Anfang des Jahres 2020 sollen die Bestandsgebäude an der Stuttgarter Straße der Abrissbirne zum Opfer fallen. Entstehen wird dann Einzelhandel mit dem Vollsortimenter Rewe. Darüber werden Wohnungen und Arztpraxen gebaut. Ende 2021 soll der Komplex fertig sein Foto: IGC

Für die Ansiedlung des Einzelhändlers verkauft die Stadt Korntal-Münchingen ihr Areal an der Stuttgarter Straße und Kronenstraße. Der Komplex fällt nun deutlich kleiner aus als ursprünglich vom Investor geplant.

Korntal-Münchingen - Jetzt ist es noch eine reine Formsache, die aber bis zum Jahresende über die Bühne gegangen sein muss: Die Stadt Korntal-Münchingen verkauft ihr Areal an der Stuttgarter Straße und Kronenstraße im Ortsteil Münchingen an die IGC Wohnbau aus Ostfildern. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Für die Bürger bedeutet das: Sie bekommen den lang ersehnten Vollsortimenter und können von Ende 2021 an im Rewe-Markt einkaufen. Die Bestandsgebäude sollen dafür im ersten Quartal 2020 weichen. Die Stadtverwaltung wird nun auch den Bebauungsplan vorbereiten.

Kein eigenständiger Drogeriemarkt

Rewe wird auf einer rund 1600 Quadratmeter großen Nettoverkaufsfläche einziehen. Auf einem Viertel davon will das Einzelhandels-Unternehmen ein erweitertes Sortiment an Drogerieartikeln anbieten. Über dem Supermarkt im Erdgeschoss entstehen Wohnungen und Arztpraxen. Parken können Kunden und Patienten in einer Tiefgarage, die sich über zwei Etagen erstreckt. An der Stuttgarter Straße soll es zusätzliche Stellplätze geben.

„Mit Rewe stehen wir hinsichtlich des Mietvertrags in regem Austausch“, sagt der Projektleiter bei der IGC, Alexander Pilgrim. Der Mietvertrag werde bis zum Sommer abgeschlossen sein. Über die Zahl der Wohnungen kann Pilgrim indes noch keine exakten Angaben machen. Ebenso wenig zu den Preisen pro Quadratmeter. „Sie werden sich im mittleren Segment bewegen.“ Da auch die Wohnungen bis Mitte oder Ende 2021 fertiggestellt sein sollen, müsse man bei den Preisen aber auch die Kostenentwicklung im Bausektor berücksichtigen. Offen ist zudem, welcher Bäcker im Bereich vor den Rewe-Kassen eine Filiale betreiben wird.

Diskussion um bezahlbaren Wohnraum

Bezahlbaren, also günstigen Wohnraum muss die IGC nicht schaffen. Dies ist an sich bei größeren Bauprojekten Pflicht, weshalb die SPD in einem Antrag forderte, dass die Regel auch für die IGC gelten solle – anstatt sie davon freizustellen. Auch die Grünen stimmten dafür. Der Korntal-Münchinger Bürgermeister Joachim Wolf (parteilos) begründete die Freistellung unter anderem damit, dass die IGC unter anderen Voraussetzungen ihre Kalkulation gemacht habe.

Alexander Pilgrim ist nach eigenen Angaben „mit der Thematik des bezahlbaren Wohnraums“ erst vor der Gemeinderatssitzung erstmalig konfrontiert worden. „Wir haben den Aspekt in der gesamten Planungsphase und den damit verbundenen Projektkalkulationen deshalb auch nicht in Betracht gezogen“, sagt er. Durch Mehrkosten aufgrund einer zweiten Tiefgaragenebene sei dies „wirtschaftlich nicht darstellbar“.

Bedenken wegen Größe bleiben

Der Agendagruppe „Lebenswertes Münchingen“ kommt der Entschluss gegen das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum gar gelegen. In einer E-Mail habe man alle Räte darum gebeten, nicht nur dem Vorschlag der Verwaltung zu folgen, sich für die niedrigste Bauweise auszusprechen, sondern auch auf „etwaige Gedankengänge über bezahlbaren Wohnraum an dieser Stelle zu verzichten“, sagt die Sprecherin Ursula Schill. Andernfalls würde dies „unweigerlich zu einer höheren Bauweise führen – auf Kosten des Ortsbildes und der gegenüberliegenden Nachbarschaft“. Selbst die jetzt beschlossene Gebäudehöhe sei „immer noch gewaltig“ und überrage das höchste Haus – die Volksbank – bei Weitem, sagt Schill. Aber: „Wenn wir einen Vollsortimenter wollen – und das tun wir definitiv, müssen wir diese Planung akzeptieren. Und das tun wir.“

Investor speckte Pläne ab

Letztlich stimmten alle Gemeinderäte für die Variante eins der IGC: Dieser Entwurf sieht über Rewe vier Gebäuderiegel mit je zwei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss vor. Im ersten Entwurf hatte die IGC insgesamt fünf Geschosse geplant. Das bereitete Gemeinderäten wie vielen Bürgern von Anfang an Bauchweh: Zu massiv fanden sie solch einen Komplex.

Laut Ursula Schill bevorzugten viele im Ort den Entwurf des Büros Geiger. Doch nur das Bewerberduo IGC und Architekt Hansjörg Ludmann (Leonberg) – insgesamt gab es drei Bewerber – schaffte es, das 1200 Quadratmeter große Eckgrundstück mit dem Kronenstüble zu kaufen und so in die Baupläne einzubeziehen. Dagegen hatte sich die Stadtverwaltung jahrelang vergeblich darum bemüht, jenes Areal zusätzlich zur städtischen Fläche zu erwerben. So wollte sie Investoren mehr bieten als nur 3100 Quadratmeter Projektfläche.