Das dreiwöchige Ferienprogramm in Botnang bietet nicht nur Bewegung. Wie hier beim Tassen-Marmorieren können Kinder ihrer handwerklichen Kreativität freien Lauf lassen. Foto:  

In den Waldheimen spielen Kinder mit und ohne Behinderung in den Ferien Seite an Seite. Eine gelebte Inklusion ist in den Stuttgarter Waldheimen dabei genauso wichtig wie das abwechslungsreiche Programm, an dem jeder teilnehmen kann.

Stuttgarter Norden - Ihrem rasanten Fußballspiel ist nicht anzusehen, dass unter den Kindern auch vier mit einer Behinderung sind. Ihr gemeinsames Ziel, den Ball ins Tor zu bringen, eint und verbindet die Jungen und Mädchen im Alter zwischen sechs und 14 Jahren. Im Waldheim Gallenklinge in Botnang tollen, basteln und werkeln in den Ferien Kinder mit und ohne Behinderung sowie zahlreiche Mädchen und Jungen mit einem Fluchthintergrund Seite an Seite. Eine gelebte Inklusion ist in den Stuttgarter Waldheimen genauso wichtig wie das abwechslungsreiche Programm.

„Der inklusive Aspekt ist toll, aber auch, dass Berührungsängste früh abgebaut werden“, sagt Hannah Kaltarar von der Diakonie Stetten. In diesem Sommer veranstaltet der Träger seine Waldheimwochen zum ersten Mal in der Gallenklinge in Botnang. Der Ferienspaß, der sonst auf dem Stadtteilbauernhof in Bad Cannstatt stattfindet, musste ausweichen, weil dieser umgebaut wird. Doch viele der jungen Stammgäste hat der längere Weg nicht davon abgehalten, auch in diesem Jahr dabei zu sein, weiß der Waldheimleiter Thomas Sereke. „Kinder mit Behinderung kommen aus dem ganzen Stadtgebiet und nehmen teilweise eine Stunde Fahrt auf sich“, sagt er.

Eins-zu-eins-Betreuung macht vieles möglich

75 Mädchen und Jungen sind in der ersten der drei Wochen insgesamt dabei. 18 der Kinder benötigen eine individuelle beziehungsweise Betreuung. Rund 30, teils speziell ausgebildete, Betreuer sind dafür im Waldheim im Einsatz. Sie ermöglichen es den Kindern, an allen Aktivitäten teilzunehmen. Die Auswahl ist groß, von 8 bis 18 Uhr kann man sich hier ausprobieren und auspowern. Neben dem Hauptgebäude schöpfen Kinder Papier, marmorieren Tassen, Batiken oder basteln Freundschaftsbändchen. Andere versuchen, einen Hüpfseilrekord aufzustellen, spielen Fußball oder gehen schwimmen. In einem anderem Teil des Waldheimgeländes buddeln Mädchen und Jungen gemeinsam in der Erde. Mit Schaufeln und Eimern heben sie kleine Becken aus. Ein Barfußpfad soll hier am Ende der Woche stehen. Mit dabei sind auch Kinder mit einem Flüchtlingshintergrund. „Im vergangenen Jahr hatten wir 13 syrische Kinder von denen drei eine Behinderung hatten. Dieses Jahr sind Kinder aus Syrien, Afghanistan, Indien und Ghana dabei “ sagt Sereke. Man habe aber den Anspruch, jedem gerecht zu werden. „Je nachdem, wie lange sie auf der Flucht und nicht auf der Schule waren, unterscheidet sich der Lernstand“, schildert Sereke die Herausforderungen. Die einfache Sprache, die die Mitarbeiter im Hinblick auf Kinder mit einer Behinderung beherrschen, käme ihnen auch hier zugute. Denn viele sprechen nicht so gut Deutsch. Ansonsten gelte das Motto „Learning by doing“.

Rollstühle sind nicht auf jedem Gelände möglich

Auch das von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) angebotene Waldheim Heimberg in Feuerbach ist in vollem Gange. „Wir haben viele Kinder aber auch Betreuer mit Fluchthintergrund“, sagt die Gesamtleiterin der Ferienwaldheime, Kerstin Kelm. Die können vor allem bei der Übersetzung und Kommunikation mit den Eltern helfen. Inklusiv gearbeitet wird hier seit mehr als zehn Jahren. Laut Kelm besteht eine Kooperation mit der Lebenshilfe Stuttgart. Leider erlaube das Gelände keine Rollstuhlfahrer, denn nicht jedes der Gelände der Waldheime ist barrierefrei.

Behindertengerecht ausgestattet sind dagegen das Waldheim Lindental in Weilimdorf und das Ferienwaldheim Feuerbachtal in Feuerbach. „Wir hatten auch schon schwerstbehinderte Kinder in den Ferien“, sagt die Koordinatorin Ulrike Brand. Dieses Jahr seien sechs Kinder mit dabei, es waren aber auch schon einmal zehn. Man versuche der Nachfrage gerecht zu werden.

Die Leiterin des Waldheims Lindental, Rebecca Gayde, findet, dass Inklusion zu oft mit Integration verwechselt würde. „Hier inkludiert jeder jeden. Jeder hat seine Stärken und Schwächen“, betont sie. Ihr Inklusionsansatz sei, jedem Kind das Waldheim zu ermöglichen. Wie gut das seit drei Jahren in Weilimdorf klappe begeistere sie.