Mehr Chance für Hamburgs Liberale: FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding (39, Mitte) posiert in Anlehnung an die Hollywood-Heldinnen „Drei Engel für Charlie“ mit der Bremer FDP-Spitzenkandidatin Lencke Steiner (29, li.) – dort wird am 10. Mai gewählt – sowie FDP-Generalsekretärin Nicola Beer (45) unter dem Motto „Drei Engel für Lindner“ im aktuellen Magazin „Gala“ für Parteichef Christian Lindner Foto: dpa/Det Kempke für Gala

Am 15. Februar wählen Hamburgs Bürger ein neues Landesparlament. Es geht um spannende Fragen: Verliert die SPD ihre absolute Mehrheit? Zieht die AfD erstmals in ein westdeutsches Landesparlament ein? Schafft die tot geglaubte FDP die Wende?

Hamburg/Berlin - Die FDP und die Frauen – das ist ein Thema, das die Partei schon lange erregt. Traditionsgemäß war die FDP der Männerverein unter den deutschen Parteien. Nur etwa ein Viertel der Mitglieder weiblich, die überwiegende Mehrzahl der Wähler männlich. In rund 50 Jahren, in denen die Liberalen an einer Bundesregierung beteiligt waren, brachte es die FDP auf gerade mal zwei Bundesministerinnen: Irmgard Adam-Schwaetzer und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Die Frauen kamen zu kurz, waren auf Nebenrollen im liberalen Betrieb reduziert. Dazu passte es, dass lange Zeit Politiker von der Statur eines Rainer Brüderle das Sagen hatten, der ein erklärter Anhänger des Herrenwitzes ist. Dafür musste er kräftig büßen, als ihm von einer Journalistin vorgeworfen wurde, er habe sich ihr gegenüber an der Bar und zu vorgerückter Stunde grenzüberschreitende Anzüglichkeiten zuschulden kommen lassen.

Auffallend ist: Für gut aussehende Frauen in der FDP scheint immer dann die Stunde zu schlagen, wenn es ganz besonders schlecht steht um die Partei. Das war 2004 so, als Silvana Koch-Mehrin im Europa-Wahlkampf rein optisch eine gute Figur machte und prompt für die Liberalen nach zehnjähriger Abwesenheit den Wiedereinzug ins EU-Parlament schaffte.

Nun, elf Jahre später – die FDP ist auf Bundesebene inzwischen in der außerparlamentarischen Opposition –, sollen es gleich zwei gut aussehende Frauen richten. Nach Liberalen-Lesart lautet die Losung so: kompetent – hanseatisch – hübsch. Katja Suding tritt nächste Woche als Spitzenkandidatin in Hamburg an, um für die FDP den Wiedereinzug in die Bürgerschaft zu schaffen. In Bremen hat diese Aufgabe Lencke Steiner übernommen.

Dabei ist Katja Suding (39) schon länger bei der FDP unterwegs. Vor Jahren sorgte sie für Aufregung, als seinerzeit noch Guido Westerwelle Suding als Begleiterin zum Stuttgarter Dreikönigstreffen mitnahm.

Umfragen prophezeien der FDP um die fünf Prozent

In Hamburg haben die Liberalen sogar Chancen. Die aktuellen Umfragen bescheinigen der FDP einen Wert um fünf Prozent. Ohnehin verfügt der Stadtstaat über ein zahlenmäßig ansehnliches liberales Bürgertum. Es ist nur seltsam, dass sich Suding von den eigenen Parteistrategen weitgehend auf die Frauenrolle reduzieren lässt. Schon vor Wochen hatte die Hamburger FDP mit einem Wahlplakat für Furore gesorgt, auf dem das Porträt von Katja Suding zusammen mit dem Schriftzug „Unser Mann für Hamburg“ zu sehen war. Und nun das: Auf dem Titelbild einer Glamour-Zeitschrift zeigen sich Suding, Steiner und die Generalsekretärin der Bundes-FDP, Nicola Beer, in der Pose der legendären „Drei Engel für Charlie“.

b das ankommt – und die FDP an der Elbe ihr großes Doppel-Ziel erreicht, nämlich die AfD zu überrunden und in die Bürgerschaft einzuziehen? Nächste Woche Sonntag ist klar, ob Suding die Retterin der FDP im Norden ist oder doch nur Trümmerfrau des Liberalismus an der Waterkant.

Ungleich entspannter kann Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz der Abstimmung am 15. Februar entgegen sehen. Es steht schon jetzt fest, dass der 56-Jährige als der ganz große Sieger vom Platz gehen wird. Die Frage ist nur, ob er die absolute Mehrheit verteidigen kann oder einen Koalitionspartner braucht. Da Scholz wirtschaftsnah und pragmatisch ist, wäre die Suding-FDP für ihn keine schlechte Partie – wenn sie denn hineinkommt in die Bürgerschaft. Scholz schein daran nicht zu glauben und hat bereits Gespräche mit den Grünen angekündigt für den Falle der Fälle.Verteidigt er dagegen die absolute Mehrheit der SPD, sehen ihn manche in Berlin schon als potenziellen Kanzlerkandidaten.

Aus dem kopflosen Scholz ist inzwischen ein ganzer Bürgermeister geworden. Zeigten die Wahlkampfstrategen auf den Großplakaten zunächst nur den Oberkörper vom Kinn abwärts und ohne Hinweis auf Partei oder Person, blickt den Hansestädtern nun ein vollständiger SPD-Bundesvize entgegen: kapitängleich beim Thema „Wirtschaftskraft“, staatstragend beim „Wohnungsbau“ und sympathisch lächelnd beim Thema „Kitaplätze“.

Botschaft: Scholz ist ein Macher, der alles kann

Die Botschaft ist klar: Scholz ist ein Macher, der alles kann, alles weiß und vor allem seine Wahlversprechen hält. Das folgt der Logik von 2011, als der Hamburger SPD-Chef neben sein Konterfei schlicht die Slogans „Vernunft“, „Klarheit“ und „Verantwortung“ schreiben ließ – und die SPD die Wahl mit absoluter Mehrheit gewann. Klar, dass Scholz das gerne wiederholen möchte. Daher wirbt er unverdrossen um ein „starkes Mandat“ für seine SPD.

Könnten die Hamburger ihren Bürgermeister direkt wählen, die Sache wäre längst erledigt. Da kann sein CDU-Herausforderer Dietrich Wersich (50) noch so oft sagen, Scholz habe „sein Limit erreicht“. Die Hansestädter selbst sind laut Umfragen zu 73 Prozent mit der Arbeit ihres Bürgermeisters zufrieden. Etwas anders schaut es bei der SPD aus. Nach 48,4 Prozent bei der Wahl 2011 sehen die Umfragen sie derzeit nur bei bis zu 44 Prozent.

Und die AfD? Die Rechtskonservativen gehen mit ihrem Landeschef Jörn Kruse (66) ins Rennen. Der emeritierte Wirtschaftsprofessor, der 16 Jahre an der Helmut-Schmidt-Uni Hamburg lehrte, gilt als Kopfmensch, die Eurokritik gehört zu seinen Schwerpunkten. Im Wahlkampf wollte der gelernte Polizist darüber zunächst kaum sprechen, Hamburger Themen sollten im Mittelpunkt stehen – bis Gerüchte aufkamen, die Bundesregierung habe ihre Haltung zu einem möglichen Euro-Aus für Griechenland geändert. Er wolle nicht als Besserwisser dastehen, sagte Kruse daraufhin, aber die AfD habe immer gewusst, dass es für Griechenland besser sei, auszuscheiden. Kruse kann aber auch emotional: Im Wahlkampf zeigte er sich als engagierter Redner und mit Rufen nach einem Kopftuchverbot für Lehrerinnen und Pegida-nahen Parolen über das Abendland als Kritiker des Islam.

Regelmäßig spielten Gerüchte eine Rolle, die AfD sei von Kadern der Schill-Partei unterwandert, die in der Hansestadt übel beleumundet ist. Immerhin: Mit Dirk Nockemann, früher Innensenator auf dem Ticket der Schill-Partei, steht ein ehemaliger Vertrauter von Parteigründer Ronald Schill auf Listenplatz 3 der AfD.