Die Party ist vorbei: Viel Grund zum Feiern hatte die CDU nicht. Foto: Gottfried Stoppel

Die AfD wird in einem Viertel der Orte im Rems-Murr-Kreis zur zweitstärksten politischen Kraft – CDU und SPD fahren die schlechtesten Ergebnisse seit 1949 ein.

Rems-Murr-Kreis - Es ist ein CDU-Absturz in gewaltigem Ausmaß. Sowohl Norbert Barthle im Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd als auch Joachim Pfeiffer im Wahlkreis Waiblingen haben als erfolgreiche Titelverteidiger im Rennen um das Direktmandat bei ihrem Erststimmenergebnis jeweils rund 15 Prozentpunkte verloren. Im Vergleich zum Ergebnis von 2013 hat ihnen damit fast ein Drittel der damaligen Wähler den Rücken gekehrt – auch innerhalb der CDU ein überdurchschnittlicher Verlust. Pfeiffer ist von 51,4 auf 36,8 Prozent abgestürzt, Barthle von 55,4 Prozent auf nunmehr 40,7.

Und anstelle der früheren Zweitstimmenergebnissen im Bereich der absoluten Mehrheit dümpelt die CDU in beiden Wahlkreisen jetzt bei historisch niedrigen 33 beziehungsweise 34,8 Prozent dahin. Schwächer war die CDU nur bei den Wahlen zum ersten Bundestag anno 1949. Damals mussten sich die frisch formierten Christdemokraten im Wahlkreis Waiblingen mit 27,5 Prozent begnügen. Das bisherige Zwischentief stammte aus dem Jahr 2009 mit 33,2 Prozent.

In Spiegelberg kommt die AfD auf 23,3 Prozent

In gut einem Viertel der Wahlkreise ist derweil die AfD hinter den Christdemokraten zur zweiten Kraft aufgestiegen. Das höchste Ergebnis holten die Rechtspopulisten einmal mehr im äußersten Nordwesten des Rems-Murr-Kreises, in Spiegelberg, wo sie mit 23,3 Prozent der Zweitstimmen nur 4,4 Prozentpunkte hinter der CDU landeten. Der Norden des Rems-Murr-Kreises wird dabei insgesamt immer mehr zur AfD-Hochburg. Auch in Großerlach (18,8 Prozent), Althütte (17,8), Kirchberg/Murr (18,0) oder Rudersberg (18,4) liegt die AfD teils deutlich vor der SPD, der FDP und den Grünen.

Wie die CDU steht die SPD in den beiden Wahlkreisen auf einem historischen Tief. Die 15,9 Prozent im Wahlkreis Waiblingen sind dabei nicht nur das schlechteste Zweitstimmenergebnis in der gesamten Bundestagswahlgeschichte, sondern lassen die Sozialdemokraten im Wahlkreis auch auf Platz drei zurückfallen. Und zwar hinter die wieder erstarkte FDP, die im Wahlkreis Waiblingen nach den 7,8 Prozent vor vier Jahren diesmal bei 16,2 Prozent wieder in etwa auf die einstigen Werte kommt.

Sozialdemokraten deutlich unter 20 Prozent

Im Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd liegen die Sozialdemokraten bei einem Minus von 4,1 Punkten mit 16,3 Prozent gerade mal 2,1 Punkte vor der AfD. Bereits bei den Wahlen 2009 war die SPD in beiden Wahlkreisen unter der 20-Prozent-Marke gelandet. Immerhin liege sein Erststimmenergebnis um 3,5 Prozent über dem Zweitstimmenergebnis, sagt der über die Landesliste wieder in den Bundestag einziehende Christian Lange: „Ein kleiner Trost bei einem insgesamt schlimmen Ergebnis für die SPD.“

Bei der FDP herrscht dagegen eitel Freude über das eigene Ergebnis: „Ich habe überraschenderweise – nach Christian Lindner – die meisten Erststimmen in ganz Deutschland für die FDP bekommen und bin damit Stimmenkönigin in Baden-Württemberg“, freut sich Lisa Walter. Tatsächlich verbucht sie auf Anhieb mit 13,5 Prozent das beste FDP-Erststimmenergebnis im Wahlkreis seit 1965.

Das letzte kommunale Ergebnis gibt es um 21.55 Uhr

Etwas höher als bei den Wahlen 2013 ist am Sonntag in beiden Wahlkreisen die Wahlbeteiligung gewesen – 79,9 Prozent und 76,5 Prozent. Die fleißigsten Wähler waren diejenigen in Berglen, dort haben exakt 84 Prozent der 4850 Wahlberechtigten ihre Kreuzchen gemacht. In Großerlach lag die Quote bei 1972 Wahlberechtigten lediglich bei 70,5 Prozent. Die vermeintlich wahlfaulsten Rems-Murr-Bürger schienen am Wahlabend zunächst in Weissach im Tal zu wohnen. 60,6 Prozent spuckte der Rechner als Beteiligungsrate bei 5501 potenziellen Wählern aus. Der böse Verdacht traf die Weissacher aber völlig unberechtigt. Beim zunächst gemeldeten kommunalen Wahlergebnis fehlten die Briefwähler. Die endgültige statistische Wahrheit für Weissach: 79,99 Prozent Wahlbeteiligung – exakt 4400 abgegebene Stimmzettel.

Was wiederum jene kommunalen Wahlergebnisse angeht, so war in den beiden Wahlkreisen der Ostalb-Flecken Obergröningen am schnellsten. Die dort abgegeben 242 Stimmen waren bereits kurz vor 19 Uhr ausgezählt und ans Landratsamt in Aalen gemeldet. Im Wahlkreis Waiblingen dauerte die erste Meldung eines Ortsergebnisses ziemlich genau eine Stunde länger. Kurz vor 20 Uhr meldete Korb beim Landratsamt in Waiblingen Vollzug. Am längsten hat diesmal Schorndorf gebraucht, das seine Ergebnisse gegen 21.55 Uhr einspeiste.

Insgesamt habe es keinerlei ernsthafte Probleme oder Verzögerungen gegeben, sagt dazu Landratsamtssprecherin Martina Nicklaus. Klar sei, dass angesichts der Stimmenzahlen und der Vielzahl der Wahllokale das Auszählen und Zusammenführen der Voten in den größeren Städten einfach mehr Zeit in Anspruch nehme.

Etwas mehr Zeit braucht auch der frischgebackenen Bundestagsabgeordnete Jürgen Braun (AfD) für die Fahrt zum ersten Antritt in Berlin. Für den Tag nach der Wahl hatte er ein Flugticket in die Hauptstadt gebucht. Allerdings bei Air Berlin – und das sei, sagte er am Wahlabend am Telefon, eine zu unsichere Sache. Die Fahrt erfolgt sicherheitshalber im Auto.