Die „Titanic“ hatte sich eine fiktive Beatrix von Storch als Gast-Twitterin eingeladen. Nun wurde der Magazin-Account gesperrt. Foto: dpa

Das Satiremagazin „Titanic“ parodiert Tweets der AfD-Politikerin Beatrix von Storch und handelt sich so Ärger mit Twitter ein. Daran gibt es nicht nur in den sozialen Medien Kritik.

Stuttgart - Offenbar kennt Twitter den Unterschied zwischen Ernst und Satire nicht – oder ist es spielt bei den Richtlinien des Kurznachrichtendienstes schlichtweg keine Rolle. Wie dem auch sei: Twitter hat den Account des deutschen Satiremagazins „Titanic“ bis aus Weiteres gesperrt – wenige Stunden, nachdem die Zeitschrift mit einer Parodie der AfD-Politikerin auf ihrem Twitter-Kanal für Furore im Netz sorgte.

Was genau war passiert? „Titanic“ lud sich am Dienstag eine fiktive Beatrix von Storch als Gast-Twitterin ein. Diese schrieb unter anderem: „Wisst Ihr, was Twitter auf Arabisch heisst, liebe @polizei_nrw_k? Ja? Pfui! Ich weiß es nicht – denn das letzte, was ich haben will, sind besänftigte barbarische, muslimische, gruppenvergewaltigende Männerhorden! (bvs).“ Wenige Stunden später wurde der Beitrag von Twitter gelöscht.

„Titanic“ nahm mit dieser Aktion Bezug auf einen Tweet der echten AfD-Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch: Ihr Account war in der Silvesternacht gesperrt worden, nachdem Twitter einen ihrer Tweets als volksverhetzend einstufte. Sie hatte unter anderem muslimische Männer pauschal als Gruppenvergewaltiger bezeichnet. Inzwischen hat die Kölner Polizei von Storch deshalb angezeigt – Hunderte weitere Strafzeigen gegen sie sind bei der Staatsanwaltschaft eingegangen.

Nun hat sich also nicht nur Beatrix von Storch Ärger mit Twitter eingehandelt – sondern auch die „Titanic“ selbst mit ihrer Parodie auf die AfD-Abgeordnete. Die Account-Inhaber bei der „Titanic“ können nach eigenen Angaben derzeit nicht auf ihren Account zugreifen, auch wenn alle bisherigen Tweets von außen sichtbar sind. „Wir haben festgestellt, dass dieser Account gegen die Twitter Regeln verstößt“, heißt es in einer Mitteilung des „Titanic“-Chefredakteurs Tim Wolff. Um die Sperre aufzuheben, sollen die Satiriker den Beitrag löschen. Doch die denken gar nicht daran: „Titanic wird den inkriminierten Tweet nicht löschen und wartet auf eine Reaktion des Twitter-Support-Teams“, so Wolff weiter.

Im Netz entspinnt sich eine Zensur-Debatte

Die Aufmerksamkeit ist dem „Titanic“-Chefredakteur und seiner Mannschaft jedenfalls garantiert – und im Netz entspinnt sich derzeit eine Zensur-Debatte. Viele Twitternutzer sind irritiert – und auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) meldet sich zu Wort: Er forderte am Mittwoch von den Verantwortlichen, „jegliche Form von Zensur gegenüber dem Satiremagazin „Titanic“ sofort zu beenden.“ Der DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall kritisierte das Verhalten als „vorauseilenden Gehorsam, um mögliche Geldstrafen nach dem NetzDG zu verhindern“. Twitter habe damit „massiv in die Pressefreiheit eingegriffen“.

Die Sperrung des Twitter-Accounts von „Titanic“ dürfte also auch eine Folge des am 1. Januar in Kraft getretenen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes sein. Durch das Gesetz gegen Hass im Internet (Netzwerkdurchsetzungsgesetz, NetzDG) können Nutzer gezielt strafbare Inhalte melden, die auf den deutschen Seiten sozialer Netzwerke verfügbar sind. Als Reaktion auf das Gesetz haben Facebook, Google oder auch Twitter neue Prozeduren eingerichtet. Das NetzDG sieht bei Verstößen gegen Löschpflichten für die Unternehmen hohe Bußgelder vor, regelt aber nicht die Frage der Strafbarkeit der Inhalte.