Zahlreiche Menschen besuchten am 1. Weihnachtsfeiertag die Stiftskirche. Foto: Lichtgut/Michael Latz

In den Kirchen des Landes haben die Bischöfe am Ersten Weihnachtsfeiertag ihre Predigten gehalten.– Sie mahnten mehr Verantwortung für die Umwelt an und wandten sich gegen Nationalismus.

Stuttgart - Ein Kind sitzt am Geländer der Empore vor der oberen Sakristei der Stiftskirche und lässt die Beine zwischen den Gitterstäben baumeln. Unten im Kirchenschiff des Gotteshauses mischen sich die Generationen. Junge Erwachsene und graue Häupter sind zum Abendmahlsgottesdienst am 1. Weihnachtsfeiertag zusammengekommen. Das Bild passt zum Schwerpunkt, den Landesbischof Frank Otfried July in seiner Predigt setzt: Das lebendige Fortführen von Traditionen und den Weg vom Erinnern über das Vergegenwärtigen in die Zukunft. Der Glaube, so July, biete Orientierung und Werte, die Menschen zusammenführten, statt zu spalten.

July erinnert an Tausende Helfer und Ehrenamtliche

Als „begnadete Weihnachtsmenschen“ gelte es, Gottes Geschenk der Menschenliebe anzunehmen, um es an andere weiterzugeben. Als in dieser Hinsicht besonders bewegend schildert July die Begegnung mit Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege, der sich im Kongo für Menschenrechte einsetzt und im Juni Stuttgart besuchte.

July erinnerte an die tausenden Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, die in Slums, Elend- und Kriegsgebieten, in Flüchtlingslagern oder Aufbauprojekten tätig seien, sowie an die vielen, die sich in Wort, Tat oder durch Spenden für ihre Mitmenschen einsetzten. Kritik übte July an den verstärkten Waffenexporten, die auch in Kriegsgebiete gingen. Man folge oftmals der Logik der Gewalt und des Krieges und nicht der Logik des Friedens. „Dabei ist das Kind in der Krippe entwaffnend“, sagte der Landesbischof.

Badener Bischof wendet sich gegen Nationalismus

In seiner Weihnachtspredigt hat sich der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Baden, Jochen Cornelius-Bundschuh, gegen jede nationale Vereinnahmung der christlichen Botschaft gewandt. „Die Liebe Christi gilt von Anfang an allem Land, allen Kontinenten, der ganzen Schöpfung“, sagte Cornelius-Bundschuh in der Karlsruher Stadtkirche. Die Umsetzung dieser Liebe sieht der Bischof beispielsweise in Projekten des evangelischen Hilfswerks „Brot für die Welt“ und in der Arbeit der Vesperkirchen.

Die Krippe, in die Jesus Christus nach seiner Geburt gelegt wurde, ist nach den Worten Cornelius-Bundschuhs „der Balkon an Gottes Haus“. Dort könne man die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes sehen. Diese Liebe hänge nicht davon ab, was Menschen tun und ob sie alles richtig machen. „Danach fragt dieses Kind nicht“, unterstrich der Theologe.

Mahnung zum sorgsameren Umgang mit der Natur

Der badische Landesbischof sagte zum Klimawandel: „Viele spüren heute, dass es so mit unserem Lebensstil und unserem Wirtschaften nicht weitergehen wird; aber die Veränderungen, die notwendig sind, damit Klimagerechtigkeit Wirklichkeit wird und eine gute Lösung für die Fragen der Migration gefunden werden, scheinen ihnen so groß, dass sie sich mutlos abwenden und einfach weiter machen wie bisher.“

Zu einem sorgsameren Umgang mit der Natur mahnte der Freiburger Erzbischof Stephan Burger. Wie sich am Klimawandel zeige, habe der Mensch heute vergessen, dass er für die Umwelt und ihre Geschöpfe Verantwortung trage, betonte der katholische Theologe im Freiburger Münster. Diese fehlende Verantwortung komme auch im Umgang mit Flüchtlingen oder bei kriegerischen Auseinandersetzungen zum Ausdruck. Bereits in der Weihnachtsgeschichte sei die fehlende Bereitschaft der Menschen deutlich geworden, Verantwortung zu übernehmen. Denn Christus sei von seinen Zeitgenossen nicht in ihrer Welt empfangen worden und habe erfolglos eine Herberge gesucht.