Kommt er doch noch in Form? Bislang hat Gonzalo Castro beim VfB Stuttgart eher enttäuscht. Foto: Baumann

Er wurde als Verstärkung für den VfB Stuttgart angepriesen und empfangen, doch dann lief bei Gonzalo Castro rein gar nichts zusammen. Das könnte sich nun doch noch ändern – auf Kosten eines anderen Routiniers.

Stuttgart - Es ist ja nicht so, dass man bei all den Siegen des VfB Stuttgart in dieser Saison den Überblick verlieren könnte. Ganz im Gegenteil: Erst viermal gab es dieses Erfolgserlebnis – weshalb man sich an jedes einzelne davon noch recht genau erinnert.

Da war das glückliche 2:1 gegen Hertha BSC, da war das hart erkämpfte 1:0 gegen den FC Augsburg, da war das erlösende 2:0 in Nürnberg – und zuallererst war da das 2:1 gegen Werder Bremen. Als am 29. September 2018 viele dachten: Das kann ja doch noch was werden in dieser Spielzeit. Mit dem VfB Stuttgart. Und mit Gonzalo Castro, dem damaligen Siegtorschützen.

So kann man sich täuschen. Oder etwa doch nicht?

Eine Saison zum Verzweifeln

Fakt ist: Seit diesem 2:1-Erfolg im Heimspiel gegen den SV Werder hat sich die sportliche Lage beim VfB Stuttgart verschärft. Es folgten eine Niederlage in Hannover, der Trainerwechsel von Tayfun Korkut zu Markus Weinzierl, elf weitere Niederlagen und die Trennung von Sportvorstand Michael Reschke. Im tabellarischen Zwischenergebnis nach 22 Spieltagen bedeutet das Rang 16 – und akute Abstiegsgefahr. Weil es zuletzt im Spiel gegen RB Leipzig (1:3) einige positive Ansätze gab, herrscht vor dem erneuten Duell mit Werder Bremen an diesem Freitag (20.30 Uhr) aber die Hoffnung, die Dinge in den restlichen zwölf Saisonspielen noch zum Guten zu wenden. Was auch mit Castro zu tun hat.

Alles rund um das Spiel des VfB in Bremen in unserem Spieltagsblog

Auch für den früheren Nationalspieler war es bisher eine Saison zum Verzweifeln – an sich selbst. Der 31-Jährige kam überhaupt nicht in Schwung, verlor schnell seinen Stammplatz und war meilenweit davon entfernt, die Verstärkung zu sein, als die er noch im Sommer 2018 vorgestellt wurde. Zu seinen 358 Bundesliga-Spielen kamen bisher nur 14 (nur zwei über 90 Minuten) dazu – doch könnte das letzte davon auch für den Deutschspanier Wende-Charakter haben. „Er hat seine Qualitäten eingebracht“, lobte am Mittwoch noch einmal Markus Weinzierl, der VfB-Trainer – und ergänzte: „Fußballerisch ist er einer unserer Besten.“ Der nun doch noch zu einem wichtigen Faktor im Kampf gegen den Absturz werden könnte.

Weinzierl kritisiert und lobt

Bevor Gonzalo Castro aber zu wohlig zumute wird, nannte der Chefcoach auch gleich noch das in seinen Augen größte Defizit des Mittelfeldspielers: seine mangelnde „defensive Stabilität“. Die in der Hinrunde verhinderte, dass Castro mehr war als ein Ergänzungsspieler. Zum Rückrundenbeginn versuchte Weinzierl Castro dann noch als Rechtsverteidiger, es folgten drei Partien ohne Einsatzzeit, bevor im Spiel gegen RB Leipzig das Konstrukt gefunden wurde, das dem bisherigen Sorgenkind zugutekommt.

Als zweiter Sechser neben Zweikämpfer Santiago Ascacibar und vor einer Dreier-Abwehrkette ist Castro nicht mehr zuvorderst verantwortlich dafür, im Spiel gegen den Ball das Zentrum zu schließen – sondern kann seinerseits spielerische Impulse für das eigene Spiel des VfB Stuttgart liefern. „Wir müssen im Zentrum spielstärker werden“, nannte Weinzierl rückblickend seine Anforderung an Castro, lobte dessen Pass- und Ballsicherheit sowie dessen Spielverlagerungen und resümierte: „Er hat ein ordentliches Spiel gemacht.“ Mit Blick auf das Auswärtsspiel in Bremen ergänzte der Trainer: „Es gibt keinen Grund, wieder alles zu hinterfragen.“ Was so viel bedeutet wie: Gonzalo Castro kann an der Weser mit einem erneuten Startelfeinsatz rechnen. Was für den Kapitän das Gegenteil bedeutet.

Einziges VfB-Tor gegen Werder Bremen

Christian Gentner musste sich am vergangenen Samstag erstmals in dieser Saison eine VfB-Partie komplett von der Bank aus anschauen. Weinzierl lobt den 33-Jährigen zwar nach wie vor als „unseren Kapitän“ und einen „sehr wichtigen Spieler“. In der kniffligen Lage des Clubs sei es aber auch „normal“, dass sich jedermann damit abfinden müsse, dass man auch „mal ein, zwei Spiele draußen sitzt“. Also gilt wohl vorerst: Castro drinnen, Gentner draußen – was übrigens statistische Auswirkungen hat.

Gentner war drauf und dran, den Kollegen nach Bundesliga-Einsätzen einzuholen. Der VfB-Kapitän kommt auf 369 Spiele, der frühere Leverkusener und Dortmunder auf 372. Das sind beeindruckende Zahlen – die aber erst einmal keine Bedeutung haben. Der VfB braucht Punkte, 3 wäre für den Anfang vom Endspurt eine ganz gute Ziffer. Und Werder Bremen ein guter Gegner. Zumindest für Gonzalo Castro.

Der hatte beim 2:1-Erfolg in der Hinrunde einen seiner seltenen lichten Momente im VfB-Trikot, sein Treffer sicherte seinerzeit den Sieg. Den ersten von vier. Aus Sicht des VfB müssen weitere folgen – auch wenn es dann ein wenig unübersichtlicher wird.