Aufschlag Michael Stich: Der Wmbledon-Sieger von 1991 will DTB-Präsident werden Foto: Bongarts

In zwölf Tagen wird der neue Präsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) gewählt. Wird es Michael Stich? Diese Frage war im Sommer eigentlich längst beantwortet. Nun ist sie offener denn je.

STUTTGART - Er durfte sich also noch einmal vorstellen. Sich und seine überarbeiten Konzepte. Dabei war Michael Stich schon raus aus dem Rennen. Die Landesfürsten im Deutschen Tennis-Bund (DTB) hatten sich bereits bei seiner ersten Präsentation während des Rothenbaums-Turniers in Hamburg im Juli gegen den Wimbledon-Sieger von 1991 entschieden. Stattdessen fiel die Wahl der Chefs der 18 Landesverbände auf Ulrich Klaus als Nachfolger des scheidenden DTB-Präsidenten Karl-Georg Altenburg. Der rheinland-pfälzische Verbandsboss war das Ergebnis einer Findungskommission des Bundesausschusses, mit dem alle leben konnten. Am 16. November sollte in Berlin, so der Plan, der ehemalige stellvertretende Gymnasialdirektor im Steigenberger-Hotel am Kanzleramt von der Mitgliederversammlung gewählt werden. Das war der Stand im Sommer dieses Jahres.

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Der 64 Jahre alte Ulrich Klaus muss zittern, überhaupt noch eine Chance auf das höchste Amt im mit 1,5 Millionen Mitgliedern größten Tennisverband der Welt zu haben. Der Bundesausschuss, in dem die 18 Landesfürsten sitzen, hat ihm das Vertrauen entzogen und die Kehrtwende eingeleitet. Am Sonntag beschlossen die 13 anwesenden Granden mehrheitlich, Stich nach dessen erneuter Vorstellung, um die er fast schon gebettelt hatte, doch als Kandidaten zu akzeptieren. Pikanterweise fehlten Ulrich Klaus und dessen Verfechter aus Hessen, Dirk Hordorff. Was Klaus so kommentierte: „Angela Merkel geht ja auch nicht zur einer Wahlkampfveranstaltung der SPD.“

Diese von vielen kritisierte Respektlosigkeit von Klaus zeigt aber: Der Machtkampf um die Nachfolge von Altenburg eskaliert. Die Landesfürsten sind sich so einig wie zerstrittene Brüder. Im DTB-Bundesausschuss (BA) gärt es. Ein Beispiel: „Michael Stich hat den Eindruck vermittelt, dass er das Amt nicht für sein Ego will, sondern zum Wohle des deutschen Tennis arbeitet“, sagt Hamburgs Verbandschef Fritz Frantzioch – und BA-Sprecher Robert Hampe behauptet: „Er hat die meisten von uns beeindruckt.“ Ulrich Lange aber nicht. Der Präsident des Württembergischen Tennis-Bundes (WTB) lehnt Stich als Kandidaten ab. So wie am 16. Juli, als der Olympiasieger in Hamburg seine Ideen erstmals den Landesvorsitzenden präsentierte, die danach den Daumen senkten. Die Begründung damals: der Interessenkonflikt, in dem Stich steckt. Für Lange ist er weiter existent.

„Er kann nicht gleichzeitig DTB-Präsident und Turnierdirektor des ATP-Turniers in Hamburg sein“, sagt Lange. Er würde zwangsläufig Geschäfte mit sich selbst machen müssen (der DTB ist Pächter des Stadions), „laut Bundesgesetzbuch ist das aber gar nicht erlaubt“, ergänzt der 71-Jährige.

Zudem habe Michael Stich seine Kandidatur an Bedingungen geknüpft, die etliche Landeschefs für unerfüllbar halten. „Seine von ihm geforderte finanzielle Aufwandsentschädigung ist trotz aller Kompromisse zu hoch“, sagt Ulrich Lange: „Ich bin zwar dafür, dass ein DTB-Präsident angemessen bezahlt wird, aber mehr als 200 000 Euro im Jahr sollten es nicht sein.“ Stich hat offenbar deutlich mehr verlangt.

Auch die Konzepte des 46-Jährigen lassen Lange kalt. Der Vorschlag eines Bundesleistungszentrums sei nicht neu, meint der WTB-Boss. Und die von Stich propagierte verstärkte Nachwuchsarbeit in Zusammenarbeit mit Schulen werde in Württemberg bereits erfolgreich praktiziert. „Herr Stich sollte sich mal in den Landesverbänden umschauen, was da schon alles gemacht wird“, sagt der WTB-Landeschef etwas verärgert.

Allerdings: Aus den Reihen der Aktiven bekommt Stich viel Rückhalt. Er gilt als anerkannter Geschäftsmann, hat das Rothenbaum-Turnier wieder salonfähig gemacht. Bundestrainerin Barbara Rittner spricht sich klar für ihn aus: „Die Einbindung von Michael Stich in den DTB ist eine Riesenchance. Er ist nach wie vor eng dran am Tennis, hat eine hohe Fachkompetenz und ist international angesehen“, sagt sie und fährt im Brustton der Überzeugung fort: „Er kann ein Türöffner für Sponsoren und Medien sein. Er hat den Mut, neue Wege zu gehen.“

Dass der DTB diese gehen muss, ist unumstritten. Sinkende Mitgliederzahlen, immer weniger Sponsoren, nur leicht steigende Fernsehzeiten – ein Macher aus dem Sport wäre nach Jahren mit reinen Funktionären wie Georg von Waldenfels oder Karl-Georg Altenburg „nicht die falscheste Wahl“, meint Rittner. Nur: Stich läuft bis zum 16. November die Zeit davon. Bis dahin muss er ein Schattenkabinett aus Vize-Präsidenten aufgestellt haben. Kein leichtes Unterfangen. Zumal er in Helmut Schmidbauer, Präsident des mitgliederstärksten bayerischen Verbands, sogar noch einen zweiten Konkurrenten dazubekommen könnte.

„Es ist alles möglich“, sagt Ulrich Lange. Und Stich meint nur: „Dass meine Vorstellungen im Ausschuss gut angekommen sind, freut mich. Alles andere wird man sehen.“ Im Moment sieht es aber danach aus, als stünde dem DTB am Stich-Tag eine Kampfabstimmung ins Haus. Eine, die die Landesfürsten mit der frühen Festlegung auf Ulrich Klaus eigentlich vermeiden wollten.