Nach dem Aufstieg auf den Mount Everest: Peter Habeler (links) und Reinhold Messner. Foto: Screenshot/facebook.com/pg/Reinhold-Messner

Ärzte erklärten Reinhold Messner und Peter Habeler für verrückt: Ohne künstlichen Sauerstoff wollten die beiden Extrembergsteiger im Mai 1978 auf den 8848 Meter hohen Mount Everest. Ihr Aufstieg vor 40 Jahren erregte weltweit Aufsehen.

Bozen - Edmund Hillary gehörte zu den ersten, die gratulierten. Ohne künstlichen Sauerstoff hatten Reinhold Messner und Peter Habeler am 8. Mai 1978 den Gipfel des Mount Everest erreicht. Fast genau 25 Jahre nach der Erstbesteigung des mit 8848 Metern höchsten Berges der Welt durch Hillary und Tenzing Norgay setzten sie einen Meilenstein in der Geschichte des Bergsteigens.

„Es war kein Rekord. Es war eine Idee, die dann deckungsgleich umgesetzt wurde“, sagt Messner im Rückblick. Erfahrene Alpinisten hatten dem Plan wenig Aussicht auf Erfolg eingeräumt. Ärzte warnten, ein Mensch könne in dieser Höhe nicht ohne künstlichen Sauerstoff überleben, ohne Schaden zu nehmen.

„Der Berg wird in Seile und Ketten gelegt“

Heute würde ihn der höchste Berg der Welt nicht mehr reizen. „Natürlich könnte ich noch auf den Everest steigen – auf der Piste, die inzwischen präpariert wird, mit Sauerstoffgerät und Ärzten, die mich betreuen. Aber das wäre mir dann peinlich“, sagt der 73-Jährige. „Den Everest, wie Hillary ihn bestiegen hat, gibt es heute nicht mehr. Es ist gleiche Berg, aber der Berg wird in Seile und Ketten gelegt.“

Am 8. Mai 1978 um 13 Uhr krochen Messner und Habeler die letzten Meter zum Gipfel. Sie hatten geschafft, was kaum jemand für möglich hielt. „Trotzdem war in mir kein Triumph, sondern eher ein Gefühl der Leere“, schreibt Habeler in seinem Buch „Das Ziel ist der Gipfel“.

Von Hochgefühl keine Spur. „Ich wollte hinunter, nur noch hinunter.“ Ähnlich ging es Messner. Vor allem Habeler hatten beim Aufstieg immer wieder Ängste und Zweifel geplagt. Er war wenige Monate zuvor Vater geworden.

Mount Everest, Mai 1978

Bergkameraden

Messner und Habeler hatten Ende der 1960er Jahre begonnen, große Wände schnell mit geringem Aufwand zu durchklettern. Sie prägten den Alpinstil – einer Variante des Höhenbergsteigens, bei der die gesamte Begehung ähnlich wie in den Alpen durchgeführt wird.

Selbst die 14 Achttausendern werden als kleine Seilschaft, ohne fremde Hilfe durch Träger, ohne zuvor präparierte Route und in einem Zug vom Basislager bis zum Gipfel und zurück bestiegen.

In neun Stunden durchstiegen sie 1974 die Eiger Nordwand – frühere Seilschaften biwakierten dort eine Nacht. Klassische Expeditionen erklommen die höchsten Berge damals mit vielen Trägern, Lagern und Fixseilen. Messner und Habeler starteten mit so wenig Ausrüstung wie möglich.

Allein am Berg

So erreichte Messner 1978 als Erster allein den Nanga Parbat, zwei Jahre – am 20 August 1980 – danach im Alleingang auch den Everest. Er war der Erste, der drei Achttausender in einem Jahr erklomm, und der Erste, der alle 14 Achttausender der Welt schaffte.

Die Alleinbegehung des Berges im Alpinstil gilt als größte bergsteigerische Leistung am Everest. Ohne Fremdhilfe, ohne vorher präparierte Route und in einem Zug vom Basislager zum Gipfel erklomm der damals 36-jährige Messner die 3500 Höhenmeter.

Für seine Solobesteigung wählte er die Nordroute, querte oberhalb des Nordsattels in die Norton Couloir, eine Steilschlucht in der Nordwand, die bis 150 Meter unter den Gipfel führt. „Allein am Berg. Es gab keine Spur, kein Zelt, kein Fixseil. Ich war am Ende unendlich weit weg von der Sicherheit“, erinnert er sich. „Ich hatte ganz oben immerzu Angst, dass meine Spur verweht, war ich doch beim Abstieg auf die Spur angewiesen – sonst hätte ich mich da oben verloren.“

Fünf Tage dauerte sein Alleingang hin und zurück. Mehr als 7000 Höhenmeter überwand er. „Das ist eine lange Zeit. Im Unterbewusstsein ist das wie ein Monat.“

Ruhestand

Mit fast 75 zieht sich Reinhold Messner langsam aus der Betriebsamkeit zurück. Seine Stiftung, mit der er gerade eine vom Erdbeben zerstörte Klinik in Nepal neu baute, will er auflösen. Er plane noch ein Museum in Nepal und eines im Kaukasus, ein Auftrag der georgischen Regierung. Sein Museum in Südtirol habe er seiner Tochter übergeben. Es seien „erste Schritte des Zurückziehens“. Messner: „Ich will nicht mehr müssen.“