig. David Larible ist der Star des Weltweihnachtscircus. Ein Gespräch mitdem Clown über Talent und harte Arbeit, über Musik, Gesang, Schauspielerei und den Geruch der Angst.

Herr Larible, es ist früh am Morgen. Haben Sie heute schon gelacht?

Nein, aber wenn Sie weiter so fragen...

Dann schauen Sie mal in den Spiegel. Müssen Sie da grinsen?

Dann schon.

Warum?

Ich lache gern. Natürlich lache ich auch über mich. Ich glaube, das ist zwingend notwendig, um ein Komiker zu sein.

Was sehen Sie denn im Spiegel?

Ich hab' mal gesagt, mit einem solchen Gesicht konnte ich nur Clown werden.

Nur gut, dass es Schminke gibt. Doch im Ernst, um ein Clown zu sein, muss man zum passenden Gesicht auch Talent haben?

Was ist Talent? Damit bist du geboren. Das kann nur der Anfang sein. Dann aber musst du was daraus machen.

Das hört sich anstrengend an.

Ein Artist ist ein Artist, ein Jongleur ein Jongleur, ein Musiker ein Musiker. Als Clown musst du gleichzeitig alles sein. Da steckt harte Arbeit dahinter. Ich habe sogar fünf Jahre lang klassisches Ballett gelernt.

Wirklich?

Ja, wirklich, auch wenn man es nicht mehr auf den ersten Blick sieht. Damals war ich etwas leichter. Aber die Harmonie der Bewegung bleibt.

Weil Sie aus einer alten Zirkusfamilie stammen, hatten Sie als Clown einen Startvorteil.

Da habe ich Glück gehabt. Mein Großvater war sogar selbst Clown.

Den machen Sie jetzt nach?

Nein. Großvater ist früh gestorben. Ich habe ihn leider nie in der Manege gesehen.

"Die Kunst der großen Clowns ist wichtig"

Sie hatten andere Clowns als Vorbilder.

Mein Vater war als Artist in allen großen Manegen unterwegs, da habe ich als Kind natürlich alle großen Clowns gesehen. Da lernt man viel beim Zuschauen.

Lassen sich andere Clowns kopieren?

Das wäre der größte Fehler. Klar, die Kunst der großen Clowns ist wichtig. Sie braucht man als Basis, um etwas Neues zu entwickeln.

Was ist denn an Ihrer Clownerie neu?

Ich habe in den 80er Jahren versucht, einen neuen Stil zu entwickeln. Ich wollte mit Leuten aus dem Publikum improvisieren.

Das hatten die Straßenclowns schon lange im Repertoire.

Richtig. Deshalb haben mich damals viele Leute gewarnt, das würde im Zirkus nicht funktionieren, sondern nur auf der Straße, wo die Leute keinen Eintritt zahlen.

Die zahlenden Gäste im Zirkus wollen nur zuschauen und unterhalten werden?

Das Gegenteil ist der Fall. Nach meiner Erfahrung wollen die Leute gern zu mir in die Manege und mitmachen.

Wenn Sie Ihre Mitspieler wählen, tauchen da nicht die meisten Leute in der ersten Reihe ab und nesteln an den Schnürsenkeln?

Die gibt es natürlich auch. Aber nach so vielen Jahren in der Manege kann ich inzwischen riechen, wer mitmachen will und wer nicht.

Sie können die Angst riechen?

Aus Angst wird Wohlfühlen und am Ende sogar Stolz. Ich bekomme viele E-Mails von Leuten, die mit mir in der Manege waren, die sich bedanken.

Wie nehmen Sie den Leuten die Angst?

Indem ich nie als der Clevere oder Überlegene agiere, der seine Scherze auf Kosten anderer macht. Die Leute spüren schnell, dass sie mir vertrauen können.

Bei ihren Auftritten spielt immer die Musik eine große Rolle.

Ein Clown und Musik gehören zusammen. Ich habe viele Jahre lang Trompete gelernt. Mein Lieblingsinstrument aber ist ein kleines Akkordeon, die Concertina.

Einen kurzen Auftritt bei "Ocean's Eleven"

Auch Ihre Stimme kann sich hören lassen.

Ich habe einen schönen Bariton, der aber leider viel zu spät entdeckt wurde. Mein Gesangslehrer hat immer gesagt, an mir wäre ein guter Konzertsänger verloren gegangen. Vielleicht muss ich zur Strafe deshalb jetzt den Clown machen.

Diese Rolle spielen Sie aber gut.

Moment. Ich bin kein Schauspieler. Ich spiele keine Rolle, der Clown ist die Rolle. Ein Schauspieler ist heute Hamlet, morgen Romeo. Ein Clown aber ist immer Clown.

Das klingt ja einfach.

Einfach ist, dass ich keinen Text lernen muss. Schwer ist, dass dir kein Regisseur sagt, was du als Clown tun sollst.

Aber Sie haben gelegentlich Ausflüge in die Schauspielerei gemacht.

Die habe ich vergessen.

Für Ihre Auftritte in mexikanischen Seifenopern wollen wir das gelten lassen.

Danke.

Unvergessen aber bleibt, dass Sie 2001 neben Brad Pitt eine Nebenrolle im Film "Ocean's Eleven" hatten.

Beim Schneiden wurde mein Auftritt immer kürzer. Am Ende war ich nur wenige Sekunden zu sehen.

Sonst hätten Sie George Clooney an die Wand gespielt?

Da fragen Sie ihn am besten selbst.

Clowns, so wird gern behauptet, sind im Kern traurige Menschen.

Das ist - ich sage es mal auf Englisch - Bullshit. Wie kannst du jemand zum Lachen bringen, wenn du traurig bist? Als Clown kannst du nur geben, was du in dir hast.

Sie sind also immer gut drauf?

Nein. Meine Devise lautet: Sorgen und Melancholie bleiben in der Garderobe. Dann wird die Manege zu meinem Therapieort.

Wenn Sie zu Beginn des Jahres einen Wunsch frei hätten...

... dann hätte ich gern mehr Ruhe. Die Welt wird immer hektischer. Dem Menschen bleibt kaum Zeit, zu sich selbst zu finden.