Susan Bense, die Leiterin des Bewegungszentrums Loop, und Jan Jalowietzki. Foto: Eva Herschmann

Der 21-jährige Jan Jalowietzki spielt seit 2016 beim SV Fellbach in der zweiten Bundesliga Volleyball. Der Hobby-Angler ist zugleich der erste Auszubildende zum Sport- und Fitnesskaufmann im vereinseigenen Loop.

Fellbach - Wer Jan Jalowietzki auf dem Spielfeld erlebt, kann kaum glauben, dass der junge Mann das Angeln als Hobby hat. Wenn es für sein Team, die Zweitliga-Volleyballer des SV Fellbach, um Punkte und Siege geht, ist er laut, extrovertiert und für jeden Spaß zu haben. „Ich bin dann immer völlig aufgedreht, mache Show und unterhalte das Publikum.“ Kaum vorstellbar, dass der Lebhafte stundenlang nahezu regungslos am Neckarufer sitzt und darauf wartet, dass ein Fisch, bevorzugt ein Raubfisch, etwa ein Hecht, anbeißt. „Ich brauche die Natur zum Herunterkommen, es ist mein Ausgleich zum Sport und zum Alltag, und ich bin außerdem auch mal ganz gerne alleine und denke nach“, sagt Jan Jalowietzki, der acht Stunden lang am Wasser sitzen und die Ruhe genießen kann.

Nach einem Jahr beim Ligakonkurrenten GSVE Delitzsch wechselte er zum SVF

Jan Jalowietzki, der die Fachhochschulreife hat, ist der erste Auszubildende zum Sport- und Fitnesskaufmann im vereinseigenen Bewegungszentrum Loop. Seit 2016 ist er dort beschäftigt, kümmert sich um Fitnesstreibende im Balance, um den Nachwuchs, der in der Bewegungslandschaft tobt, aber auch um Schreibkram im Büro – und besucht die Kaufmännische Schule in Stuttgart. „Ich hatte total Glück mit dem Ausbildungsplatz, die Atmosphäre ist sehr familiär. Es macht einfach total Spaß.“ Bei den obligatorischen Wochenendschichten, die jeder Trainer im Loop machen muss, nimmt Susan Bense, die Leiterin des Bewegungszentrums, Rücksicht darauf, wann und wo Jan Jalowietzki mit dem SVF aufschlägt.

An diesem Freitag wird Jan Jalowietzki 22 Jahre alt. Der Außenangreifer aus der Talentschmiede in Friedrichshafen wirkt indes reifer. Das liegt vielleicht daran, dass der 1,93 Meter große Sportler bereits mit 19 Jahren sein Elternhaus am Bodensee verließ, um seinen eigenen Weg zu gehen. Nach einem Jahr beim Ligakonkurrenten GSVE Delitzsch wechselte er zum SVF, wo man ihm nicht nur sportlich, sondern auch beruflich eine Perspektive angeboten hat.

Jan Jalowietzki ist mit Volleyball aufgewachsen. „Viele sagen, ich bin mit dem Ball in der Hand geboren“, sagt der 21-Jährige. Sein Vater Bogdan Jalowietzki war einst Kapitän des VfB Friedrichshafen, siebenmal deutscher Meister und neunmal Pokalsieger. Seit sieben Jahren ist der 50-Jährige Co-Trainer der Volley Youngstars Friedrichshafen – und hatte drei Jahre auch seinen Sprössling unter seiner Obhut. „Aber ich wurde von ihm nie zum Volleyball getrieben, und ich habe erst einmal alles Mögliche ausprobiert“, sagt Jan Jalowietzki. Bis zur E-Jugend stand er im Fußballtor des TSV Eriskirch. Auch Leichtathletik hat er eine Zeit lang ausprobiert. „Weitwurf und Weitsprung haben mir gut gefallen, aber Joggen ist gar nicht mein Ding.“

Im ersten Heimspiel für den SV Fellbach in der Saison 2016/2017 gegen die TG Rüsselsheim II hatte Jan Jalowietzki allerdings die Hosen gestrichen voll

Also landete der Bewegungsmensch schließlich doch beim Volleyball und sagt jetzt: „Es ist die pure Leidenschaft.“ Den Vergleich mit seinem Vater mag er aber gar nicht. „Natürlich öffnet mir mein Name Türen in der Volleyballszene, aber dadurch, dass mein Vater so viel erreicht hat, stehe ich schon unter Druck. Und außerdem bin ich komplett anders als er, auch wenn er genauso gerne angelt wie ich.“

Im ersten Heimspiel für den SV Fellbach in der Saison 2016/2017 gegen die TG Rüsselsheim II hatte Jan Jalowietzki allerdings die Hosen gestrichen voll. „Ich wurde mit so viel Vorschusslorbeeren hier empfangen, da hatte ich dann echt Muffe, und mir ist tatsächlich nicht viel geglückt. Wir haben zwar mit 3:1 gewonnen, aber ich war mit meiner Leistung gar nicht zufrieden.“ Beim ersten Aufschlag hatte er weiche Beine, zitterte den Ball aber irgendwie ins gegnerische Feld. Mittlerweile ist die Nervosität weniger geworden, der Spaß auf dem Spielfeld dafür umso größer.

Jan Jalowietzki wird die Angel auswerfen und nach neuen Ufern Ausschau halten

Seinen Geburtstag am Freitag will der angelnde Volleyballer ganz gemütlich angehen. Seine Eltern werden nach Oeffingen kommen, wo Jan Jalowietzki ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft hat. „Am Abend werden wir gemeinsam essen gehen, und am Samstagabend sind sie beim Heimspiel dabei.“ Bogdan und Sabine Jalowietzki hoffen in der Gäuäckerhalle I natürlich auf einen Sieg der Fellbacher gegen den früheren Verein ihres Sohnes, den GSVE Delitzsch. Sein Vertrag beim SVF endet gleichzeitig mit dem Ausbildungsvertrag. Danach ist alles offen. „Wenn ich ein gutes Angebot bekomme, kann es sein, dass ich wechsle. Aber ich könnte mir auch vorstellen, in Fellbach zu bleiben.“ Seinen Ausbildungsplatz, den er im Juni nach den Prüfungen freiräumen wird, wird im Herbst ein anderer besetzen. „Wir suchen einen Nachfolger“, sagt Udo Wente, der SVF-Geschäftsführer.

Jan Jalowietzki wird die Angel auswerfen und nach neuen Ufern Ausschau halten. Stolz erzählt er von seinem bisher dicksten Fang, einem 82 Zentimeter großen Zander, den er aus der Schussen gezogen hat. „Die Angler haben eine ruhige Mentalität, das liegt mir“, sagt Jan Jalowietzki. Kaum einer würde das glauben, wenn er den aufgedrehten Außenangreifer auf dem Spielfeld sieht.