Hoffen auf den großen Durchbruch für die AfD in Mecklenburg-Vorpommern: Spitzenkandidat Leif-Erik Holm (Mitte) mit Parteichefin Frauke Petry und dem AfD-Kandidaten für Wismar, Lars Loewe Foto: AFP

Die AfD könnte bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am Sonntag zweitstärkste Partei werden. Im Wahlkampf kommt massive Hilfe von einer diskreten Vereinigung aus Stuttgart.

Stuttgart - Plötzlich standen sie überall in Mecklenburg-Vorpommern. Großplakate werben dafür, am nächsten Sonntag bei der Landtagswahl das Kreuzchen bei der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) zu setzen. Gleichzeitig fand eine als Extrablatt aufgemachte Zeitung den Weg in viele Briefkästen. Inhalt: ausschließlich Werbung für die AfD. Auch Spots im Internet gehören zum Programm. Doch als Urheber all der kostenträchtigen Hilfe firmiert nicht etwa die Partei – sondern die „Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“.

Millionenschwere Unterstützung – doch bei der AfD betont man, damit nichts zu tun zu haben. „Ich kenne diesen Verein nicht und wusste vorab nichts von Plakaten und Extrablatt“, teilt Spitzenkandidat Leif-Erik Holm auf Anfrage unserer Zeitung mit. Danach herrscht Schweigen. Zum Beispiel auf die Nachfrage, wie sich das mit der Tatsache vereinbaren lässt, dass es genau dieselben Aktionen bereits vor einem halben Jahr gegeben hat. Nämlich vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Auch da fanden sich Millionen Extrablätter in den Briefkästen, Großplakate zierten die Straßen. Auch da betonten die AfD-Landesverbände, nichts mit der Aktion zu tun zu haben.

Ehemaliges Rep-Mitglied löst AfD-Mann ab

Federführend war damals Josef Konrad. Das AfD-Mitglied brachte in seinem Leipziger Verlag nicht nur die Extrablätter heraus, sondern auch zahlreiche offizielle AfD-Wahlkampfmaterialien. Ziemlich viel Nähe zur Partei für eine Vereinigung, die auf Anfrage betonte, „parteipolitisch unabhängig“ zu sein. Inzwischen taucht Konrad nicht mehr auf. Stattdessen ist im Impressum ein Stuttgarter Postfach angegeben, als Verantwortlicher Michael Paulwitz. Der Publizist und Historiker war über lange Jahre Mitglied der Republikaner, trat für sie bei Bundestags-, Landtags- und Stuttgarter Gemeinderatswahlen an. Zuletzt bei der Landtagswahl im März als Ersatzkandidat. Mittlerweile sei er aus der Partei ausgetreten, sagt der Republikaner-Kreisvorsitzende Thomas Melber. Über die Aktivitäten für die Vereinigung müsse Paulwitz selbst Auskunft geben. Doch der ist dafür nicht zu erreichen.

Stattdessen antwortet schriftlich Viktoria Müller für die Vereinigung, die teils auch als Verein firmiert. Der sei erst in Gründung, teilt sie mit. Es handle sich momentan um „eine lose Vereinigung ohne jegliche vereinsmäßige Strukturen.“ Man zähle 6700 Unterstützer. Die Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern seien komplett aus Spenden finanziert, das Extrablatt habe man an 90 Prozent der Haushalte verteilt. Mit der AfD habe man nichts zu tun: „Die Vereinigung steht in keiner Weise mit irgendwelchen Parteien oder deren Vertretern in Verbindung. Ebenso wenig spricht sich die Vereinigung mit Parteien oder Politikern ab oder koordiniert ihre Aktivitäten mit diesen.“

Warum der Sitz nach Stuttgart verlegt worden ist, darüber gibt es keine Auskunft. Nur so viel: „Da der Verein noch in Gründung ist, gibt es noch keinen definitiven Standort.“ Josef Konrad habe seine Tätigkeit für die Vereinigung nach den Landtagswahlen im Frühjahr beendet. Konrad selbst meldet sich auf Anfrage nicht.

Lücken im Parteiengesetz

Doch weshalb so viel Geheimniskrämerei? „Die Frage ist doch, warum jemand so ein Modell wählt“, sagt Staatsrechtlerin Sophie Schönberger. Schließlich hätten sowohl Spender als auch Parteien von offiziellen Parteispenden Vorteile – in Form von steuerlicher Absetzbarkeit und Zuschüssen. Doch dabei gelte das Transparenzgebot, betont die Professorin an der Universität Konstanz. Parteien müssen die Namen von Spendern nennen, bei größeren Summen muss die Bundestagsverwaltung informiert werden.

Der Verdacht liegt also nahe, dass in diesem Fall die Spender nicht mit der AfD in Verbindung gebracht werden wollen und deshalb die Transparenzpflicht umgangen wird. Die Spenden fließen nicht direkt an die Partei, der sie zugute kommen sollen, sondern suchen sich einen anderen Weg. „Das trifft einen Bereich, der im Parteiengesetz Lücken aufweist“, sagt Staatsrechtlerin Schönberger. Nach geltendem Recht handle es sich nicht um eine Parteispende, wenn die Aktion der Vereinigung formal völlig getrennt von der AfD sei. „Dieses Vorgehen ist zu kritisieren, aber nicht illegal“, sagt sie.

Offiziell weiß also bei der AfD erneut niemand irgendetwas über Plakate, Zeitungen und Werbespots. Wie schon in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, als sogar Interviews mit den Spitzenkandidaten abgedruckt waren. Darauf hat man diesmal verzichtet. Stattdessen gibt es ein Porträt von Leif-Erik Holm. Und im Internet ein Wahlometer. Wer sich nicht krampfhaft bemüht, die Fragen dort möglichst linkslastig zu beantworten, landet bei einer klaren Wahlempfehlung: für die AfD. Andere Parteien gibt es dort nicht. Sie werden schlicht als „die Blockparteien“ zusammengefasst.