Hätten Sie ihn erkannt: Bill Murray ist der mit dem „Dragons“-Trikot – zumindest leiht er dem Hund namens Boss in Wes Andersons Film „Isle of Dogs“ die Stimme. Foto: Berlinale

Großes Kino, neue Serien, Stars auf dem roten Teppich: Vom 15. bis 25. Februar sind die Filmfestspiele wieder der Mittelpunkt der Kulturwelt. Angekündigt haben sich internationale Größen wie Bill Murray oder Steven Soderbergh. Wir verraten, was Sie nicht verpassen sollten.

Berlin - Wer soll das bloß alles anschauen? Dieser gequälte Aufschrei begleitet jede Berlinale. Kein Besucher schafft es, das komplette Programm abzusitzen. Manchen gelingt es nicht einmal, den Katalog ganz zu durchforsten. Die Qual der Wahl bleibt immer. Aber ein paar Angebote fallen ins Auge. Eines sollte man trotzdem ablegen: den Sportwettengeist, unbedingt den schlussendlichen Gewinner vorab gesehen zu haben. Die Jury-Launen sind unvorhersehbar, man darf sich also getrost auf anderes konzentrieren.

Der Festivalklassiker

Wenn einer dem Festival die Treue gehalten hat, dann Steven Soderbergh – nicht immer mit seinen besten Filmen, aber trotzdem immer mit dem Mut, im Wettbewerb anzutreten und nicht „außer Konkurrenz“. 2003 war er mit der Stanislaw-Lem-Verfilmung „Solaris“ in Berlin und brachte George Clooney mit, genau wie 2007 mit dem Weltkriegsdrama „The Good German“. 2012 zeigte Soderbergh im Wettbewerb den Actionthriller „Haywire“, 2013 den Psychothriller „Side Effects“. Nach seinem Rücktritt vom Rücktritt als Kinoregisseur kehrt er 2018 zurück und stellt im Psychothriller „Unsane“ den menschlichen Blick auf die Realität auf den Prüfstand – diesmal leider doch außer Konkurrenz. (ha)

Die Serie

Auch Dieter Kosslick guckt Netflix. Deshalb ist die Berlinale schon seit ein paar Jahren nicht nur ein Film-, sondern auch ein Serienfestival. Hier feierten beispielsweise „Top of the Lake“, „Better call Saul“, „Deutschland 83“ oder „4 Blocks“ Premiere. In diesem Jahr spendiert die Berlinale den TV-Serien sogar ein eigenes Premierenkino: den Zoo Palast. Und obwohl fast alle dort präsentierten Neuproduktionen neugierig machen (zum Beispiel die Serienadaption des australischen Kultfilms „Picnic at Hanging Rock“) sind wir besonders auf die ZDF-Serie „Bad Banks“ mit Paula Beer, Désirée Nosbusch, Tobias Moretti und Jörg Schüttauf gespannt, die eine höchst unmoralische Fabel aus der Welt des Investmentbankings erzählt. (gun)

Die deutsche Hoffnung

Wenn es einen deutschen Regisseur gibt, der mit der Berlinale großgeworden ist, dann Christian Petzold. Mit „Wolfsburg“ trat er 2003 noch im Panorama an. Doch schon mit „Gespenster“ startete er 2005 im Wettbewerb und setzte in seiner mysteriösen Geschichte auch den Festival-Schauplatz ins Bild: die Potsdamer-Platz-Arkaden, den Inbegriff urbaner Shopping-Entfremdung. 2007 trat Petzold mit „Yella“ im Wettbewerb an, mit der Schauspielerin Nina Hoss, die 2012 auch im DDR-Drama „Barbara“ an der Seite von Ronald Zehrfeld die Hauptrolle spielte. 2018 nun nähert der Regisseur sich dem Flüchtlingsdrama auf historische Weise: „Transit“ erzählt von Menschen in Marseille, die während der Nazi-Besatzung Nordfrankreichs auf eine Schiffspassage in die Sicherheit hoffen. (ha)

Der Star

Es gibt ja diese uncoolen Typen, die einem auf die Millisekunde genau sagen können, wie lange sie in Großaufnahme in einem Wettbewerbsfilm zu sehen sind. Wie viel sie trainiert oder gefuttert haben, um so oder anders auszusehen, dass sie zur Vorbereitung auf ihre Rolle Monate lang gelebt haben wie ihre Filmfigur. Bill Murray ist der attraktivste Stargast der Berlinale, weil er all das nicht nötig hat. Murray war immer schon ein cooler Hund, aber jetzt spielt er auch einen. Einen Hund, keinen Lässigkeitsathleten. Besser gesagt, er spielt ihn nicht, er leiht ihm bloß die Stimme. Wes Andersons „Isle of Dogs“ ist ein Puppentrickfilm, und Murray übernimmt die Dialoge des Mischlings Boss. Der heißt bloß so und ist keinesfalls der Chef, sondern nur einer aus dem Rudel. Gibt es eine schönere Starqualität als die, ganz entspannt aus dem Hintergrund agieren zu können? (tkl)

Der Exot

Die Philippinen sind kein Filmland, das international im Fokus steht, aber zumindest eines, das regelmäßig für bemerkenswerte Festival-Auftritte sorgt. 2012 trat der philippinische Regisseur Brillante Mendoza mit „Captured“ im Wettbewerb an und zeigte pseudodokumentarisch, wie islamistische Separatisten auf den Südinseln Touristen entführen und Regierungstruppen ohne Rücksicht auf die Geiseln drauflosfeuern. 2016 lief dann „A Lullaby to the sorrowful Mystery“ von Lav Diaz, ein achtstündiges (!) Epos in quadratischen Schwarzweiß-Bildern über die philippinische Revolution gegen die spanische Kolonialherrschaft, das anmutete wie ein Bühnen-Experiment. Nun kehrt Diaz zurück mit „In Zeiten des Teufels“. Diesmal zeigt er in Schwarzweiß den Terror unter der Marcos-Diktatur am Beispiel eines kleinen philippinischen Dorfes im Urwald – und bezeichnet seinen Film als „Rockoper“ (ha)

Infos zum Festival

Programm Vom 15. Februar an zeigt die Berlinale in elf Tagen 385 Filme aus aller Herren Länder. Mit mehr als 300 000 verkauften Tickets ist sie das weltweit größte Publikumsfestival – trotz des regelmäßig schlechten Wetters.

Preise Die Goldenen Bären zählen zu den renommierten Filmpreisen in einer unüberschaubar großen Festivalwelt. Zusammen mit Cannes und Venedig bildet Berlin das Führungstrio im globalen Filmfestivalzirkus.

Tickets Drei Tage im Voraus kann und sollte man Karten bestellen. Der Eintritt in Wettbewerbsfilme kostet 15 Euro, in andere 12 Euro. Dieses Jahr wird keine Vorverkaufsgebühr fällig. Die Abendkasse ist oft ausverkauft.