Budenzauber auf dem Marktplatz: Beschicker des Weihnachtsmarkt ziehen eine durchwachsene Bilanz. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Knapp eine Woche vor Heiligabend fehlen vielen Betreibern von Ständen auf dem Weihnachtsmarkt in Stuttgart die Besucher aus dem Ausland. Die Gäste geben vor allem für Essen und Trinken ihr Geld aus.

Es ist voll an diesem Samstag auf dem Weihnachtsmarkt. Lange Schlangen an den Glühwein- und Wurstständen, auch wer im Kinderland auf dem Schlossplatz dem Miniriesenrad, dem nostalgischen Kinderkarussell oder der Minieisenbahn fahren will, muss Geduld haben. Seit dem 23. November drängen sich mehr als 220 Hütten in der Innenstadt, und die Besucher erfreuen sich an detailreichen, kreativen Dachdekorationen.

Zufriedenheit bei den Anbietern von Glühwein und Co.

Das schaut nach guten Geschäften für die Wirte, Händler und Betreiber von Fahrgeschäften aus. Doch die Bilanz – fünf Tage ehe der letzte Glühwein ausgeschenkt wird-, fällt durchwachsen aus. Zufrieden ist man bei den Fahrgeschäften und bei den Ess- und Getränkebuden. Dazu zählt auch Andreas Zinnecker, der mit seiner Familie nach 2019 zum zweiten Mal die weltweit größte transportable Weihnachtspyramide auf den Schlossplatz gebracht hat. „Ich bin sehr zufrieden. Die Leute haben Sehnsucht nach Glühwein und Stimmung“, sagt er. Vielleicht ist es bislang auch gut gelaufen, weil er den Preis für eine Tasse Glühwein nicht erhöht hat.

Zufrieden sind auch die Mitarbeiter an Currles Stand. Glühwein sei zwar eher etwas schleppend gelaufen – aber dafür ist die Nachfrage nach Maultaschen und Käsespätzle gewaltig. Dennoch vermisst ein Mitarbeiter die asiatischen Besucher, von denen vor der Pandemie noch jede Menge auf dem Weihnachtsmarkt gegeben hätte. Überhaupt seien deutlich weniger Touristen in der Landeshauptstadt als noch vor der Pandemie. Diesen Eindruck bestätigt auch Linda Brandl, die auf dem Rathausplatz seit 48 Jahren Glühwein- und Punschvarianten sowie Waffeln anbietet. Ihre Gefühlslage: zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. „Ja, an den Wochenenden läuft es, aber unter der Woche fehlen die Busse und ausländische Touristen“, sagt sie. Möglicherweise sei der Weihnachtsmarkt über Stuttgart hinaus zu wenig beworben worden. „Er ist längst kein Selbstläufer mehr. Vielleicht muss man das Konzept überdenken“, sagt sie an die Adresse von in.Stuttgart, dem Veranstalter des Weihnachtsmarktes.

Verlässliche Stammkundschaft

Bei den Händlern zeichnet sich ebenfalls ein gemischtes Bild ab. Richtig zufrieden ist Jakob Kronenwetter, der mit seiner Frau Karin seit 23 Jahren am gleichen Platz Socken, Mützen und Handschuhe verkauft, und diese Produkte waren bei den eisigen Temperaturen natürlich gut nachgefragt. „Außerdem profitieren wir von einer treuen Stammkundschaft aus dem Stuttgarter Raum und dafür sind wir auch sehr dankbar“, sagt Kronenwetter. Die guten Geschäfte hängen sicher auch mit der kommunikativen Art des 74-Jährigen zusammen, der mit Kundinnen und Kunden gern ins Gespräch kommt.

Nicht so rund läuft es am Kerzenstand von Ernst Stäb. Ein Mitarbeiter sieht die Gründe für den geschätzten Umsatzrückgang von 30 Prozent vor allem in der Lage der Bude, die nicht mehr wie gewohnt mitten im Weihnachtsmarkt steht, sondern am Rand des Schlossplatzes. Dort liefen die Menschen eher vorbei – auf dem Weg zum „richtigen Weihnachtsmarkt“. Sebastian Schmidt hat eine Bude in prominenter Lage und verkauft mit seinen Steinbüchern ein ganz besonders Kunsthandwerk. Einzeln in Handarbeit angefertigt und in der Form an alte Folianten erinnernd, sind sie ein Blickfang auf jedem Schreibtisch. Auch er ist nicht zufrieden. „Vielleicht kommt jetzt am Wochenende noch ein bisschen die Wende, aber die Leute geben ihr Geld eher für Essen und Getränke aus“, sagt Schmidt. Er könne das Ganze aber gut verkraften, weil die Standpreise in Stuttgart sehr fair wären.

Händler fühlen sich im Abseits

Noch immer untröstlich sind die Antikhändler, die in diesem Jahr aus Energiespargründen auf ihr geliebtes Antikzelt verzichten mussten. Am Rande des Schillerplatzes fühlen sie sich aber nicht nur räumlich in die Ecke gedrängt. „Viele Kunden kommen gar nicht in diese Ecke. Wir stehen auf dem Abstellgleis“, sagt der Händler Rolf Veit. So sei im Bereich der sechs Antikhändler auch der Schnee nicht geräumt worden, eine ältere Dame sei ausgerutscht und habe sich eine Gehirnerschütterung zugezogen. „Und täglich zwölf Stunden in der Kälte zu stehen für einen Umsatz von 100 Euro macht auch wenig Sinn“, so Veit. Im Januar werde er in sich gehen und schauen, wie es weitergeht. Ähnlich geht es auch Udo Grewe, Spezialist für alten Weihnachtsschmuck. Auch er vermisst das Zelt und das Café, in dem die Kunden oft verweilten und sich dann nach einem Tee für einen Kauf entschieden.