Das Hollywoodstudio Fox in West-LA: Disney will den Konkurrenten kaufen. Foto: AFP

Das größte Studio Hollywoods rüstet auf. Walt Disney schluckt 20th Century Fox und andere Medienhäuser, also auch die „X-Men“ und die „Ice Age“-Filme. Es geht um den Streaming-Markt der Zukunft.

Hollywood - Im Verhältnis zu Filmproduktionen anderswo sind die sechs großen Hollywood-Studios – Walt Disney, 20th Century Fox, Paramount, Sony, Universal und Warner Bros. – allesamt imposante Ungeheuer. Ihren Gründerfamilien gehören sie schon lange nicht mehr, immer wieder mal wandert eines von ihnen von einem Mischkonzern zum anderen. Aber dass ein Studio ein anderes schluckt, das hat es schon sehr lange nicht mehr gegeben. Und dass das geschluckte Studio ein auf Hochdruck produzierender Spitzenbetrieb ist, kein in der Krise dahinsiechender Sanierungsfall, gab es noch nie – sieht man vom Spezialfall der Übernahme des anders nicht zu bremsenden Animationsrevoluzzers Pixar durch Disney im Jahr 2006 ab.

Nun aber will Disney das Konkurrenzstudio Fox, die TV-Serienproduktion von Fox, große Anteile am Streamer Hulu und am Privatsender Sky sowie weitere Medienbereiche aus Rupert Murdochs Imperium lösen. Der Deal ist ausgehandelt, es fehlt noch die Zustimmung der Aufsichtsbehörden. Die handelten unter Donald Trump bislang nach politischer Opportunität, werden vermutlich also keine größeren Einwände erheben. Geht der Erwerb durch, wird Disney, schon jetzt das erfolgreichste Studio der Welt, nicht einfach noch ein bisschen größer. Es schafft dann den Mutationssprung vom Krokodil unter Krokodilen zum Tyrannosaurus und agiert in einer ganz eigenen Gewichtsklasse.

Wilde Spekulationen

Zu den lukrativsten Kinomarken überhaupt zählt neben „Star Wars“ (Teil des Disney-Portfolios) die Superheldenriege aus den Marvel-Comics der Heftwelt, die seit 2009 Disney gehört. Nun würden endlich auch jene Marvel-Helden von Fox zurückwandern, die aufgrund alter Verträge bislang den Avengers und anderen Disney-Geldbringern eine Kinoalternative entgegen setzten: die X-Men, Wolverine und die Fantastischen Vier.

Auch im Animationsbereich würde Disney lästige Konkurrenz kassieren, nämlich die Fox-Tochter Blue Sky Studios, die alle „Ice Age“-Filme produzierten. Gerade kämpft Blue Skys „Ferdinand“ gegen „Coco“ von Pixar um Kinopublikum. So etwas käme künftig nicht mehr vor.

Aber es wird nicht nur um die Koordination von Startterminen gehen. Disney wird die Fox-Produktion gewiss drosseln. Wo und wie, darüber wird in Hollywood wild spekuliert. Ebenso über die Frage, ob Disney, bislang auf ein familienfreundliches Image seiner Filme bedacht, Einfluss auf Inhalte, Ton und Zielgruppenorientierung der Fox-Produktionen nehmen wird. Fans bangen schon jetzt um den Zynismus des Superhelden „Deadpool“, Cineasten machen sich Sorgen um die erwachsenen Produktionen der Fox-Tochter Searchlight. Immerhin gibt Disney-Chef Bob Iger Signale, dass man Searchlight als Oscar-Schmiede erhalten möchte: Von hier kamen etwa „Slumdog Millionaire“, „12 Years a Slave“ und „Birdman“.

Kampf um den Streaming-Markt

Die Unklarheit in Sachen Kinozukunft ist aber gar nichts gegen das Rätsel von Disneys Heimkinoplänen. Das Haus der Maus, wie es in Hollywood mit Blick auf seine Mickey-Mouse-Wurzel genannt wird, hat einen eigenen Streaming-Dienst als Konkurrenz zu Netflix angekündigt. Die Notwendigkeit, dafür genügend Film- und Serienangebot parat zu haben, gilt als Auslöser des Fox-Erwerbs. Aber das Gesamtpaket würde Disney auch zum Mehrheitseigentümer des Streamers Hulu machen, bislang auf dem US-Markt die Nummer drei hinter Netflix und Amazon. Wird Hulu mit seinem Kundenbestand nun schlicht der neue Disney-Dienst? Oder wird es zwei mehr oder weniger eng verflochtene Programm-Schwestern geben, Disney als Familien-, Hulu als Erwachsenenkanal?

So oder so, Disney wird mit Macht in den Markt drängen, Apple ebenfalls, und auch Facebook plant ein stark erweitertes Bewegtbild-Angebot. Obendrein hat der US-Zweig der Telekom gerade angekündigt, den dortigen Streaming-Markt mit einer eigenen Offensive neu gestalten zu wollen. Will heißen, auch alle anderen Hollywood-Studios sind nun begehrte Ankaufobjekte in einem Kampf der Mediengiganten um den Markt der Zukunft.