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Selbst hinter einem langweiligen Ergebnis wie einem 2:1 kann eine spannende Geschichte stecken – fragen Sie mal Hansi Flick, Jürgen Klinsmann oder Jürgen Klopp, meint unser Kolumnist Reiner Schloz.

Stuttgart - Es gibt Trainer, die ziehen hinaus in die Welt. Die meisten aber kommen und gehen. Und dann gibt es noch welche, die kommen, um nicht lange zu bleiben. Interimstrainer – ein ganz böses Wort. Doch ganz egal, wo sich die Übungsleiter auch gerade auf ihrem Weg befinden, sie kommen alle an den Punkt, an dem sie aus tiefsten Herzen behaupten: Es zählt nur das nackte Ergebnis.

Nehmen wir dieses schnöde 2:1, viel nackter geht’s nicht. Jeder, der gar keine Ahnung hat, und jeder, der auf keinen Fall sein Geld verlieren will, setzt beim Tippspiel auf 2:1. Zwei-Eins erfüllt aus unerfindlichen Gründen ein großes Sicherheitsbedürfnis. Aber eigentlich kündet das Zwei-Eins von großer Langeweile, harter Arbeit, zähem Spielverlauf, von Arbeitssiegen, wie sie oft in Endspielen zusammengemurkst werden. Wenn im kommenden Jahr ganz Europa die Fußball-EM feiert, lastet ein schwerer Schatten auf dem Turnier: Fünf von bisher 15 Finalspielen endeten mit 2:1.

So ein 2:1 hat Hansi Flick das Wochenende verdorben, weil es ein 1:2 wurde. Seit Wochen versucht die mediale Macht den Münchner Interimstrainer zum Cheftrainer der Bayern zu machen. Weil er Erfolg hat, weil er ein netter Mensch ist. Und dann schleicht Leverkusen durch die Allianz-Arena, nicht gerade berühmt für unerwartete Erfolge, aber sehr geschickt an diesem Tag. Sogar Thomas Müller trifft für die Bayern. Die vergangenen 87 Mal, als Thomas Müller getroffen hat, haben die Bayern nicht verloren. Man spricht vom Glücksbringer. Aber diesmal: eins zu zwei. Lewandowski hat, im Gegensatz zu Müller, diesmal nicht getroffen. Vielleicht war’s das.

Jürgen Klinsmann verliert und lacht

Oder Berlin, Hertha gegen Dortmund, ein reines Trainerspiel. Auf Berliner Seite: der neue Hoffnungsträger. Jürgen Klinsmann soll aus der tiefgrauen Hertha-Maus den Big City Club machen. Von Huntington Beach, Kalifornien, über den Aufsichtsratssitz bei Hertha auf die Trainerbank. „Im Fußball passiert eben vieles über Nacht“, sagt Klinsmann und lacht.

Auf Dortmunder Seite: der Buhmann mit souveränen Steherqualitäten. Trainer Lucien Favre, seit Wochen in der Kritik und unter Beobachtung, darf gegen Klinsmann auf keinen Fall verlieren. Höflich und sachlich beantwortet er alle Fragen, aber sein Gesichtsausdruck spiegelt die Dortmunder Gesamtsituation wider: besorgt.

Klinsmann merkt dann bald, dass seine Maus noch viel grauer ist, als er dachte. Dortmund führt schnell Zwei-Null. Aber beim BVB läuft es eben auch nicht rund. Mats Hummels, Kopf der Mannschaft und Abwehrchef, bettelt mit zwei blöden Fouls förmlich um die Gelb-Rote Karte. Mit zehn Mann quält sich das Team durch die 90 Minuten – 2:1. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, sagt Klinsmann und lacht. „Wir waren 90 Minuten voll konzentriert“, sagt Favre und macht ein besorgtes Gesicht.

Jürgen Klopp ist ein prima Trainer-Export

Aber als man Klinsmanns Mannschaft so spielen sah, musste man unweigerlich an Jürgen Klopp denken. Deutschlands bester Trainer-Export seit Jupp Heynckes ist in Liverpool ein Held. Als er vor fünf Jahren in England anheuerte, um die glorreiche Vergangenheit der Reds wieder aufleben zu lassen, dümpelte das Team im Mittelfeld der Premier League herum. Und wenn man der Mannschaft zuschaute, fragte man sich: Was hat sich Klopp da angetan? Und dann ist dort über Nacht wie im Fußball so üblich eine ganze Menge passiert. Liverpool, aktueller Champions-League-Sieger, führt in der Premier League gerade mit elf Punkten Vorsprung vor dem vermeintlich härtesten Konkurrenten Man City. Am Samstag spielte Liverpool gegen den Hinterbänkler Brighton & Hove Albion. Klopps Abwehrchef Virgil van Dijk saht nicht die Gelb-Rote Karte. Er erzielte zwei Kopfballtore. Nach dem Arbeitssieg atmete Klopp tief durch. Am Ende stand es – Zwei zu Eins.