Auweia, das gibt einen Strafzettel – der wird aber erst im Januar verschickt. Derzeit herrscht bei den Behörden Weihnachtsfrieden. Foto: imago/Michael Gstettenbauer

Einige Ämter pflegen die Tradition des sogenannten Weihnachtsfriedens, damit den Bürgern nicht kurz vor Weihnachten oder gleich danach unangenehme Post ins Haus flattert. Was steckt dahinter, wer hält sich daran und wer nicht?

Ludwigsburg - Unangenehme Post vom Amt kurz vor Weihnachten? Ein Unding, finden einige Behörden und Einrichtungen. Deshalb pflegen sie auf freiwilliger Basis den sogenannten Weihnachtsfrieden und verschonen Bürger mit Strafzetteln, Mahnbescheiden, Bußgeldern und Zwangsvollstreckungen bis nach dem Fest der Liebe. Die schlechten Nachrichten sind dabei aber nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Und genau das ist der Grund, warum einige keinen Weihnachtsfrieden halten.

Das Finanzamt Ludwigsburg pflegt aber diese Tradition. Nach Auskunft einer Sprecherin beginnt der Weihnachtsfrieden am 23. Dezember und endet am 2. Januar. Vom Landratsamt kommt auf die Frage danach, ob Bußgeldbescheide oder ähnliche unerfreuliche Briefe kurz vor und nach Weihnachten nicht versandt werden, ein Ja mit Einschränkungen: In einzelnen Bereichen werde die Tradition durchaus gepflegt, teilt Sprecher Andreas Fritz mit. So verzichte beispielsweise die Kreiskasse vom 20.

Bescheide ab 27. Dezember

 Dezember bis 31. Dezember auf die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen in Form von Lohn- oder Kontopfändungen. „Allerdings werden säumige Zahler auf rückständige Forderungen hingewiesen“, betont Fritz. Die Bußgeldstelle habe die letzten Bußgeldbescheide am 17. Dezember erlassen und werde erst am 27. Dezember wieder mit der Versendung beginnen, „um zu verhindern, dass am 24. Dezember ein Bescheid zugestellt wird“.

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Auch der Fachbereich Abfallgebühren verschicke jetzt keine Bescheide mehr, sondern erst wieder ab dem 27.  Dezember. Eine Ausnahme seien Bescheide, bei denen Verjährung drohe.

Bei der Stadt Ludwigsburg verweist man auf die spätere Bugwelle

Bei der Stadt Ludwigsburg kann sich die Sprecherin Susanne Jenne dunkel daran erinnern, dass es so etwas wohl früher einmal gab. Das sei allerdings nicht mehr der Fall, sagt sie: „Das ist ja nur ein Verschieben. Da hätte man danach eine Bugwelle.“

Anders bei der Stadt Steinheim an der Murr. Dort gewährt man einen Weihnachtsfrieden – auf freiwilliger Basis, nicht offiziell beschlossen. „Wir schauen, dass vor Weihnachten keine üblen Sachen rausgehen“, sagt Stephan Retter, der Erste Beigeordnete der Stadt. Allerdings achte man natürlich darauf, dass der Stadt Steinheim dadurch keine Nachteile entstehen, etwa wenn wegen des Weihnachtsfriedens eine Frist seitens der Behörde nicht eingehalten würde. Allerdings, das betont auch Retter, sei die unangenehme Post ja nur aufgeschoben und werde nach den Festtagen zugestellt.

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Weihnachtsfrieden in Marbach – außer beim Amtsgericht

Beim Ordnungsamt der Stadt Marbach gilt der Weihnachtsfrieden seit dem 15. Dezember. Bußgeldbescheide wegen Falschparkens oder zu schnellen Fahrens gibt es bis zur ersten Januarwoche also nicht. „Das kenne ich aus Stuttgart, wo ich 22 Jahre gearbeitet habe, auch so“, sagt Christine Schläfle, die stellvertretende Leiterin des Ordnungsamtes. Und auch die Finanzverwaltung der Stadt Marbach lässt die unangenehme Post bis Januar liegen. Beim Amtsgericht Marbach dagegen wird der Weihnachtsfrieden nicht gepflegt, ebenso wenig beim Amtsgericht Ludwigsburg. Dessen Pressesprecher Ulf Hiestermann begründet das so: „Das Gericht ist in seiner Arbeit an die gesetzlichen Verfahrensordnungen gebunden. Insbesondere ist eine funktionierende Rechtspflege sicherzustellen, wozu unter anderem auch die gesetzlichen Fristen einzuhalten, Eilanträge zu bescheiden, familien- und betreuungsrechtliche Regelungen zu treffen oder Ermittlungs- und Haftsachen zu entscheiden sind. Gerade auch in gestaltenden Entscheidungen mit der Beteiligung mehrerer Parteien mag die ergangene gerichtliche Entscheidung für die eine Partei belastend, für die andere aber erwünscht oder gar dringlich gebraucht sein.“

Kein Fremdwort ist der Weihnachtsfrieden hingegen für die Stadt Kornwestheim: Er werde von der Stadtverwaltung gewahrt, teilt die Sprecherin Marion Blum mit: „Das bedeutet, dass zwischen dem 20. Dezember und dem 31. Dezember 2021 nur Bescheide und Rechnungen verschickt werden, soweit dies zur Wahrung von Fristen, wie zum Beispiel bei drohenden Verjährungen, zwingend notwendig ist.“ Hoffnungen auf einen Ablass für Park- oder andere Sünder sollte man sich aber auch hier nicht machen, stellt sie klar: „Die Wahrung des Weihnachtsfriedens bedeutet nicht, dass der gemeindliche Vollzugsdienst keine Verstöße mehr ahndet.“