Auch mit revolutionären Köpfen wie Hermann Kurz pflegte Silcher Kontakte. Foto: Stoppel

Eine Ausstellung über Schnaits berühmten Sohn und seine Dichter zeigt dessen Vielschichtigkeit.

Weinstadt - Ludwig Uhland, Justinus Kerner, Wilhelm Hauff und Eduard Mörike – das sind die typischen Namen, die fallen, wenn von dem Komponisten Friedrich Silcher und seinen Dichtern die Rede ist. Doch diese prominenten Repräsentanten der Schwäbischen Dichterschule sind längst nicht die einzigen, deren Werke Schnaits berühmter Sohn vertont hat. Insgesamt seien es etwa 150 deutschsprachige Dichter, deren Verse Silcher zum Klingen gebracht hat, sagt Rudolf Veit. Für die Literaturtage Baden-Württemberg hat er eine Ausstellung im Silcher-Museum in Weinstadt-Schnait zum Thema kuratiert. „Lied, Lyrics und Wein – Silchers Lieder und ihre Dichter“ heißt sie und wird an diesem Sonntag eröffnet.

Weil 150 Dichter den Rahmen einer jeden Ausstellung sprengen würden, hat Rudolf Veit sich auf die schwäbischen Dichter beschränkt. Indes ergeben diese immer noch die stolze Anzahl von mehr als 50 – und so viele es sind, so vielfältig sind sie zudem von ihren Biografien und Weltanschauungen her.

Silcher hat nicht nur die Werke bekannter Dichter vertont

Da ist etwa Heinrich Wagner. Namentlich bekannt ist der Stuttgarter Kanzleirat und Jugendfreund Silchers heute wohl kaum jemandem mehr. Doch das Lied, das Silcher auf seine Verse geschrieben hat, kennt sicher jeder: „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus“ – ein Ohrwurm, den man sofort im Kopf hat und dessen Melodie man summen kann, wenn man nur den Liedtitel hört. „Mir geht es darum zu zeigen, dass Silcher nicht nur Gedichte von berühmten Persönlichkeiten vertont hat“, erklärt dazu Rudolf Veit.

Direkt neben Heinrich Wagner in der Vitrine stellt der Kurator den linksgerichteten Politiker Wilhelm Zimmermann und seine Werke vor. So sind in dem Schaukasten zwei Persönlichkeiten vereint die unterschiedlicher nicht sein könnten: Auf der einen Seite „der reaktionäre Wagner“ und auf der anderen „der revolutionäre Zimmermann“. „Das passt ganz gut“, meint Veit, denn so gegensätzlich die beiden auch in ihren politischen Einstellungen gewesen seien, hätten sie sich doch als Literaten geschätzt. Als Beweis ist ein aufgeschlagener Gedichtband ausgestellt. Er enthält ein Gedicht Wagners über Zimmermann.

Schnaits berühmter Sohn würdigte auch die Texte unangepasster Künstler

Eben diese Haltung gegenüber seinen Mitmenschen treffe auch auf Silcher zu, erläutert Veit: „Er war ein sehr liberaler Mensch, der Texte ohne Ansehen der Person in Töne gefasst hat.“ Konfession und Werdegang der Dichter hätten für ihn keine Rolle gespielt, ihm sei es allein um die Kunst gegangen. So vertonte Silcher Verse des katholischen Bischofsanwärters Heinrich von Wessenberg ebenso wie die des jüdischen Kaufmannssohns Berthold Auerbach. Zudem habe Silcher auch „unangepasste Künstler“ wie Wilhelm Waiblinger gewürdigt, einen seiner Schüler, der heute als junger Wilder der Biedermeier-Zeit gilt.

Dabei beschränkte Silcher sich bei seinen Vertonungen keineswegs nur auf Volkslieder über Natur, Liebe und Wein, sondern pflegte auch Kontakte zu Burschenschaftlern wie dem Schriftsteller Hermann Kurz, der wegen seiner radikal-demokratischen Gesinnung und kritischen Berichterstattung eine Haftstrafe auf dem Hohenasperg absitzen musste, und Georg Herwegh, der dem Jungen Deutschland angehörte. Diese literarische Bewegung junger Dichter wurde im Vormärz, angeregt von der Revolution in Frankreich, von 1830 an publizistisch tätig. Zudem schrieb Silcher auf Christian Friedrich Wurms deutscher Nachdichtung der Marseillaise, die damals das Lied der Französischen Revolution war, einen vierstimmigen Satz.