Allein rund um den Ebnisee bei Kaisersbach im Rems-Murr-Kreis sind der Wanderlust keine Grenzen gesetzt. Foto: Frank Eppler

In der Corona-Krise wandern die Menschen. Viele Wege werden von Wandervereinen ausgewiesen und betreut. Sie vermissen den Rückhalt aus der Politik.

Region Stuttgart - Die Wander-, Heimat- und Gebirgsvereine fühlen sich in der Corona-Krise von der Politik alleine gelassen. Beim Thema finanzielle Soforthilfen fielen sie häufig durch das Raster, obwohl sie es seien, die den Menschen ermöglichten, sich in Corona-Zeiten auf ausgeschilderten Wanderwegen im Freien zu bewegen, heißt es in einer Mitteilung des Schwäbischen Albvereins. Gleichzeitig hätten sie hohe Kosten für die Betreuung der Wanderwege, die Erhaltung ihrer bundesweit mehr als 300 Wanderheime, der Aussichtstürme, historischen Gebäude und Heimatmuseen zu tragen. In einem offenen Brief fordert nun der Deutsche Wanderverband (DWV), dem auch der Schwäbische Albverein angehört, von Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen eine zeitnahe Unterstützung für seine Aufgaben.

Der Schwäbische Albverein betreut 20 000 Wanderkilometer

Wandern boomt. Das war schon vor der Corona-Krise der Fall. Doch in Zeiten, in denen Fitnessstudios geschlossen sind, die Trainingsangebote von Vereinen auf Eis liegen sowie Spiel- und Sportanlagen gesperrt sind, hat diese Art, sich draußen zu bewegen, noch mehr Anhänger gefunden. Der Großteil von ihnen ist auf ausgewiesenen Wanderwegen in den Wäldern und Fluren unterwegs. Deutschlandweit existiert ein rund 200 000 Kilometer umfassendes Netz, das von den im DWV organisierten 70 landesweiten und regionalen Gebirgs- und Wandervereinen gehegt und gepflegt wird. Gut 45 000 Kilometer durchziehen allein die Landschaften in Baden-Württemberg, etwa 20 000 davon betreut der Schwäbische Albverein.

Hans-Ulrich Rauchfuß, der Präsident des DWV und gleichzeitig des Schwäbischen Albvereins, sieht dieses bürgerschaftliche Engagement allerdings nicht ausreichend gefördert. Schließlich diene das der Gesundheits- und Tourismusförderung ebenso wie dem Naturschutz und der wirtschaftlichen Stärkung des ländlichen Raums. Doch aufgrund dieser so verschiedenen Aufgaben „fühlt sich kein Ministerium federführend für die Heimat-, Wander- und Gebirgsvereine verantwortlich“, bemängelt Hans-Ulrich Rauchfuß. Sie fielen in vielen Fällen durch Hilfsprogramme, die im Bund und in den Ländern aufgelegt werden – wie derzeit.

Wandern fördert den sozialen und familiären Zusammenhalt

Dabei seien die Angebote der im DWV organisierten Vereine in diesen Zeiten „wichtig wie nie zuvor“. Dank der von ihnen angelegten, ausgeschilderten und unterhaltenen Wanderwege seien viele Menschen trotz Corona zurzeit „sicher geleitet“ und „wohnortnah“ in der Natur unterwegs. Diese „einfache Bewegung“ diene dem körperlichen und psychischen Wohlbefinden und fördere zudem den familiären und sozialen Zusammenhalt.

Dafür hätten die Vereine mit der Markierung der Wanderwege eine gesellschaftliche Vorleistung geschaffen, heißt es in dem Schreiben an die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Bundesminister, und Ministerpräsidenten sowie die Bundestags- und Landtagsabgeordneten. Auf der Einnahmenseite sehe es angesichts der Corona-Krise und dem Lockdown schlecht aus. Letzterer treffe vor allem die Wandervereine „besonders hart“. Sie hätten die Kosten für die Unterhaltung ihrer Wanderheime, Aussichtstürme und Kleindenkmale zu tragen. All dem komme angesichts der zu erwartenden steigenden Zahlen von Touristen, die in diesem Jahr ihren Urlaub in Deutschland verbringen, eine „enorm wichtige“ Bedeutung zu.

Vereine sehen sich in der Existenz bedroht

Beispielsweise müssten neben Renovierungen regelmäßig Pacht und Versicherungen bezahlt werden. Für einzelne Vereine sei das existenzbedrohend, sie stünden bereits „vor der Insolvenz und Auflösung“. Verschärft werde die Situation durch bereits bezahlte Vorleistungen für große Veranstaltungen, die jetzt von dem coronabedingten Verbot betroffen seien. Dieses unerwartete Defizit in den Vereinskassen werde längst nicht in allen Bundesländern durch Hilfsfonds abgefedert.

Auch seien einige Pächter von Wanderheimen des Schwäbischen Albvereins in Nöte gekommen, berichtet Hans-Ulrich Rauchfuß. Durch den Lockdown seien ihnen die Einnahmen weggebrochen, weshalb vom Verein schon Pachtzahlungen für drei Monate gestundet worden seien. Zudem belasteten von Mitgliedern bereits gebuchte und angezahlte oder bezahlte Ferienwanderwochen einzelne Albvereins-Ortsgruppen. Denn es stelle sich die Frage, wer für die Kosten aufkomme, wenn solche Veranstaltungen wegen der Corona-Krise abgesagt werden müssten.

Verband plädiert für Steuererleichterungen in Wanderheimen

Acht Punkte umfasst deshalb der Forderungskatalog des DWV, von dem er sich von Bund, Ländern, Kreisen und Kommunen eine Unterstützung für seine Vereine erhofft. Diese reichen von einer einfachen finanziellen Soforthilfe über Unterstützungsprogramme zur Erstattung verlorener Einnahmen aufgrund der Corona-Krise, einen einfachen Zugang zu Mitteln aus den diversen Hilfsfonds des Staates bis hin zur Reduzierung des Steuersatzes auf sieben Prozent für die Speisen und Getränke, die künftig wieder in den Hütten und Wanderheimen angeboten werden.