Wenn der Hahnentanz beginnt, steckt tatsächlich ein Vogel in dem Käfig auf dem Galgen. Darunter wetteifern die Tanzpaare. Foto: privat

Beim diesjährigen Volkstanzfestival in Süßen werden neben der Volkstanzgruppe des Schwäbischen Albvereins auch Folkloregruppen aus Lettland und Paraguay erwartet.

Süßen - Dieser Vogel ist begehrt. Beim Internationalen Hahnentanzfestival in Süßen treten am heutigen Mittwoch von 19.30 Uhr an neben Tänzern der Volkstanzgruppe des örtlichen Schwäbischen Albvereins auch Tänzerinnen und Tänzer aus Lettland und Paraguay an. Das Siegerpaar gewinnt einen lebendigen Hahn.

Seit 30 Jahren pflegt die Volkstanzgruppe Süßen internationale Kontakte zu traditionellen Tanzgruppen aus aller Welt. „Wir sind jedes Jahr im Ausland unterwegs“, erklärt Doris Mayer, die Vorsitzende der Volkstanzgruppe des Schwäbischen Albvereins Süßen. Dieses Jahr gehe es noch nach Portugal. Außerdem würden regelmäßig Volkstanzgruppen aus dem Ausland empfangen.

Der Hahnentanz steht im Mittelpunkt des Festivals

Den Kontakt zu der 30-köpfigen Gruppe aus Lettland habe ein Vereinsmitglied hergestellt. Die Tanzgruppe aus Paraguay hat mit ihren 26 Mitgliedern den Weg nach Süßen über eine offizielle Festivalausschreibung der internationalen Vereinigung der Volkstanzgruppen gefunden. Neben den traditionellen Tänzen der jeweiligen Gastländer sowie örtlicher Volkstänze steht der Wettbewerb um den Hahn im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Wer gewinnt den Vogel? Zunächst tanzen die Paare unter einer Holzkonstruktion in Form eines Galgens hindurch, auf dem der Preishahn in einem Käfig steht. Vom Galgen hängt ein Wasserglas herunter. Die Tanzenden müssen das Wasserglas umstoßen, möglichst ohne dabei nass zu werden. Zuerst ist das Mädchen mit dieser Aufgabe an der Reihe, dann der Junge. Eine Jury bewertet den Vorgang und kürt am Ende das Gewinnerpaar. Es haben sich bereits 16 Paare zum Wettbewerb angemeldet.

Der Süßener Heimatdichter beschreibt den Brauch in einem Gedicht von 1881

„Wir pflegen die alten Bräuche“, erklärt die Vorsitzende der Volkstanzgruppe Mayer. Neben Naturpflege und dem Wandern sei die Heimatpflege eines der großen Ziele des Schwäbischen Albvereins. Der Tanz sei eine bäuerliche Tradition. „Der Hahnentanz wurde bei der Kirchweih oder bei Erntedankfesten wie der der Sichelhenkete getanzt“, berichtet sie. Er diente einst vor allem der Belustigung jener Menschen, die auf den oder im Umfeld der Bauernhöfe arbeiteten. Dass der Hahnentanz im Göppinger Raum als Erntetanz einst begangen wurde, sei unter anderem in einem Gedicht des Süßener Heimatdichters Johann Georg Fischer (1818-1897) überliefert. Irgendwann sei der Brauch aber verloren gegangen, so Mayer.

In seinem 1881 veröffentlichen Idyll „Der glückliche Knecht“ geht Fischer näher auf diesen Tanz ein. So steht es auf der Homepage des Ortsverbandes des Schwäbischen Albvereins Süßen. „Der Hahnentanz in Großsüßen wurde alljährlich nach der Ernte, an einem Sonntagnachmittag, abgehalten“, schreiben die Albvereinler. Die beschriebene Atmosphäre erinnert an ein Volksfest: „Spielleute spielten zum Tanz auf. In einer Krämerbude gab es Wein, Fleisch und mürbe Kuchen.“

Vor fast vierzig Jahren begann man, fast vergessene Traditionen neu zu beleben

Im Jahr 1980 wurde die in Vergessenheit geratene Tradition neu belebt. Seitdem wird der Süßener Hahnentanz wieder jedes Jahr vom dortigen Schwäbischen Albverein veranstaltet.

Dem siegreichen Paar wird der Hahn als Preis überreicht. „Wir haben auch schon einen lebendigen Hahn mit dem Bus nach Litauen geschickt“, berichtet Mayer. Sollte das Siegerpaar aber keine Verwendung für das Tier haben, gebe es auch die Möglichkeit, den Hahn in die Obhut eines örtlichen Landwirts zu geben, erklärt sie. Diese Option werde im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten inzwischen von vielen gewählt. Den meisten sei heute der Tanz wichtiger als der Vogel.

Das Volkstanzfestival beginnt am Mittwoch um 19.30 Uhr. Es findet erstmals in der neuen Kulturhalle in Süßen, Sommerauweg 11, statt. Der Eintritt kostet zwölf Euro an der Abendkasse und zehn Euro im Vorverkauf. Mit Pause dauert die Veranstaltung Mayer zufolge zwischen zwei und zweieinhalb Stunden.