Der Spielmacher Jared Jordan (vorne) geht in seine dritte Saison in Tübingen. Foto: Baumann

Mit erfahrenen Neuzugängen starten die Walter Tigers gegen Bayreuth in die Bundesliga-Saison. Der finanzielle Spielraum ist größer geworden, die Hoffnungen auf eine erfolgreichere Saison als zuletzt auch.

Tübingen - Eigentlich war Robert Wintermantel nur eine Übergangslösung. Als der Zwei-Meter-Mann im Jahr 2008 bei dem Basketball-Bundesligisten Walter Tigers seine Karriere als Profi beendet hatte, wechselte er auf den Geschäftsführerposten. Und da, sagt der 47-Jährige mit einem Lächeln, „sollte ich nur drei Monate bleiben.“ Wenn die Walter Tigers an diesem Samstag (20.30 Uhr) mit dem Heimspiel gegen Bayreuth in der Tübinger Paul-Horn-Arena die Saison eröffnen, ist es für Wintermantel die zehnte Spielzeit als Manager. Und die ist nicht nur aufgrund der runden Zahl für ihn eine besondere.

Die Überschuldung ist Vergangenheit

Der Betriebswirt war eine „Leihgabe“ des Tigers-Hauptsponsors, dem Werkzeughersteller Walter AG. 2008 drohte dem Bundesliga-Club die Insolvenz – die Stellenbeschreibung des Geschäftsführerpostens war nicht sonderlich attraktiv. Verbindlichkeiten in der Größenordnung eines hohen sechsstelligen Betrags drängten den kleinen Verein dicht an den Abgrund. Wintermantel wurde zum Feuerwehrmann. Zehn Jahre danach „haben wir die Überschuldung hinter uns gelassen“, verkündete Wintermantel unlängst – und dies nicht ohne Stolz. Ebenso zäh wie sich der Club Jahr für Jahr in der höchsten Spielklasse halten konnte, arbeitete das Management die Verbindlichkeiten ab und erhöhte gleichzeitig den Etat. Der nähert sich inzwischen der Drei-Millionen-Marke, zählt damit zwar immer noch zum unteren Drittel in der Bundesliga, eröffnet dem Tabellen-15. der Vorsaison dennoch mehr Spielraum. Der wird für die Nachwuchsarbeit (nun drei hauptamtliche Trainer), die Strukturen (nun fünf hauptamtliche Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle) und in erster Linie für den Profikader genutzt.

Weniger Risiko bei den Neuverpflichtungen

„Wir müssen jetzt mit den Neuverpflichungen nicht mehr volles Risiko gehen“, sagt Wintermantel über den Effekt, dass der Verein nicht auf eine positive Entwicklung von jungen Bundesliga-Neulingen spekulieren muss. Nicht zuletzt die vergangene Saison, in der den Tigers der Biss fehlte und nur drei Heimspiele gewonnen wurden, hat die Risiken deutlich vor Augen geführt. Zu denen zählen verletzte Spieler, die nicht kompensiert werden können und die Trainingsqualität mindern. Deshalb, sagt der Trainer Tyron McCoy, „ist es enorm wichtig, dass wir jetzt zwölf Spieler haben“. Im Übrigen zum ersten Mal in 14 Jahren Bundesliga. Die Tigers haben gleichzeitig in Erfahrung investiert, zehn Spieler haben schon in der Bundesliga gespielt.

Die Basis des Teams bilden die beiden einzigen Spieler, die bereits in der Vorsaison für die Tübinger am Ball waren. In Barry Stewart (29) bleibt den Tigers ihr bester Punktesammler (durchschnittlich 13,3 Zähler pro Spiel) und in Spielmacher Jared Jordan (32) ihr bester Vorlagengeber (7,8 pro Spiel) erhalten. Jordan war bereits fünfmal der beste Passgeber der Liga und wird auch in dieser Saison der Dreh- und Angelpunkt des Angriffsspiels sein. „Wir erwarten viel von ihm“, sagt McCoy über seinen Kapitän. Gleichzeitig sieht der Trainer Jordan, der in sein drittes Jahr bei den Tigers geht, als einen „wichtigen Baustein in unserem Projekt“.

Entwicklung junger Spieler stärker im Fokus

In Tübingen soll die Verzahnung des Profikaders mit dem Regionalliga-Team und dem Nachwuchs aus der Jugend-Bundesliga weiter vorangetrieben werden, die Entwicklung junger Spieler stärker in den Fokus rücken. Die beiden Neuzugänge aus der Pro B, Adrian Lind und Jacob Mampuya, werden vornehmlich in der Regionalliga spielen – und können so maximal fünfmal in der Bundesliga eingesetzt werden.

Und die sportlichen Ziele? Mit der Erfahrung von zwei Spielzeiten im Tigers-Trikot und dem Blick auf die Neuverpflichtungen wagt sich Jared Jordan in die Offensive: „Mein Ziel ist es, dass wir um die Play-offs kämpfen.“ Robert Wintermantel hält es da lieber etwas allgemeiner: „Wir haben jetzt ein Team, mit dem wir viel erreichen können.“ Zehn Jahre als Geschäftsführer in Tübingen haben ihn auch gelehrt, dass es besser ist, bevor die ersten Spiele gespielt und die ersten Punkte geholt sind, verbal nicht zu weit vorzupreschen.