Im Dirndl werden Maßkrüge in Stuttgart an die Biertische gebracht, wie hier auf dem Skybeach. Zum eigentlichen Wasenstart am Freitag kommen weitere Volksfeste im Miniformat hinzu. Foto: Lichtgut - Ferdinando Iannone

Wasenstimmung ohne Wasen – geht das? Immer mehr Wirte bieten in Stuttgart Ersatz für das gestrichene Volksfest an und versprechen, die Corona-Regeln strikt einzuhalten. Ärzte mahnen, bei steigenden Infektionszahlen vorsichtig zu sein.

Stuttgart - Am kommenden Freitag hätte OB Fritz Kuhn das erste Wasenfass anstechen sollen. Aus den bekannten Gründen wird nichts daraus. Ganz ohne Volksfeststimmung soll der Herbst in Stuttgart aber dennoch nicht bleiben. Nach dem Skybeach und dem Neckar Käpt’n, wo bereits Bierkrüge gestemmt werden und wo die Wasenhits laufen, folgen weitere Veranstaltungen für Gäste in Dirndl und Lederhosen. Immer mehr Wirte kündigen an, für einen Mini-Wasen zu sorgen. Auch im Corona-Jahr wird angezapft.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen wird die Rückkehr zur Normalität schwieriger. In München laden seit vergangenem Samstag, dem eigentlichen Wiesn-Start, etwa 50 Gaststätten zur „Wirthaus-Wiesn“ mit Wiesnbier, Hendl, Haxn und Musik. Die Gastronomen dort sagen, sie würden die Abstandsregeln einhalten und alle Corona-Gesetze befolgen. Doch Fotos in den sozialen Netzwerken zeigen, dass dies nicht immer stimmt. Wer Spaß beim Biertrinken hat, kommt sich schon mal näher, als dies in der Pandemie möglich ist.

Festwirt Michael Wilhelmer feiert gleich an drei Orten

Ärzte und Virologen warnen davor, dass man die erreichten Erfolge in der Abwehr der Infektion nicht aufs Spiel setzen sollte. „Wenn es jetzt beim Ersatz-Wasen zu vermehrten Ansteckungen kommt, wird auch der Stuttgarter Weihnachtsmarkt endgültig ausfallen“, ist zu hören. Die Wirte brauchen beim Volksfest im Mini-Format also nicht nur gute Köche und gute Bierzapfer, sondern auch gute Sicherheitskräfte, die aufpassen, dass nichts aus den Fugen gerät.

Zur „Kleinen Schwabenwelt“ lädt Volksfestwirt Michael Wilhelmer in seine Lokale Schlachthof, Stäffele und Amici - mit Trachten, Holzhütten und Lauben. Seine Kollegin Sonja Merz hat in ihrem Biergarten im Schlossgarten eine Almhütte aufgebaut und mit einem teurer Luftreiniger versehen, der die Virenlast auf fast Null reduzieren soll. Promiwirt Jörg Mink feiert mit seinem Business Club im Freien vor dem Schloss Solitude – aber nur, wenn das Wetter mitspielt. Frank Schäfer bittet in seiner Tauberquelle für Samstag zum Fassanstich.

Auch an der Kulturmeile gibt’s ein kleines Volksfest

Vom kommenden Freitag bis Sonntag, 11. Oktober, findet das „Tempus Volksfest“ statt, an der Kulturmeile direkt beim Haus der Geschichte, zwei Gehminuten vor der Staatsgalerie entfernt. Fassanstich ist am Freitagabend. „Beim Thema Tradition darf neben der Musik und dem Wasenflair eines natürlich nicht fehlen“, sagt der Wirt Tim Töpfer, „nämlich die Fruchtsäule.“ Die Autorin Heike Ellwanger und der Food-Blogger Zoltan Bagamery laden für Freitag zum „Wasen Opening“ auf dem Neckarfloß.

Selbstbedienung wird es nicht geben bei den Ersatz-Veranstaltungen zum Wasen. Die Gäste müssen an dem Tisch mit den Personen bleiben, mit denen sie gebucht haben. Kellnerinnen und Kellner mit Masken bringen die Maßkrüge. Lothar Müller, der Chef vom Skybeach, hat damit gute Erfahrungen gemacht, wie er nach dem Start am vergangenen Samstag berichtet. Wichtig sei es, dass man am frühen Abend aufhört und die Sache also nicht ausarten kann. Bei ihm kann man um 20.30 Uhr die letzte Bestellung (eine Maß kostet elf Euro) aufgeben.

Nicht alle Gäste waren zufrieden

Am ersten Tag auf dem Kaufhof-Dach beim Bahnhof waren jedoch nicht alle Gäste zufrieden, einige sprachen von „Abzocke“. Das Vesperbrett sei zu klein und überteuert, war zu hören. Lothar Müller spricht von „Kommunikationsproblemen“. Man könne sich das Brett auffüllen lassen und sich mit dem Wertgutschein für Bier (im Eintrittspreis sind drei Maßkrüge inklusive) auch Kässpätzle und Hähnchen bringen lassen. Er wolle nun dafür sorgen, dass es nicht mehr zu Missverständnissen kommt, verspricht Lothar Müller.