BA-Vorstandschef Detlef Scheele über die Berichte zu „Ressourcen“-Chefin Valerie Holsboer: „Die aktuellen Entwicklungen gehen nicht vom Vorstand aus.“ Foto: picture alliance / Nicolas Armer

Seit zwei Jahren ist Valerie Holsboer Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit – schon droht ihr das Aus. Die Arbeitgebervertreter im Verwaltungsrat haben keine Geduld mehr und dringen auf ihre Ablösung, die Gewerkschaften ziehen offenbar mit.

Stuttgart - Sie ist wohl so etwas wie eine Entdeckung von Andrea Nahles. Als diese noch nicht SPD-Chefin, sondern Bundesarbeitsministerin war, fiel ihr Valerie Holsboer auf. Die Münchnerin hatte als Verhandlungsführerin der Arbeitgeber zuvor wichtige Tarifverträge für die hochproblematische Fleischwirtschaft ausgehandelt, was die Ministerin beeindruckte. Und eine Frau in die Führung der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu hieven erschien Nahles ohnehin zwingend.

So wurde Holsboer am 1. April 2017 Mitglied des BA-Triumvirats – als „Vorstand Ressourcen“ mit Verantwortung für die Geschäftsbereiche Controlling/Finanzen und Personal. Nun ist Nahles weg vom Fenster, und Holsboer droht ein ähnliches Schicksal. Die 42-Jährige steht nach lediglich zwei Jahren vor dem Aus bei der BA. Am 12. Juli ist die nächste ordentliche Verwaltungsratssitzung – dann soll die Ablösung beschlossen werden. Damit würde Insiderinformationen zufolge ein länger gärender Prozess abgeschlossen.

Führungsstil kommt im Verwaltungsrat nicht gut an

Auch wenn anfangs nicht die komplette Riege der Arbeitgeber von Holsboer überzeugt war, ist sie quasi auf deren Ticket in den Vorstand gelangt. Umso bemerkenswerter, dass gerade die Arbeitgebervertreter im drittelparitätischen Verwaltungsrat die Geduld mit ihr verloren haben. Dabei sollen „sachlich-fachliche Gründe“ und diverse Erfahrungen mit ihrem Führungsstil eine Rolle spielen, heißt es. In zwei Jahren habe sie kein echtes Konzept etwa für die Personalentwicklung vorgelegt. Auch hätten Pilotprojekte zur lebensbegleitenden Berufsberatung „keinen Unterbau“. Zudem lasse die forsche Juristin eine Neigung zur Unbelehrbarkeit erkennen, was bei altgedienten BA-Kräften schlecht ankommt. Dies alles lasse sich nun mal nicht mit guter Stimmung kompensieren.

Holsboer gehörte von 2010 bis 2016 selbst dem Verwaltungsrat an. Dies hat offenbar genauso wenig ausgereicht wie ihre Kompetenzen als vormalige Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Systemgastronomie sowie der Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss. Auch auf der Gewerkschaftsbank – die von DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach als alternierender Vorsitzenden des Verwaltungsrates angeführt wird – war die Einsicht den gut informierten Kreisen zufolge gereift, dass Holsboer ihrer anspruchsvollen Aufgabe nicht gewachsen sei. Da würden die Gewerkschaften „tief in den Apparat hineinhören“, heißt es.

Vorstandschef Scheele mahnt, dementiert aber nicht

Die Personalie ist so brisant, dass fast kein Beteiligter Bewertungen zur Causa Holsboer abgeben will. Dies hat auch mit einem internen Schreiben von Vorstandschef Detlef Scheele an die Mitarbeiter zu tun, der nach ersten Medienberichten bekannte: Die Artikel gäben „Anlass für viele Gespräche und Gerüchte“ – ihm sei „bewusst, dass das für viel Unruhe in der BA sorgt“. Personalentscheidungen zum BA-Vorstand lägen grundsätzlich beim Verwaltungsrat. „Ich kann derzeit nur klarstellen, dass die aktuellen Entwicklungen nicht vom Vorstand ausgehen.“ Er wünsche sich „sehr nachdrücklich, dass Fähigkeiten und Kompetenzen nicht öffentlich infrage gestellt werden, ohne dass Ross und Reiter genannt sind“. Sobald möglich, werde er über die weiteren Entwicklungen informieren. „Lassen Sie uns alle respektvoll und gut miteinander arbeiten“, mahnt Scheele.

Kein Dementi also! Dieses wäre auch seltsam, da doch Christiane Schönefeld, die Chefin der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen, schon als Nachfolgerin gehandelt wird. Bei einem Wechsel stünde sie vor denselben Hürden. Die BA macht die erste große Reform seit 2004 durch, weil der Arbeitsmarkt weniger Arbeitslose hergibt, aber mehr Unterstützung im Zuge der Digitalisierung erfordert.

Pilotprojekt im Großraum Stuttgart

So wird die Mammutbehörde mit ihren insgesamt 96 000 Mitarbeitern auf Basis des seit Januar geltenden Qualifizierungschancengesetzes zu einer Weiterbildungsagentur für Beschäftigte fortentwickelt. Im Großraum Stuttgart etwa läuft dazu ein Pilotprojekt: Dort sind BA-Kräfte Ansprechpartner für Fragen der Arbeitsplatzveränderung, die der Arbeitgeber allein nicht stemmen kann – oder für einen künftigen Weiterbildungsbedarf, wenn der Beschäftigte den Eindruck hat, dass sein Job in naher Zukunft der Technik zum Opfer fallen könnte. Der Verwaltungsrat diskutiert derzeit darüber, ob diese neuen BA-Angebote bald flächendeckend bereitgestellt werden.

Zudem will die Bundesagentur von September an deutlich öfter in die Schulen gehen. Ferner wird das Online-Angebot ausgebaut, das schon heute einen Antrag auf Arbeitslosengeld von daheim aus ermöglicht. All die Veränderungen haben Folgen für das Personal: Bei der Arbeitslosenversicherung soll es weniger, bei der Beratung mehr geben. Konkrete Zahlen für den nächsten Haushalt beschließt der Verwaltungsrat im November.