Ernesto Lunar Koch (li.) und Dominik Becker Foto: Jacqueline Fritsch

Die Verfasste Studierendenschaft der Universität in Stuttgart-Hohenheim will Studenten helfen, die wegen der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Die Geschichten seien teils herzzerreißend.

Hohenheim - Nach zwei Monaten Arbeit konnte Ernesto Lunar Koch nun endlich die Gutscheine verteilen. „Das war jetzt schon mein Baby in letzter Zeit“, sagt der Student. Er ist im Vorstand der Verfassten Studierendenschaft Asta an der Universität Hohenheim. Dieses Gremium verfügt pro Semester über eine gewisse Summe an Geld, die eigentlich für Exkursionen und Veranstaltungen eingeplant ist. Da es so etwas wegen der Corona-Krise in diesem Semester nicht gibt, haben sich die Studenten etwas anderes einfallen lassen. „Einige Studenten haben sich an den Asta gewandt, weil es ihnen gerade finanziell nicht gut geht“, sagt Lunar Koch, „da dachten wir, wir könnten unser Geld doch nutzen“. So hat der Asta knapp 11 000 Euro in Gutscheine für Plieninger Supermärkte investiert und diese an 127 Kommilitonen verschenkt.

Und plötzlich reicht das Geld für Miete und Essen nicht

Es war alles genau geplant: Ihre Abschlussarbeit wollte die Studentin in der Firma schreiben, in der sie nun seit Jahren einen Minijob hat. Aber nicht nur das ist wegen der Corona-Krise nun nicht möglich – auch ihren Job in dem Leinfeldener Unternehmen kann sie seit zwei Monaten nicht mehr machen. „Ich weiß nicht, wie es jetzt weitergeht“, sagt die Studentin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, „auf jeden Fall muss ich mein Studium jetzt verlängern“. Die junge Frau stammt aus Indien und ist für ihr Studium vor dreieinhalb Jahren nach Hohenheim gekommen. Nun, da sie kein Geld mehr verdient, ist sie auf die Hilfe des Asta angewiesen. Sie bekommt 75 Euro in Form eines Lebensmittelgutscheins.

Geschichten wie jene der indischen Studentin sind beim Asta viele eingegangen. „Am liebsten würde ich manche Texte veröffentlichen, weil sie so herzzerbrechend sind“, sagt Ernesto Lunar Koch. Mit einer kurzen schriftlichen Schilderung der eigenen Situation konnten sich Studenten der Uni Hohenheim um die Lebensmittelgutscheine bewerben. Ein Ausschuss von sechs Personen, darunter Lunar Koch, hat dann entschieden, wer Hilfe bekommt.

„Wir wollten natürlich so viele wie möglich unterstützen“, sagt Lunar Koch. Die meisten Einkaufsgutscheine gehen nun an Studierende, die aus dem Ausland stammen. „Es kommt oft vor, dass diese Studenten der Hoffnungsträger ihrer Familie sind und dass sie jahrelang darauf hingearbeitet haben, ins Ausland gehen zu können“, sagt Ernesto Lunar Koch, „und dann steht plötzlich vor der Frage, ob man jetzt seine Miete bezahlt oder lieber Essen kauft“.

Nicht immer können die Eltern finanziell aushelfen

Die Aktion des Asta ist bei den Studenten gut angekommen. Viele haben sich um einen der Gutscheine beworben. „Manche haben auch geschrieben, dass sie das Geld zwar brauchen würden, wir es aber lieber anderen geben sollen, wenn die in einer schlimmeren Situation sind“, erzählt Lunar Koch. Solche sozialen Gedanken hinter einer Anfrage freuen den Studenten. „Wir Deutschen gehen manchmal ja ziemlich blauäugig durchs Studium, und oft können die Eltern aushelfen, wenn es finanziell schwierig wird.“ Letztlich sei es nicht einfach gewesen zu entscheiden, wer wie viel Geld bekommt. Das sei abhängig gemacht worden von der persönlichen Situation und davon, ob der Studierende Kinder hat und wie viel Geld er durch die Krise verloren hat.

Lunar Koch und die Studenten des Asta blicken nun auf Wochen der Arbeit zurück. Nicht nur die Auswahl der Studenten, die einen Gutschein bekommen, hat viel Zeit in Anspruch genommen. Die Kooperation mit örtlichen Supermärkten musste organisiert werden, zahlreiche Gremien mussten die Aktion genehmigen. „Wir sind super froh, dass wir die Gutscheine jetzt verteilen konnten“, sagt Lunar Koch.