Die Deutschtürken wählen bislang eher weniger die FDP. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Insgesamt neigen Migranten zu Parteien links der Mitte. Dieser Trend ist bei Deutschtürken besonders ausgeprägt. Nach einer Studie bevorzugen diese zu fast 70 Prozent die SPD.

Stuttgart - Würde die Bundestagswahl am Sonntag von den wahlberechtigten Migranten entschieden, könnte sich die SPD freuen. Diese sind den Sozialdemokraten mehr als den übrigen Parteien zugeneigt (40,1 Prozent), vor der CDU (27,6), den Grünen (13,2), der Linken (11,3) und anderen (7,7). Dies besagt eine im November 2016 vorgelegte Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) zur Parteibindung von Zuwanderern, der bisher umfangreichste ihrer Art.

Diese politische Ausrichtung von Zuwanderern, die mehrheitlich Parteien links der Mitte bevorzugen, insbesondere wenn sie sich diskriminiert fühlen, ist bei Deutschtürken besonders ausgeprägt: Laut der SVR-Studie neigen Deutschtürken, die zweitgrößte Migrantengruppe nach den Spätaussiedlern, sogar zu fast 70 Prozent zur SPD. Vor der CDU (6,1 Prozent) rangieren noch die Grünen (13,4) und die Linke (9,6 Prozent). Dieser Befund bestätigt frühere Untersuchungen. Die weiterhin „stabile Bindung“ der Türkeistämmigen an die Sozialdemokratie erklären die Autoren damit, dass die SPD „in ihrer Tradition als Arbeiterpartei die Gastarbeiter früh als Adressaten ihrer Politik identifiziert hat“. Und die Sozialdemokratie hat sich auch für die doppelte Staatsbürgerschaft und für einen erleichterten Familiennachzug eingesetzt.

Tradition der Arbeiterpartei wirkt

Zementiert ist die Parteiorientierung von Migranten und auch von Deutschtürken jedoch nicht. So hat die anfänglich starke Bindung der Spätaussiedler an die CDU abgenommen (von rund 65 auf etwa 45 Prozent), zugunsten der AfD, aber auch der Linken und Grünen. Der stabilere Trend bei den Türkeistämmigen lockert sich in der zweiten und dritten Generation, zu Gunsten vor allem der Linkspartei und der Union, die Grünen profitieren wenig. Auffällig in dieser Gruppe ist der Zusammenhang von Bildung und Parteipräferenz. Deutschtürken mit geringerer Bildung sind zu 75 Prozent SPD-Anhänger, bei höherer Bildung sind es noch die Hälfte. Der Zuspruch zur Linken steigt mit wachsendem Bildungstand (von 7,3 auf 16,2 Prozent), auch der zu den Grünen (von zehn auf 24,2 Prozent) und zur CDU (6,1 auf 8,7 Prozent).

Kritik an Martin Schulz

Bei der Wahl am Sonntag könnte sich negativ für die SPD auswirken, dass Martin Schulz erklärt hat, er würde als Kanzler die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abbrechen. Bei der Bundestagswahl 2013 waren bundesweit rund 5,8 Millionen Migranten wahlberechtigt, darunter als größte Gruppe die Spätaussiedler, aber auch viele EU-Einwanderer. Laut Bundeswahlleiter waren etwa die Hälfte Eingebürgerte.