Aus welcher Richtung man sich auch der Stadt an der Lindach nähert, der Turm der Peterskirche sticht sofort heraus. Foto: Horst Rudel

Gleich im Doppelpack feiert die Zähringerstadt 2019 die erste urkundliche Erwähnung vor 1250 Jahren. Außerdem wird die Verleihung der Stadtrechte vor 700 Jahren gewürdigt.

Weilheim - Eine Schenkung von Besitz auf Weilheimer Markung an das Kloster Lorsch markiert anno 769 die erste Nennung des Orts im Oberen Lindachtal. 45 Jahre später taucht ein Bauer namens Benzo aus der Anonymität auf und findet sich im Schrifttum wieder. Bis dahin haben laut der Stadtchronik von 2007 schon Eiszeitjäger und Steinzeitmenschen, Kelten, Römer und Alamannenihre Visitenkarten in Form von Funden und baulichen Überbleibseln abgegeben. Neben dem Braunfirst bei Hepsisau und dem Höhenzug beim Pfundhardthof war die Limburg offenbar eine geschätzte Wohnlage. Weilheims Hausberg sollte auch noch unter dem Adelsgeschlecht der Zähringer, die sich zudem als Klostergründer hervortaten, eine wichtige Rolle spielen.

Es war ein Bertold I., der „mit dem Barte“, der um 1060 auf dem Vulkankegel am Albtrauf eine Burg errichten ließ – und so dem Namen Limburg erst seine volle Berechtigung gab. Der Zähringer schmückte sich mit dem Titel eines Herzogs von Kärnten und eines Markgrafen von Verona, seine reichlich zerstreuten Besitzungen und Pfründe reichten von der Schweiz und dem Oberrhein übers Breisgau bis in den Schwarzwald und von der Baar übers Neckargau bis nach Bamberg.

Bertold I. hat auf die falsche Karte gesetzt

In Weilheim stifteten die Zähringer 1070 das Hauskloster St. Peter, das sie freilich schon um 1090 in den Schwarzwald verlegten, wie es in der Esslinger Kreisbeschreibung von 1978 heißt. Auch der Stammsitz auf der Limburg stand unter keinem guten Stern und existierte lediglich von 1060 bis 1150. Das Adelsgeschlecht zog sich in die angestammten Lande im Breisgau zurück und teilte sich in mehrere Linien auf.

Bertold I. hatte offenbar im Investiturstreit der weltlichen Macht mit dem Papst auf die falsche Karte gesetzt. Die Zerstörungen durch König Heinrich IV. auch im Albvorland brachten ihn buchstäblich um den Verstand, 1078 ist er gestorben. Bertold II. stiftete 1089 im zweiten Anlauf Kloster und Kirche in Weilheim, doch auch daraus wurde nichts Beständiges.

Hermann Bauer, von 1972 bis 2009 Bürgermeister und nun Ehrenbürger Weilheims, ist in den 37 Jahren zum ausgewiesenen Zähringer-Experten gereift. Für ihn ist es keine Frage, dass zum Hintergrund des Machtgerangels in jener Zeit auch die ehrgeizigen Herrschaftsansprüche der Staufer gehören. Bauer: „Diesem Druck hat Bertold nicht standgehalten!“ Was bleibt in der Genealogie der Bertolde, ist das partielle Aufgehen der Zähringer in der Tecker Linie, mit Adalbert I. taucht erstmals ein Herzog von der Teck auf.

Identitätsstiftende Zähringer-Geschichte

Was bleibt, ist abseits der bloßen historischen Daten aber auch eine identitätsstiftende und PR-taugliche Bedeutung des Zähringer-Themas für Weilheim. Fast ließe sich neudeutsch von einer kommunalen Spielart der Corporate Identity sprechen. Seit 1991 zählt die Stadt offiziell zum Kreis von zwölf Kommunen in der Schweiz und Süddeutschland, die enge historische Bindungen zu dem Adelsgeschlecht vorweisen können. Und wenn es um Präsentation und Präsente geht, dann springt auf Weilheimer Seite schon mal ein Fläschchen Bertold-Wein von der Limburg heraus.

Man kann sich der Stadt an der Lindach von vielen Seiten nähern, aber immer sticht die Peterskirche mit ihrem stattlichen Ausmaß ins Auge. Sie steht nachweislich an der Stelle des Peterklosters aus der Zähringerzeit, begonnen wurde mit dem Bau des spätgotischen Gotteshauses im Jahr 1489 unter dem berühmten Baumeister Peter von Koblenz. Das herausragende Bau- und Kulturdenkmal im Kreis besticht durch seine reiche und kunstvolle Innenausstattung, einschließlich der Orgel, die 1795 in der Werkstatt des heimischen Orgelbauers Andreas Goll entstanden ist.

Mit der Stadterhebung anno 1319 haben die Grafen von Aichelberg den Weilheimern zum zweiten Jubiläumsanlass in diesem Jahr verholfen. Die sicher nicht frei von Eigennutz erfolgte Entscheidung der Notabeln ist ihnen freilich rückblickend schlecht gedankt worden: Bis auf einen Südflügel, der als Scheuer diente, hat man 1895 ihr Residenzschloss niedergemacht und auf den Grundmauern die Wirtschaft zum Löwen aufgestockt. Die Stadt hat den Südflügel in den 1980er Jahren gekauft, um den Bau vor dem weiteren Verfall zu retten. Dann wurde der Gebäudeveteran saniert und restauriert, mit seinem verblatteten Fachwerk und einer imposanten Bohlenstube dient der Bau als Veranstaltungsort und bildet unter Weilheims Gebäudeschätzen ein weiteres Glanzlicht.

1908 dampfte der erste Zug nach Weilheim

In der Stadtchronik ragt weiter das Jahr 1908 heraus. Seinerzeit begrüßten ehrbare Bürger den ersten Zug, der von Kirchheim in den Bahnhof dampfte. Dieses Ereignis brachte einen wirtschaftlichen Schub in die Kommune, doch die Massenmotorisierung führte in den 1980er-Jahren zur Stilllegung der Strecke. Heute, im staub- und staugeplagten Zeitalter, wäre man froh an einer Zugverbindung – und in regelmäßigen Abständen kommt auch die Reaktivierung und Weiterführung in den Nachbarkreis Göppingen ins Spiel.