Berlin ist nicht nur eine deutsche Millionen-Metropole, sondern war bis vor kurzem auch ein 5000-Einwohner-Ort in Südafrika. Nun heißt die Stadt Ntabozuko. Foto: dpa/Christian Putsch

Immer wieder geben sich Orte neue Namen wie jetzt das südafrikanische Dorf, das nicht mehr so heißen will wie die deutsche Hauptstadt. Dahinter steckt oft Politik, ein kolonialistisches Erbe oder einfach eine peinliche Konnotation. Wir haben uns einige Beispiele angesehen.

Stuttgart - Colonel Adolph von Hake war ein preußischer Soldat mit breitem Wirkungskreis. In Waterloo kämpfte er gegen Napoleon, später mit der britisch-deutschen Legion in Südafrika. Am Ende seiner Dienstzeit bekam er drei Tagesmärsche von Port Elizabeth entfernt ein Stück Land geschenkt, das er wie seine Heimat nannte: Berlin. Jetzt, 180 Jahre später, hat die südafrikanische Bevölkerung dem als kolonial empfundenen Namen ade gesagt. Das 5000-Einwohner-Dorf Berlin heißt nun Ntabozuko. Das bedeutet in der Xhosa-Sprache „Berg des Ruhms“. Wie Berlin-Ntabozuko machten es schon viele andere Orte und ganze Länder. Irgendwann war der alte Name nicht mehr schick, war politisch unkorrekt oder einfach peinlich. Begleiten Sie uns auf einer Reise über die Namenslandkarte.

1. Aus Bombai wurde Mumbai

Indiens größte Stadt erhielt einst von den Portugiesen den Namen „Bom Bahia“ – schöne Bucht. Für die Engländer, die im 17. Jahrhundert die Macht übernahmen, war das ein Zungenbrecher, den sie zu Bombay machten. 1996 benannte der Bürgermeister die 15-Millionen-Stadt in Mumbai um. Den Namen hatte er aus der Hindu-Göttin Mumbadevi und dem Wort „Aai“ für „Mutter“ kombiniert.

2. Wie liegt Karl-Marx-Stadt?

Ortsnamen haben viel mit Politik zu tun – auch in Deutschland. Das bekannteste Beispiel ist das ehemalige Karl-Marx-Stadt, das heute wieder ihren ursprünglichen, aus dem Sorbischen stammenden Namen Chemnitz trägt. Zu DDR-Zeiten war Sachsens drittgrößte Stadt anlässlich des Karl-Marx-Jahres 1953 umbenannt worden. 1990 war eine der ersten Stadtratsentscheidungen nach der Wende, zum ursprünglichen Namen zurückzukehren. Das 13 Meter hohe Karl-Marx-Monument thront aber weiter in der Stadt.

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3. Stalingrad gibt es nicht mehr

Wer kennt schon Wolgograd? „Stalingrad“ aber erlangte im Zweiten Weltkrieg traurige Berühmtheit. Denn die Schlacht um die Stadt an der Wolga kostete insgesamt etwa 700 000 Menschen das Leben. Ursprünglich wurde Wolgograd im 16. Jahrhundert als Zarizyn gegründet, was den kommunistischen Herrschern der Sowjetunion aber zu sehr nach Zar klang; so wurde die Stadt 1925 in Stalingrad umbenannt. Nach Stalins Tod wurde sie zu Wolgograd, auf deutsch Wolgastadt.

4. Ceylon-Tee kommt heute aus Sri Lanka

Der alte Name des Inselstaats Sri Lanka steht heute nur noch auf den Teepackungen. Die rund 400 Kilometer lange Insel hieß unter den Portugiesen Ceilao, was die Briten ab 1815, als sie die Herrschaft übernahmen, in Ceylon umschrieben. 1948 entließ Großbritannien das Land in die Unabhängigkeit. Aber es dauerte bis 1972, als Ceylon sich in Sri Lanka umbenannte – das heißt auf Deutsch so viel wie ehrenwerte oder glänzende Insel. Tee ist übrigens immer noch der berühmteste Exportartikel.

5. Akmolinsk, Astana oder Nursultan

Die Hauptstadt Kasachstans sieht ein wenig so aus wie eine moderne Bauausstellung, so viele berühmte Architekten der Gegenwart durften sich dort austoben. Eine eigene Identität hat sie auch aus einem zweiten Grund bislang nicht wirklich gefunden. Zu oft musste sie ihren Namen wechseln. Ganz früher hieß sie Akmolinsk, ab 1961 Zelinograd, 1992 dann Akmola, von 1998 an Astana und seit 2019 schließlich Nursultan, zu Ehren des damals gerade in die Rente gewechselten Präsidenten Nursultan Nasarbajew. Die meisten Einheimischen aber bleiben bei Astana. Das heißt einfach „Hauptstadt“.

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6. Bratislava oder Pressburg

Die Hauptstadt der Slowakei heißt seit 1919 offiziell Bratislava; damals galt es, schnell die K.-u.-k.-Vergangenheit vergessen zu machen. Die österreichischen Kaiser hatten sie wie die prächtige Burg auf dem Hügel genannt: Pressburg. Die deutsche und die österreichische Botschaft verwenden heute noch den Namen Pressburg, genauso wie übrigens die deutschen Schulatlanten.

7. Asbestos’ Investorenprobleme

Der Ort Asbestos 150 Kilometer östlich von Montreal in Kanada wurde Ende 2020 umbenannt – in Val-des-Sources. Der Bürgermeister hatte zuvor mitgeteilt, dass sich mindestens vier Geldgeber gemeldet hätten, die am Ort investieren wollten, wenn die Stadt nicht mehr Asbestos heißen würde. Man produzierte dort jahrzehntelang die Hälfte des weltweiten Asbestbedarfs dort, heute ist der Stoff wegen seiner Gesundheitsgefahren geächtet. 2011 wurde die Mine geschlossen.

8. Aus Fucking wird Fugging

Sie war es einfach leid, dass die Ortsschilder ständig von Touristen als Souvenirs gestohlen wurden. Und die obszönen Witze über den Ortsnamen fand sie auch nicht mehr lustig. Deshalb hat die für den österreichischen Ort Fucking zuständige Bürgermeisterin im vergangenen November entschieden, den Ort zu „Fugging“ umzubenennen. Die ebenfalls leidgeprüften Einwohner von Petting in Bayern, nur etwa 30 Kilometer von Fugging entfernt, wollen dagegen an ihren Namen festhalten.