Jimi Hendrix, hier bei einem Konzert im Jahr 1969, wird bis heute ist bis heute von vielen als Revolutionär der Rockmusik verehrt. Foto: Imago

Keiner hatte so intime Tête-à-Têtes mit seiner Gitarre wie Jimi Hendrix. Vor 50 Jahren starb er jung, doch sein Vermächtnis wirkt weiter. Wir haben aus seinem Repertoire 14 Songs für die Ewigkeit ausgesucht.

Stuttgart - Die Gitarre singt, seufzt und weint, sie kreischt, jammert und brüllt, und nur einer konnte ihr all diese Töne entlocken: Jimi Hendrix. Tatsächlich war der Mann mit der sonoren Singstimme nicht nur überdurchschnittlich begabt, sondern auch ein Glückskind. In den USA hing er in der afroamerikanischen R&B-Szene fest, als er Linda Keith kennenlernte, die damalige Freundin des Rolling Stones-Gitarristen Keith Richards. Durch sie kam er an Chas Chandler, der sich gerade vom Bassisten der Animals zum Produzenten und Manager wandelte und Hendrix nach London holte.

Ohne die Glaswand des Rassismus, die in den USA bis heute wirkt, wurde der Afroamerikaner in Europa binnen kurzer Zeit zum Rockstar. Hendrix stach heraus neben den britischen Gitarrengöttern Eric Clapton, Jimmy Page oder Jeff Beck auch deshalb heraus, weil er die Übersteuerung auf die Spitze trieb und den ohrenbetäubenden Sound virtuos und mit der Macht des Blues zu bändigen verstand.

Er revolutionierte das Spiel auf der elektrischen Gitarre und steht als musikalisches Sinnbild für die Rebellion der späten 1960er Jahre. Beim legendären Woodstock-Festival intonierte Hendrix die US-Nationalhymne „Star spangled Banner“ (1969) als kreischendes, kakofonisches Klanginferno. Das Hippie-Publikum hörte darin einen erschütternden Kommentar zum Vietnamkrieg, doch der Künstler dementierte später, seinen Vortrag so gemeint zu haben.

Am 18. September 1970 starb Jimi Hendrix, ausgezehrt und drogenkrank, in London den Rock’n’Roll-Tod. Er wurde 27 Jahre alt. Binnen drei Jahren hat er ein musikalisches Universum erschaffen, aus dem einige Songs besonders hervorstechen. Hier eine Auswahl:

1. All Along the Watchtower (1968)

Mit dieser Bob-Dylan-Interpretation gab Hendrix dem rebellischen Geist der späten 60er Jahre einen Klang: Er verlieh der archetypisch maskierten Parabel, in der zwei Außenseiter („Joker“ und „Thief“) um menschlicher Werte willen die etablierte Ordnung herausfordern. In Hendrix’ aufgeladener Version spiegelt sich das ganze Drama der aufgewühlten Epoche. Selbst Dylan, stets heikel, wenn es um sein Material geht, adelte Hendrix mit uneingeschränktem Lob.

2. The Wind cries Mary (1967)

Einen Touch von Jazz hat diese herzzerreißende Ballade, in der ein angeödeter Besen die Bruchstücke des Lebens von gestern aufkehrt und Hendrix eines seiner schönsten Soli zum besten gibt. Miles Davis hat das Thema 1969 auf seinem Album „Filles de Kilimandjaro“ aufgegriffen in dem Stück „Mademoiselle Mabry“.

3. Voodo Child (slight Return) (1968)

Wie ein Vulkanausbruch kommt dieser Song über die Zuhörer, wild, exzessiv, laut und ungezügelt ließ Hendrix den Boden beben. Das Stück war ein Bekenntnis zum Blues und ein Signal an die Afroamerikaner Zuhause in den USA, dass er die musikalische Traditionen verstand, respektierte und pflegte.

4. Crosstown Traffic (1968)

Ein echter Pophit gelang Hendrix mit dieser Nummer, die in ihrer Studiofassung auch heute noch erstaunlich frisch klingt. Charakteristisch: Hendrix singt das Hauptthema parallel zur Gitarre durch ein Kazoo mit.

5. Freedom (1971)

Posthum veröffentlicht, soll diese Nummer mit dem prägnanten Riff von dem großen Soul-Sänger Curtis Mayfield beeinflusst sein, der für Hendrix eine wichtige Inspiration darstellte. Mit diesem Stück dockt er eng bei Funk und Soul an.

6. Purple Haze (1967)

Schon das krude Anfangsriff vermittelt eine Ahnung davon, welcher Pupurschleier die Hirne der Rock-Pioniere vernebelt haben muss – „actin’ funny, but I don’t know why / excuse me while I kiss the sky” singt Hendrix hier – und küsst tatsächlich den Himmel mit seinem überirdischen röhrenden Gitarrenspiel.

7. Hey Joe (1966)

Der Rock-Standard, der dem R&B-Musiker Billy Roberts zugeschrieben wird, war Jimi Hendrix’ erster großer Hit mit der Jimi Hendrix Experience, zu der der Bassist Noel Redding und der Schlagzeuger Mitch Mitchell gehörten.

8. Foxy Lady (1967)

In der afroamerikanischen Musik war es über Jahrzehnte gängig, sexuelles Begehren offen zu benennen. Ob das in Meeto-Zeiten noch möglich ist? Wahrscheinlich würden heute einige über die Frau im Titel sagen, Hendrix degradiere sie zum Objekt. Ohne den Zeitstempel bleibt festzuhalten, dass der Musiker der Lust freien Lauf lässt in einem unbändigen Klanginferno, in dem die übersteuerten Töne nur so flirren. Außerdem beteuert er in dreifacher Negation: „I won‘t do you no harm no.“ („Ich werde dir kein Leid zufügen.“)

9. Little Wing (1967)

Das perlende Intro dieser Ballade zählt zu den meistzitierten Motiven auf der E-Gitarre. Der Song ist eine musikalische Liebeserklärung an eine fantasievolle Frau: „Butterflies and zebras and moonbeams and fairly tales /that’s all she ever thinks about“ – „Schmetterlinge und Zebras und Mondschein und Märchen sind alles, woran sie jemals denkt“. Sie tröstet den Sänger mit „a thousand smiles / she gives to me free“ („tausend Lächeln, die sie mir schenkt“). Er bedankt sich mit einem der einfühlsamsten Soli seiner Karriere.

10. Red House (1966)

Dieser selbstkomponierte Blues wurde eines von Hendrix’ Paradestücken. Besonders schön ist die Aufnahme bei einem Konzert 1970 im Downing Stadium in New York, die auf der fein zusammengestellten Live-Compilation „The Jimi Hendrix Concerts“ enthalten ist.

11. Fire (1967)

Er möchte nur eins: ganz nah am Feuer dieser Frau stehen. Davon kündet Hendrix in dieser rhythmisch aufgeladenen Nummer, die gut gealtert ist und auch heute noch Party-tauglich.

12. Angel (1971)

Bereits 1967 hatte Jimi Hendrix mit dieser Ballade experimentiert, in seiner heute bekannten Fassung aufgenommen hat er ihn erst kurz vor seinem Tod. Der Musiker sagte in einem Interview, ein Traum über seine Mutter habe ihn zu dem Text inspiriert. Daraus spricht eine Sehnsucht nach Erlösung, die in Hendrix’ Schaffen regelmäßig wiederkehrt.

13. Machine Gun (1970)

„Band of Gypsies“, das letzte Album, das 1970 zu Hendrix‘ Lebzeiten erschien, markiert einen Wechsel: Die Jimi Hendrix Experience war zerbrochen und der Gitarrist wandte sich mit dem Bassisten Billy Cox und dem Schlagzeuger und Sänger Buddy Miles stärker der afroamerikanischen Musik zu. Rhythm & Blues, Soul und Rock mischten sich da auf ein unerhörte Art, heute gilt die Platte als visionäre Geburtsstunde des Funk Rock. Den Protestsong „Machine Gun“ schrieb Jimi Hendrix als Kommentar zum Vietnamkrieg, die zwölfeinhalb Live-Minuten zeigen Hendrix’ ganze Virtuosität.

14. The Stars That Play with Laughing Sam’s Dice (1967)

Dieser experimentelle Hippie-Psychedelic-Song erschien als B-Seite der Single „Burning of the Midnight Lamp“. Er verfügt nur über einen kurzen Gesangsteil und ist ansonsten ein ausgedehntes, wildes Gitarrensolo über Partyszenen mit Gästen im Studio, die singen, johlen und pfeifen. Der Legende nach soll Frank Zappa unter ihnen gewesen sein. ist. Der Song ist auch bekannt unter der Abkürzung „STP with LSD“, eine Anspielung auf die gleichnamigen halluzinogenen Drogen, die bei der Entstehung des Stücks möglicherweise eine Rolle gespielt haben könnten. Bei den beiden Songs dieser Single setzte Hendrix erstmals im Studio das Wah-Wah-Pedal ein, das für seinen Sound charakteristisch werden sollte.

Arte zeigt den Dokumentarfilm „Jimi Hendrix – „Hear My Train A Comin“ am 18. September um 21.40 Uhr, sowie am 03. Oktober um 6:05 Uhr.