Joachim Seeger leitet den Waldenbucher Landgasthof Rössle gemeinsam mit seinen Eltern in der achten Generation. Foto: Claudia Barner

Für die 350 Hotelbetten in Steinenbronn interessieren sich fast ausschließlich Geschäftsreisende. In Waldenbuch zieht der Tourismus derzeit an, neue Besuchergruppen sollen erschlossen werden.

Waldenbuch/Steinenbronn - Mallorca, das Tessin – nein, danke. Die Reisegruppe aus Karlsruhe ist nicht an Ballermann-Freuden oder einem Bummel am Ufer des Luganer Sees interessiert. Ihr Ausflugsziel heißt Waldenbuch. Dort gibt es Ritter-Schokolade, Haka-Seife, die historische Altstadt, zwei Museen und den Schönbuch. Genug Programm für zwei Nächte im Landgasthof Rössle. Ausflügler, Tagesgäste, Busreisende, Geschäftsleute – an den Buchungen im Hotel und Restaurant der Familie Seeger kann man ablesen, wie sich der Tourismus in der kleinen Stadt entwickelt.

„Die Übernachtungszahlen steigen und der Anteil der Touristen nimmt zu“, beobachtet Hotel-Chef Joachim Seeger. Der 38-Jährige führt den Familienbetrieb in der achten Generation. „Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten eine enorme Entwicklung mitgemacht“, stellt der Gastronom und Hotelier fest. „Die Großeltern hatten sechs bis acht Zimmer, in denen vorwiegend Monteure wohnten. Es gab ein Etagenbad“, erinnert er sich. 1975 übernahmen seine Eltern Monika und Gerhard Seeger den Betrieb und begannen mit dem Ausbau.

Heute hat das Haus 32 Zimmer mit 51 Betten. Die Nachfrage ist groß „Es könnten auch gut noch zwölf Zimmer mehr sein“, sagt Joachim Seeger. Die Firma Ritter Sport, die beiden Haka-Werke und zahlreiche mittelständische Unternehmen garantieren eine zuverlässige Auslastung des Betriebs. Und man fährt im Kielwasser der prosperierenden Wirtschaft auf den Fildern mit. „75 Prozent unsere Gäste sind Geschäftsreisende. Das ist eine bunte Mischung. Sie kommen aus China, Japan, den USA, Südamerika oder Südafrika“, berichtet der Rössle-Chef.

Der Fahrradtourismus hat stark zugenommen

In Messezeiten sind die Zimmer oft bereits über Monate im Voraus ausgebucht. „Dann vermitteln wir Buchungen bis hinter Reutlingen oder nach Pforzheim“ erzählt der 38-Jährige. An den Wochenenden ändert sich die Struktur der Gäste. Dann sind die Zimmer vor allem von Familien belegt, die zu Besuch bei Verwandten sind. Neuerdings reihen sich immer öfter auch Urlauber auf Durchreise und Erholungssuchende ein.

„Wir haben viele Buchungen von Niederländern, die lieber etwas abseits der Autobahn übernachten wollen. Was die Ausflügler betrifft, so hat in den vergangenen Jahren vor allem der Fahrradtourismus stark zugenommen“, beobachtet Joachim Seeger. Wer in Waldenbuch übernachten will, findet nicht nur im Rössle ein Quartier. „Wir haben in der Stadt rund 125 Betten“, sagt Nicole Jassmann, die im Rathaus für Tourismus und Marketing zuständig ist.

Das Angebot ist breit gefächert. Neben Gasthäusern wie dem Lamm und der Traube gibt es eine Pension, ein Bed & Breakfast-Angebot, private Vermieter und eine Ferienwohnung am Weilerberg. Genaue Übernachtungszahlen gibt es nicht. Doch Nicole Jassmann geht davon aus, dass die Steigerungsraten – ähnlich wie in der gesamten Region Stuttgart – zwischen zwei und drei Prozent liegen.

Im Schnitt gibt ein Tagestourist 35 Euro aus

„Eine Umfrage in Waldenbuch hat ergeben, dass sich viele Geschäftsreisende wegen der Nähe zu Stuttgart hier einmieten“, sagt sie. Doch auch für Kurzzeit-Urlauber wird die Schönbuchstadt immer interessanter. „Wir stellen bei unseren Auftritten auf der CMT fest, dass die Nachfrage nach Inlandsangeboten steigt“, berichtet Jassmann. In Waldenbuch gebe es viele Tagestouristen, die das Angebot an Rad- und Wandertouren nutzen. Aber auch die Zahl der Wochenendbesucher nehme zu. Anzeigen der Stadt in Busmagazinen sollen neue Besuchergruppen erschließen. Nicole Jassmann weiß: „Davon profitieren auch Gastronomie und Einzelhandel. Im Schnitt gibt jeder Tagestourist 35 Euro in Waldenbuch aus.“

Im Nachbarort Steinenbronn sieht die Bilanz anders aus. Die Gemeinde hat attraktive Gewerbeansiedlungen. Touristische Zugpferde aber fehlen. Die Übernachtungsbetriebe vor Ort kennen deshalb vor allem eine Klientel: Geschäftsreisende. Davon aber gibt es in der Kommune, die nur wenige Autominuten von Flughafen und Messe Stuttgart entfernt liegt, jede Menge. In der 6000-Einwohner-Gemeinde steht die beachtliche Anzahl von 350 Hotelbetten zur Verfügung. Der Steinenbronner Hauptamtsleiter Wolfgang Bohn weiß: „Den größten Anteil hat das Apartmenthotel Residenz, das allein schon über etwa 240 Betten verfügt.“ Kleinere Traditionsgasthäuser wie die Krone, das Hotel zum Löwen oder der Landgasthof Maier bieten Platz für 30 bis 50 Gäste und sorgen für eine vielfältige Angebotsstruktur. Auch hier gilt: „Wenn Messe ist, ist alles ausgebucht.“

Jetzt aber ist erst mal Sommerpause. In Waldenbuch begrüßt Joachim Seeger eine Gruppe Landfrauen aus Bayern. „Die Damen interessieren sich vor allem für einen Besuch im Haka-Werk“, verrät er. Während der Ferien geht die Zahl der Geschäftsreisenden zurück und auch ein Hotel-Chef braucht mal Urlaub. Sein Ziel in diesem Jahr hieß Norwegen.