Wohnen wird in Stuttgart und der Region immer teurer – der Mieterverein beklagt jetzt einen neuen Kündigungstrick. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Stuttgarter mieterverein sagt, Kündigungen wegen eigenbedarfs nähmen stark zu. Er vermutet dahinter viele vorgetäuschte Fälle – und hat jüngst einen Prozess gewonnen.

Stuttgart - Der Stuttgarter Mieterverein sieht angesichts von Wohnungsmangel und immer höheren Mieten einen neuen Trend. „Wir stellen besorgt fest, dass Kündigungen wegen Eigenbedarfs drastisch zunehmen“, sagte der Vorsitzende Rolf Gaßmann unserer Zeitung. Die Anträge auf Rechtsschutz wegen solcher Kündigungen seien bei seinem Verein in den vergangenen fünf Jahren um 72 Prozent gestiegen.

Häufig sei der Eigenbedarf aber nur vorgeschoben, „um Mieter loszuwerden, die von ihren Rechten Gebrauch machen“, kritisiert Gaßmann. Danach ziehe dann nicht der Eigentümer oder ein naher Verwandter ein, sondern ein neuer Mieter. Der Verein kündigt an, verstärkt mit Schadenersatzklagen „gegen lügende Vermieter und die Aushöhlung der Mieterrechte“ vorzugehen.

Mieterin gewinnt Prozess

Einen ersten Prozess hat man im Dezember am Amtsgericht Waiblingen gewonnen. Eine Frau aus Fellbach hatte eine Auseinandersetzung mit ihrer Vermieterin, weil sie keinen neuen Mietvertrag mit deutlich höherer Miete unterschreiben wollte und zusätzlich eine Vermessung der Wohnung eine andere Größe als zuvor gedacht ergab. Kurz darauf erhielt sie die Kündigung wegen Eigenbedarfs. Nach schwieriger Suche zog sie in eine kleinere und teurere Wohnung. Einige Monate später stellte sie fest, dass ihre alte Wohnung neu vermietet worden war. Das Gericht schenkte der Erklärung der Eigentümerin keinen Glauben und verurteilte sie dazu, für zwei Jahre den Mietunterschied sowie die Umzugskosten zu bezahlen – insgesamt fast 8000 Euro.

Beim Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein weist man die Aussage, es handle sich um einen Trend, entschieden zurück. „Einzelne Fälle hat es immer schon gegeben. Aber so etwas fällt leicht auf und zieht Schadenersatzforderungen nach sich. Eine Häufung sehen wir deshalb nicht“, sagt der Geschäftsführer Ulrich Wecker.