Mario Gomez hat in dieser Saison gerade mal sechs Tore erzielt. Foto: Baumann

Vor dem wichtigen Spiel gegen den Hamburger SV am Donnerstag sind die Probleme im VfB-Team vielschichtig. Dabei ist die Formschwäche der erfahrenen Spieler wie Mario Gomez nur ein Teil des Problems.

Stuttgart - Es ist Crunchtime in der zweiten Fußball-Bundesliga. Hop oder top, schafft der VfB Stuttgart den heiß ersehnten, direkten Wiederaufstieg in Liga eins? Das ist die Frage, die in den restlichen sieben Saisonspielen binnen gerade mal fünf Wochen geklärt wird. „Wir haben die große Chance, mit einem Sieg über den Hamburger SV die jüngste Talsohle wieder wett zu machen“, sagt der VfB-Sportdirektor Sven Mislintat vor dem Duell des aktuellen Tabellen-Dritten VfB am Donnerstag (20.30 Uhr) gegen den Zweiten aus der Hansestadt.

Tatsächlich ist mit Blick auf einen erfolgreiches Happy End für die Stuttgarter längst nicht alles verloren. Auch vor dem Hintergrund, dass der Erste Arminia Bielefeld mit acht Punkten Vorsprung auf den VfB und guter Form womöglich nicht mehr einzuholen ist. Platz zwei und der direkte Aufstieg sind weiter drin, auch wenn der Vierte Heidenheim bis auf einen Punkt heran gerückt ist. Mit einem Sieg über den HSV wäre der VfB wieder Zweiter.

Intern wird offenbar Tacheles geredet

Geht es allerdings um den aktuellen Zustand der Stuttgarter Mannschaft, fällt allzu großer Optimismus schwer. Denn die sportlichen Fakten, welche das Team unter der Führung des Chefcoaches Pellegrino Matarazzo seit der Corona-Pause geschaffen hat, sie sprechen eine teils beschämende Sprache. So klafft beim großen Aufstiegsfavoriten, dem Team mit dem mit Abstand teuersten Kader der Liga, eine gewaltige Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. „Man kann sicher sein, dass wir intern auch mal härter miteinander sprechen. Das ist die Kultur dieses Clubs“, sagt Sven Mislintat, der in seinen öffentlichen Auftritten aber weiter die schützende Hand über sein Team hält – was auch Teil seines Jobs ist.

Dennoch sind die Probleme des VfB unübersehbar – und sie sind vielschichtig. Die sportliche Ausbeute mit null Punkte in den Partien gegen den Tabellen-Siebten und den 17., sie ist blamabel, was die Tränen des Roberto Massimo nach dem Abpfiff in Kiel anschaulich demonstrierten. „Ich weiß, dass solche Fehler nicht passieren dürfen. Ich werde mein Bestes für diesen Verein geben damit wir am Ende unsere Ziele erreichen“; entschuldigte sich Massimo auf Instagram. Vor dem 1:2 und 1:3 in Kiel hatte er sich zwei individuelle Fehler geleistet.

Auch Didavi („Es tut mir unheimlich leid, dass ich das Team im Stich gelassen habe“), der den Kollegen mit Gelb-Rot einen Bärendienst erwiesen hatte, meldete sich zu Wort. An den Problemen im Team ändert die späte Reue aber nichts: Die Erfahrenen im Kader wie Mario Gomez, wie Didavi oder Gonzalo Castro haben mit Formproblemen zu kämpfen, von den jungen Neuzugängen ist bisher keiner eine echten Verstärkung: Dies gilt für Massimo wie für Mateo Klimowicz, Clinton Mola, Tanguy Coulibaly, Darko Churlinov, Maxime Awoudja oder Luca Mack.

Es fehlt ein Typ wie Christian Gentner

Zudem verfügt das Team über keinen Leader, einen Profi, der Verantwortung übernimmt und voraus geht – so wie dies Christian Gentner in der Aufstiegssaison 2016/17 tat. Der aktuelle Kapitän Marc Oliver Kempf kam zu Saisonbeginn neu ins Amt, saß in Kiel zudem nur auf der Bank. Der wortgewaltige Holger Badstuber hingegen besetzt in der Teamhierarchie nur eine Nischenrolle. Weil zudem etwa auf der Position des linken Verteidigers die strukturellen Probleme offenkundig sind, stellt sich die Frage nach der richtigen Abmischung des Kaders.

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Hierfür zeichnet Mislintat verantwortlich, der sagt: „Viele Entwicklungen brauchen ihre Zeit.“ Zeit, die der Verein im anstehenden, heißen Zweitliga-Finale aber nicht hat. „Ich glaube, dass dieser Kader gut genug ist, um den Aufstieg zu attackieren“, hält Sven Mislintat vor dem immens wichtigen Duell mit dem direkten Rivalen Hamburger SV dagegen. „Es gibt eine klare Idee hinter dem Konstrukt“, sagt der VfB-Sportdirektor: „Ich übernehme für diesen Kader die hundertprozentige Verantwortung.“