Friedrichshafens Protopsaltis (l) schmettert an Pujol (M) und Vigrass von den Berlin Volleys vorbei. Foto: dpa

Volleyball-Bundesligist VfB Friedrichshafen gehört zu den besten sechs Clubs in Europa. Und vielleicht geht sogar noch mehr.

Friedrichshafen - Es ist nicht so, dass sich die Berliner Volleyballer irgendetwas vorwerfen müssten. Sie haben spielerisch überzeugt, gekämpft, alles aus sich herausgeholt – so wie beim Stand von 23:24 im zweiten Satz. Robert Kromm (2,12 m) und Paul Carroll (2,06 m) setzten wie zwei Hürdensprinter über die LED-Bande, den Ball erreichten sie allerdings trotzdem nicht mehr. Der zweite Durchgang war weg, und damit auch die Chance, es in der Champions League doch noch irgendwie in die Runde der besten sechs Vereine zu schaffen. Denn nach dem 2:3 im Hinspiel hätten die Berliner nun beim VfB Friedrichshafen erst das Spiel und dann noch den Golden Set gewinnen müssen. Vier Sätze in Serie gegen eine Mannschaft, die in dieser Saison 34 Siege in 34 Spielen geholt hat? Die vor Selbstbewusstsein strotzt, eine verschworene Einheit ist, kaum Fehler macht, gelenkt wird vom überragenden Zuspieler Simon Tischer, in Vital Heynen einen der besten Trainer der Welt an der Seite stehen hat? Die Berliner wussten, dass dies nicht möglich sein würde. „Der Gegner“, sagte BR-Manager Kaweh Niroomand, „war einfach besser als wir.“ Wieder mal.

Der VfB bringt seit einem halben Jahr alle Kontrahenten zum Verzweifeln. Egal ob in Meisterschaft, Pokal, Supercup oder Champions League – die Friedrichshafener sind ungeschlagen. Und in Feierlaune. Nach dem Triumph im Duell der deutschen Giganten sangen 3200 begeisterte Fans den Gassenhauer „Die Fischerin vom Bodensee“, danach tanzte David Sossenheimer mit Athanasios Protopsaltis Sirtaki, und sie wirkten dabei so leichtfüßig wie zuvor in Annahme und Abwehr, als sie zusammen mit Libero Markus Steuerwald einen Berliner Angriff nach dem anderen pariert hatten. „Der VfB“, meinte Niromaand und schaute, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen, , „stand einfach viel stabiler.“

Weshalb sich nach der Demonstration der Stärke beim 25:19, 25:23, 25:22 vor allem eine Frage stellte: Was ist für die aktuell erfolgreichste Mannschaft des deutschen Sports in dieser Saison noch möglich? Womöglich sogar alles? Auf die Antwort ist auch Vital Heynen gespannt. „Wir sind gut, das weiß ich“, sagte der VfB-Coach, „aber ich weiß nicht, wie gut wir sind.“

Die Suche nach der eigenen Grenze geht weiter. Außerhalb Deutschlands, denn kaum jemand zweifelt daran, dass die Friedrichshafener nach dem Supercup und dem Pokal in den anstehenden Play-offs auch den DM-Titel holen werden. Die großen Herausforderungen warten in der Champions League. Zunächst geht es gegen Zaksa Kedzierzyn Kozle um den Einzug ins Final-4-Turnier Mitte Mai (für das Gastgeber und Titelverteidiger VK Zenit Kazan/Russland gesetzt ist). Heynen, im Nebenjob Nationaltrainer in Polen, trifft in diesem Viertelfinale auf einen Großteil seiner Landesauswahl. Sorgen macht ihm das nicht. „Es war beeindruckend, wie mein junges Team trotz der großen nervlichen Belastung die Berliner im Griff hatte“, meinte der Trainer, „jetzt wollen wir in der Champions League auch ins Final-4 einziehen und uns mit den ganz Großen messen. Vielleicht hauen sie uns weg. Vielleicht aber auch nicht.“

Zumindest wäre es keine Überraschung, wenn die Friedrichshafener selbst mit den Besten der Besten mithalten könnten. Als sie gegen Berlin den ersten Fehler machten, lief bereits der zweite Satz. „Bis dahin war es eine perfekte Leistung“, lobte Heynen, dessen Philosophie auf der Vermeidung eigener Fehler basiert, „wir haben nun 34 Spiele super Volleyball gezeigt. Unser Ziel ist, dies auch im 35. Spiel zu schaffen, und natürlich auch noch im 40. Spiel.“ Was zwangsläufig wieder zur Frage nach dem Limit führt. „Irgendwann stößt jedes Team an seine Grenze, selbstverständlich gilt das auch für uns“, sagte Heynen, um mit einem Lächeln hinzuzufügen: „Im besten Fall ist die Saison dann vorbei. Und wir haben alle Spiele gewonnen.“