Die Kopie des Vier-Wege-Göttinnen-Steins steht an der Ecke Sparrhärmlingweg/Hallschlag. Das Original befindet sich im Lapidarium des Landesmuseums. Foto: Janey Schumacher

Ein bunt bemalter Stein weist seit Kurzem auf die römische Geschichte im Hallschlag hin. Er ist eine Nachbildung des Vier-Wege-Göttinnen-Steins.

Bad Cannstatt - Dem einen oder anderen Spaziergänger dürfte er bereits aufgefallen sein: der Stein mit vier Frauenfiguren in bunten Gewändern an der Ecke Sparrhärmlingweg/Hallschlag gegenüber des Altenburgplatzes. Dieser sogenannte Vier-Wege-Göttinnen-Stein soll an die römische Geschichte des Stadtbezirks erinnern. Darauf verweist auch die Inschrift „I(n) h(onorem) d(omus) d(ivinae) deabus Quadruvis I(ovi) O(ptimo) M(aximo) dis deabusque omnib(us) Sereni(us) At ticus b(ene)f(iciarius) co(n)s(ularis) pro sua et suorum Salute posuit IIII K(alendas) Ian(uarias) Agricola et Clem/entino co(n)s(ulibus)“. Das ist Latein und heißt übersetzt: Zu Ehren des göttlichen Kaiserhauses, den Göttinnen der Kreuzwege, dem Jupiter Optimus Maximus und allen Göttern und Göttinnen hat Serenius Atticus, Offizier in der Provinzverwaltung, für sein Wohl und das Wohl der Seinen den Stein am 29. Dezember im Jahr 230 nach Christus während des Konsulats des Agricola und Clemens aufgestellt.

Beleg für die römische Besiedlung

Bei diesem Exemplar handelt es sich allerdings um eine Nachbildung. „Das Original war 1926 etwa 150 Meter entfernt an der Ecke Hallschlag/Am Römerkastell in zwei Metern Tiefe in einer Schuttgrube gefunden worden“, sagt Matthias Busch vom Verein Pro Alt-Cannstatt. Die Steine wurden meist von römischen Provinzbeamten oder Militärpolizisten – den sogenannten Benefiziariern – entlang des Limes an Straßenkreuzungen aufgestellt, um die Wegegöttinnen zum Schutz der Reisenden positiv zu stimmen. „Das wissenschaftlich Besondere an diesem Stein ist, dass er als einziger von etwa 80 bekannten Steinen die Gottheiten auch abbildet“, sagt Busch. Er ist zudem eine wichtige Quelle für die römische Besiedlung Cannstatts und gilt als Beleg für die Existenz einer Militärpolizeistation um das Jahr 230 nach Christus auf dem Hallschlag. Diese wiederum zeigt die Bedeutung Cannstatts als wichtigsten Straßenknotenpunkt im damaligen südlichen Obergermanien. All das geht aus dem Fundort und der Inschrift hervor. Letztere wurde von den Lesern der damaligen Zeit trotz der Abkürzungen verstanden, weil der Text auf solchen Steinen standardisiert und den Menschen bekannt war.

Farbgebung wissenschaftlich gesichert

Das Original befindet sich heute im Lapidarium des Landesmuseums Württemberg. „Da der Altenburgplatz neu gestaltet wird, bot es sich an, eine Kopie hier aufzustellen“, sagt Busch. Schon lang sei es der Wunsch der Projektgruppe Geschichte von Zukunft Hallschlag gewesen, ein Stück des römischen Erbes im Stadtteil sichtbar zu machen. Dies war durch Gelder aus einem Fonds der Sozialen Stadt, die Unterstützung des Landesamts für Denkmalpflege und von Pro Alt-Cannstatt möglich.

Angesichts der bunten Bemalung sagt Busch: „Es ist allgemein nur wenig bekannt, dass in der Antike diese Weihesteine sowie Tempel und Götterfiguren bunt bemalt waren.“ Aber auch bei anderen römischen Funden auf dem Hallschlag waren in der Vergangenheit Farbspuren zu sehen. Die Farbgebung der Nachbildung mag zwar außergewöhnlich erscheinen, ist laut Busch aber wissenschaftlich gesichert. Auch wenn nicht ganz genau bekannt ist, wie der Stein bemalt war, wurde er möglichst originalgetreu nachgebildet. Um die Inschrift, die Bedeutung und die Farbgebung des Steins zu erläutern, wird bald eine Infotafel angebracht.