Martina Breyer und Peter Andrianos von der Firma AMF schauen sich die Bewerber an. Foto: Sascha Sauer

Im Fellbacher Rathaus beschnuppern sich beim Job-Dating Arbeitgeber und Bewerber. Vor allem Flüchtlinge und Langzeitarbeitslose sollen von dem neuen Angebot profitieren.

Fellbach - Samara Al Zubaidi hat sich von ihrem Wunsch, Ärztin zu werden, längst verabschiedet. Die 25-Jährige hatte in Syrien vier Semester lang Medizin studiert, dann kam die Flucht. In Deutschland möchte sie jetzt eine Ausbildung machen. „Ich habe inzwischen eine kleine Tochter, und meine Sprachkenntnisse reichen für ein Studium nicht aus“, sagt die junge Frau.

An Menschen wie Samara Al Zubaidi richtet sich das Angebot Job-Dating. Denn Flüchtlinge haben es schwer, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Im Rathaus hatten sie am Dienstag die Möglichkeit, direkt mit Personalverantwortlichen in Kontakt zu kommen – ohne vorher einen Bewerbermarathon zu durchlaufen. Oberbürgermeisterin Gabriele Zull ist von dem neuen Format begeistert. Sie sagt: „Hier können sich Arbeitgeber und Bewerber auf kurzem Wege kennenlernen und sehen, ob eine Verbindung zustande kommt.“

Die Arbeitsagentur Waiblingen hat den Job-Club organisiert

Auch die Firma Rauschenberger präsentiert sich im Rathaus als Arbeitgeber beim Job-Dating. „Das neue Angebot ist gut, so bekommt man gleich einen Eindruck von der gesamten Persönlichkeit“, sagt Junior-Personalreferentin Claudia Hofmeister. Und das ist wichtig. Denn im Service müssen Ausstrahlung, Auftreten und Umgangsformen stimmen. Aber es werden auch passende Kandidaten gesucht, die sich für die Ausbildungsberufe Lagerlogistik, Veranstaltungskaufmann oder Kaufmann für Büromanagement eignen. Ebenso gibt es Jobs für Hilfsarbeiter in der Küche und im Lager. Das Job-Dating haben die Arbeitsagentur Waiblingen und die Wirtschaftsförderung Fellbach organisiert. „Wir haben rund 250 Einladungen an Flüchtlinge, Arbeitslose und Langzeitarbeitslose verschickt, die in Fellbach und der näheren Umgebung leben“, sagt Sven Weinhold vom Arbeitgeberservice. Auch der Freundeskreis für Flüchtlinge in Fellbach hatte ordentlich die Werbetrommel gerührt.

Für viele Firmen gestaltet sich die Suche nach qualifizierten Arbeitnehmern immer schwieriger. Freie Ausbildungsplätze oder neu eingerichtete Stellen können oft nicht zeitnah wiederbesetzt werden. Der Werkzeughersteller AMF ist zwar nach wie vor als Arbeitgeber stark gefragt, doch für Ausbildungsberufe wie Werkzeugmacher stapeln sich die Bewerbungsmappen nicht mehr ganz so hoch wie früher.

Ein fehlendes Schulzeugnis bedeutet nicht das Aus bei der Bewerbung

„Heute treffen wir auf Kandidaten, die bei uns normalerweise durch das eine oder andere Muster fallen würden“, erklärt Peter Andrianos, Ausbilder bei AMF. Beim Job-Dating bedeutet ein fehlendes Schulzeugnis nicht automatisch das Aus für den Bewerber. Und wer nicht die klassische Berufslaufbahn – Schule, Praktikum, Ausbildung – durchlaufen hat, bekommt trotzdem ein Vorstellungsgespräch. Davon möchte auch Simone Frisch profitieren. Die 54-Jährige hat bis vergangenes Jahr als Produktionshelferin in einem Fellbacher Betrieb gearbeitet. Doch die Schichtarbeit und die körperliche Anstrengung waren irgendwann zu viel für sie. „Ich hatte ein Burn-out-Syndrom und habe deswegen schließlich meinen Arbeitsplatz gekündigt“, erzählt die Fellbacherin.

Jetzt, neun Monate später, möchte Simone Frisch wieder arbeiten. Beim Job-Dating hat sie sich bei der Firma Kaysser über eine Arbeit als Kommissioniererin informiert und ihre Bewerbungsunterlagen hinterlassen. Aber Euphorie macht sich bei ihr nicht breit: „Meine Unterlagen habe ich schon bei vielen Firmen abgegeben.“