Faten Mustapha bringt Kindern zwischen sechs und zwölf Arabisch bei. Foto: Ines Rudel

In Nürtingen lernen Kinder an der Volkshochschule die arabische Hochsprache. Der Sprachkurs soll auch eine bessere Verständigung unter den Migranten aus dem Nahen Osten ermöglichen.

Nürtingen - Rund ein Dutzend Kinder haben im vergangenen halben Jahr an der Volkshochschule (VHS) Nürtingen (Kreis Esslingen) Arabisch gelernt. Unter der Anleitung von Faten Mustapha haben sich die Schülerinnen und Schüler im Alter von sechs bis zwölf Jahren das Alphabet angeeignet und sind nun in der Lage, kürzere Sätze zu lesen und zu schreiben. Der Kurs ist ausgebucht und wird als Erfolg bewertet. Im Februar beginnt deshalb ein neues Angebot.

„Soweit ich weiß, sind wir hier Pioniere mit diesem Sprachlehrgang für Kinder“, sagt Peter Sindlinger. „Nehmen Sie unsere deutsche Sprache“, vergleicht der Fachbereichsleiter Sprachen an der VHS. „Egal, ob jemand mit schwäbischem Dialekt spricht, mit bayerischem oder sächsischem, die Leute verstehen sich untereinander in der Regel trotzdem.“ Dies sei im Arabischen nicht immer so. Dort gebe es viele Dialekte und eine Hochsprache. „Die Menschen verstehen teilweise ihre Dialekte untereinander nur schwer. Deshalb lernen alle die Hochsprache“. Diese sei auch nötig, um die Kultur, die Literatur und auch die Wissenschaft des jeweiligen Landes zu verstehen, erklärt Sindlinger. Auch im Radio und Fernsehen dominiere die Hochsprache. Arabisch sei eine „Zweisprachigkeit“ von Heimatsprache und Hochsprache. Der Fachbegriff heißt Diglossie, wie Sindlinger sagt.

Der Unterricht erfolgt auf Arabisch und Deutsch

Im Kurs von Faten Mustapha saßen auch vier Schüler aus dem Jemen. „Diesen Dialekt verstehe ich nur sehr schwer“, sagt Mustahpa. Und die Kinder hatten Probleme, sie zu verstehen. „Wir reden dann hauptsächlich Deutsch.“ Der Unterricht erfolgt auf Arabisch und Deutsch. Es werden Buchstaben mit Fäden gelegt, mit Knete nachgemacht und sogar mit Bohnen gesteckt, wie Faten Mustapha erklärt. „Wir schreiben natürlich auch, und die Kinder lesen viel. Dazu bekommen sie Hausaufgaben auf. Und wir schreiben auch Diktate“ – alles im arabischen Alphabet.

Die an der VHS als Honorarkraft eingestellte Faten Mustapha engagiert sich vielfältig in Nürtingen, etwa beim arabischen Frauentreff und im Dolmetscher-Pool. Die Physiotherapeutin kommt aus dem Libanon und lebt seit circa 16 Jahren in der Hölderlinstadt. Laut Sindlinger folgt der Arabischkurs für Kinder dem Vorbild des muttersprachlichen Unterrichts, der Ende der 70er Jahre in Deutschland eingeführt wurde. Damals erhielten die Kinder von Einwanderern die Chance, die Sprache und Kultur ihres Landes zu erlernen. Meist waren es Schulen für griechische, jugoslawische oder italienische Kinder und Jugendliche.

In Deutschland wird Arabisch hauptsächlich in Moscheen gelehrt

Die Nachfrage dieser Schulform ist Sindlinger zufolge nach und nach aber zurückgegangen. Hingegen stieg die Nachfrage in Nürtingen für eine arabische Unterrichtseinheit mit der Zuwanderung der vergangenen Jahre an. „Die Signale kamen hauptsächlich aus Familien von Geflüchteten oder Zugewanderten“, erklärt Sarah Schmidt vom Integrationsbüro der Stadt Nürtingen. Bei Peter Sindlinger rannte sie offene Türen ein. „In Deutschland wird Arabisch hauptsächlich in Moscheen gelehrt“, sagt der Fachbereichsleiter. Durch die VHS hätten nun auch Kinder von Geflüchteten, die dem Christentum nahestünden, die Möglichkeit, die arabische Hochsprache zu lernen.