In Waiblingen haben rund 500 Beschäftigte des öffentlichen Diensts für eine bessere Bezahlung gestreikt. Foto: Gottfried Stoppel

Sie sind entschlossen, weiter zu kämpfen: An diesem Mittwoch haben Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in Waiblingen für eine bessere Bezahlung demonstriert.

Waiblingen - Mit Trillerpfeifen, Tröten und Rätschen haben am Mittwoch in Waiblingen rund 500 Beschäftigte des öffentlichen Diensts lautstark für eine bessere Bezahlung protestiert. Aus dem gesamten Landkreis waren Demonstranten auf den Zeller-Platz gegenüber des Landratsamtes gekommen – Beschäftigte von Kreissparkassen ebenso wie beispielsweise Erzieherinnen, Mitarbeiter des Landratsamtes und der Kommunen, Auszubildende der Diakonie Stetten, Personal der verschiedenen Stadtwerke und der Abfallwirtschaft.

Ein großer Teil der Demonstranten stammte aus der Belegschaft der Rems-Murr-Kliniken in Winnenden und Schorndorf. „Es gibt eine riesige Streikbereitschaft in den Krankenhäusern, das spiegelt sich hier wider“, sagte Marc Kappler, Verdi-Gewerkschaftssekretär für den Bereich Gesundheit, angesichts des sehr gut gefüllten Zeller-Platzes. Auf dessen Asphaltdecke leuchteten aufgesprühte blaue und rote Punkte – als Orientierungshilfe für die Demonstranten, die wegen der Pandemie Abstand halten mussten. Zusätzlich zu den ausliegenden Streiklisten galt es, sich gemäß der Corona-Vorschriften in Teilnehmer-Listen einzutragen.

Mehrere Stationen voll bestreikt

„Vier Stationen in Winnenden streiken komplett“, erläuterte Marc Kappler, der berichtete, die Geschäftsführung der Kliniken habe Mitarbeitende unter Druck gesetzt, nicht zu streiken. Ähnliches berichtete eine streikende Mitarbeiterin der Kliniken. Aus diesem Grund seien beispielsweise einige Praktikanten nicht in Waiblingen dabei: „Sie haben Angst, dass ihre Anerkennung auf dem Spiel steht.“

Anerkennung – darum ging es auch den Streikenden auf dem Zeller-Platz. „Im Frühjahr wurde noch viel gelobt und Applaus gespendet, jetzt ist die Zeit, diese Lippenbekenntnisse abzuholen“, sagte Marc Kappler, der „einen Extrazuschlag für den Pflege- und Krankenhausbereich“ fordert. Das Angebot der Arbeitgeber – ein Prozent mehr Gehalt im kommenden Jahr, ein weiteres Prozent in 2022 und nochmals 1,5 Prozent mehr im Jahr 2023 – beurteilt die Gewerkschaftssekretärin Suzana Tedesco folgendermaßen: „Eine Schweinerei.“ Das Angebot sei respektlos. „Erst hat man euch beklatscht, jetzt bekommt ihr kein Angebot, sondern eine Klatsche“, sagte Suzana Tedesco unter großem Beifall der Demonstranten. Am Dienstag seien rund 5000 Beschäftigte im Streik gewesen, für den Mittwoch rechne die Gewerkschaft mit rund 4000 Streikenden. Ein Teil davon habe sogar einen Stau auf dem Neckar verursacht, berichtete Tedesco: „Die Schleuse in Pleidelsheim ist komplett dicht, auch beim Wasserschifffahrtsamt wird gestreikt.“

Kundgebung als Anschauungsunterricht

Ronan Bannenberg hat am Mittwoch seinen ersten Warnstreik erlebt. Der 19-Jährige ist im ersten Jahr seiner Ausbildung zum Heilerziehungspfleger an der Ludwig-Schlaich-Akademie und mit seiner gesamten Klasse zum Streik gekommen. „Wir haben gerade eine Woche zum Thema Arbeitsrecht“, erzählte der 19-Jährige – die Kundgebung dient da als Anschauungsunterricht.

Er habe seinen Traumberuf gefunden, sagt Bannenberg, für ihn zähle mehr als Geld. Aber dass in manchen Branchen wie beispielsweise in die Autoindustrie sehr viel Geld gepumpt, im Pflegebereich aber gespart werde, das sehe er schon kritisch. „Wir haben eine große Verantwortung und Belastung in unserem Beruf, und die geht mit uns nach Hause.“

Worum gestritten wird

Streik:
Die Arbeitgeber haben im Tarifstreit im öffentlichen Dienst folgendes Angebot unterbreitet: Innerhalb von drei Jahren sollen die Löhne Schritt für Schritt um insgesamt 3,5 Prozent angehoben werden. Im Jahr 2021 um ein Prozent, in 2022 um nochmals ein Prozent und 2023 um 1,5 Prozent. Die Gewerkschaften weisen dieses Angebot zurück und fordern bei einer einjährigen Laufzeit ein Lohn- und Gehaltsplus von 4,8 Prozent.

Verhandlungen:
An diesem Donnerstag und voraussichtlich am Freitag steht die dritte Verhandlungsrunde im Tarifstreit an.