Das Werksfoto aus dem Jahr 1936 zeigt Ferry Porsche am Steuer des zweiten Volkswagen-Prototypen (V2), fotografiert auf dem Marktplatz in Tübingen. Neben ihm seine Frau Dorothea. Auf dem Rücksitz Hellmuth Zarges, ein Freund der Familie Porsche. Foto: Porsche Werksfoto/dpa

Im Auftrag der Nazis entwarf Ferdinand Porsche den später Käfer getauften Volkswagen und stellte ihn in seiner Villa im Stuttgarter Norden vor. Vor 80 Jahren nickte der Auto-Reichsverband den Prototypen ab - und gab damit den Weg für ein Kultauto frei.

Stuttgart - Es war ein großer Tag in der Porsche-Villa: Granden des Reichsverbands der Automobilindustrie (RDA) waren in den Feuerbacher Weg in Stuttgart geladen. Auch Vertreter von Daimler-Benz, von Opel und des Audi-Vorläufers Auto Union waren gekommen, um den Prototyp des ersten „Volkswagen“ zu begutachten. Das Problem: Der heute als „Käfer“ bekannte Wagen wurde ausgerechnet bei dieser Präsentation vor 80 Jahren seinem späteren Ruf nicht gerecht. Der eingebaute „A Motor“ - ein Zweizylinder-Zweitakter mit 850 Kubikzentimetern - war nicht funktionstüchtig. Das von den Nazis „Kraft-durch-Freude-Wagen“ getaufte Auto lief nicht.

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Trotzdem war das „Erste Treffen der Technischen Kommission“ kein Flop: Noch vor Kriegsbeginn wurde der unter dem Arbeitstitel V1 von Ferdinand Porsche für die Nazis entwickelte Volkswagen in Einzelstücken gefertigt - das V stand in diesem Fall nicht für Vergeltungswaffe, sondern für Versuchswagen. Bis Ende des zweiten Weltkrieges wurden etwa 630 Limousinen gebaut. Nach Kriegsende ging der VW Käfer unter britischer Regie in Serie, wurde über die nachfolgenden Jahrzehnten zur Erfolgsgeschichte für Volkswagen - und zum Symbol für das deutsche Wirtschaftswunder. Schon 1950 wurden knapp 82.000 VW Käfer gefertigt. Generationen von Deutschen zwängten sich für die Fahrt in den Urlaub in den buckligen VW. Die dunkle Vergangenheit schien vergessen.

Kindchenschema weckt Beschützerinstinkt

„Die Sympathie für den Käfer speist sich aus verschiedenen Kanälen, einer davon ist mit Sicherheit das Aussehen“, erklärt Lutz Fügener, Designprofessor an der Hochschule Pforzheim. „Diese gefällige wiedererkennbare Form, die freundlich ist. Das Kindchenschema mit großen Augen weckt den Beschützerinstinkt.

Das haben wir ja bei Autos heute eher im Gegenteil.“ Der Name „Käfer“ geht vermutlich auf einen Korrespondenten der „New York Times“ zurück, der in seiner Berichterstattung die Volkswagen Limousine als „little shiny bug“ („kleiner glänzender Käfer“) bezeichnete.

Der Slogan „Er läuft und läuft und läuft“ kam nicht von ungefähr. „Der Käfer war ein Auto, dass zu der Zeit in seiner Zuverlässigkeit herausstand“, sagt Fügener. Der VW war sehr einfach zu reparieren und zu warten - durch den luftgekühlten Motor. „Der Käfer hat natürlich eine sehr lange Testphase hinter sich, nämlich den zweiten Weltkrieg.“ Porsches Neffe Herbert Kaes unternahm mit dem Prototyp VW 38 mit Wehrmachtszulassung Langstreckenfahrten nach Budapest und Griechenland. Die längste Testfahrt führte bis nach Afghanistan. Allerdings war die später so beliebte Form in den 1930er Jahren alles andere als revolutionär. Bei der Konstruktion bediente sich Porsche Ideen des österreichischen Designers Béla Barényi. „So hat man sich das aerodynamische Design vorgestellt“, sagt Fügener. Fiat und Peugeot mit seinem „Crémeschnittchen“ CV 4 hatten ähnliche Formen im Portfolio. „VW hatte das nicht reserviert.“

Entwicklung des Käfer 1970 am Ende

Doch im Gegensatz zu anderen Autobauern blieb Volkswagen dem Käfer und seiner Formsprache treu. Das wurde dem inzwischen mit Abstand größten deutschen Autobauer fast zum Verhängnis. „Im Jahre 1970 war der Käfer von seiner Entwicklung am Ende“, sagt der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Weil Volkswagen zu lange an dem Konzept festhielt, habe sich der Konzern den Weg in die Zukunft fast verbaut. „Nach dem Käfer kam eine große Durststrecke, bis der Golf kam und sich durchsetzte.“ Klar sei aber auch: „Ohne Käfer gäbe es kein VW und ohne Käfer wäre VW nie ein wichtiger Autobauer geworden.“

Erst 1985 wurde der letzte Käfer in Deutschland offiziell verkauft - wegen seiner Beliebtheit aber noch lange aus Mexiko importiert. Erst 2003 wurde die Produktion in Mexiko endgültig eingestellt. Insgesamt liefen über die Jahrzehnte 21,5 Millionen Käfer vom Band.