Der VfB-Trainer Tayfun Korkut dirigiert seine Mannschaft. Noch führt der Weg aber nicht nach oben. Foto: Baumann

Tayfun Korkut gerät beim VfB Stuttgart nach vier sieglosen Ligaspielen unter Druck. Doch der Trainer des Fußball-Bundesligisten bleibt sich vor dem Spiel am Mittwoch in Leipzig treu.

Stuttgart - Lässig steht er da. Die Hände in den Taschen der dunklen Hose. Und in diesem Moment kann man sich kaum vorstellen, dass Tayfun Korkut sie zu Fäusten geballt hat. Auch wenn die Aufregung um den Trainer des VfB Stuttgart zunimmt und die Fragen drängender werden. Wieder nicht gewonnen, seit vier Ligaspielen schon. Trotz des verstärkten Kaders und der guten Vorbereitung hat es selbst gegen den biederen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf nur dank des starken Torhüters Ron-Robert Zieler zu einem 0:0 gereicht. Wie, bitte, lässt sich das erklären?

Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Korkut weiß das. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle. Spieler, die sich noch nicht in Topform befinden; Abläufe, die noch nicht sitzen; Verunsicherung, die sich schneller als gedacht breit macht. „Diese Situation ist neu für uns“, sagt Korkut, „wir stecken in einer schwierigen Phase.“ Als er den VfB Ende Januar übernahm, hat der Fußballlehrer das Stuttgarter Gebilde umgehend gefestigt – und aus dieser Stabilität hat sich die zweitbeste Rückrundenmannschaft entwickelt.

Der Fluch der guten Tat

Nun bekommen die Stuttgart früh den Fluch dieser guten Taten aus der Vorsaison zu spüren. Die Erwartungen sind hoch, auch die eigenen. Und es zeigt sich, dass sich Korkuts Position in der Außenwahrnehmung rein über die Ergebnisse definiert. Als der 44-Jährige seinen Dienst auf dem Wasen antrat, fegte ein Sturm der Entrüstung über den VfB hinweg, ausgelöst von unzufriedenen Fans. Die guten Resultate anschließend brachten Ruhe und Hoffnung, aber jetzt rumort es wieder.

Eine Woche der Wahrheit wurde vor den anstehenden Begegnungen am Mittwoch (20.30 Uhr) bei RB Leipzig und anschließend gegen Werder Bremen am Samstag von manchem Kritiker ausgerufen. Am fünften und sechsten Spieltag der Bundesliga soll es also schon wieder um viel gehen, da sich auch nach internen Debatten der Fokus auf den Trainer richtet. Vier Punkte sollten es aus den Spielen zuvor beim SC Freiburg und gegen Fortuna Düsseldorf werden. Zwei sind es letztlich geworden, was den Druck erhöht. Schließlich nimmt die Tabelle bald schon feste Konturen an und die Stuttgarter laufen Gefahr, für die nächsten Wochen unten festzustecken.

„Das wird unseren Erwartungen nicht gerecht. Vor allem nicht beim Blick auf die Transfers, die getätigt wurden“, sagt Gonzalo Castro. Mehr als 30 Millionen Euro wurden investiert, ein Teil davon in den Mittelfeldspieler Castro, der das spielerische Niveau aber noch nicht heben konnte. Auch andere Zugänge suchen noch ihre Rolle in einer Mannschaft, die sich im Spätsommer 2018 anders präsentiert als im Frühjahr 2018. Zuvor war der VfB eine Einheit, die kompakt verteidigte und effektiv stürmte – ohne viele Wechsel. Jetzt präsentiert sich ein Team, das zwar über viele personelle Möglichkeiten verfügt, aber noch nach der taktischen und inneren Balance sucht.

„Ich erlebe den Trainer wie immer“, sagt aber der Manager Michael Reschke, „er ruht in sich.“ Korkut ist Korkut geblieben. Ein Mann, der vor und nach den Spielen nicht zu emotionalen Ausschlägen neigt. Weder im Erfolgs- noch im Misserfolgsfall, wie er selbst betont. Höflich und freundlich ist er wie immer. Ausgeglichen. Selbst am Morgen nach der Enttäuschung gegen die Fortunen, dabei war Korkut während der Begegnung noch äußerst angespannt durch die Coachingzone getigert.

Mehr Stürmer bringen nicht mehr Tore

Doch in seinen öffentlichen Äußerungen bleibt der frühere türkische Nationalspieler zurückhaltend. Er lässt sich nicht gerne in die Karten schauen – und er widmet sich lieber den Sachthemen, als sich mit pfeifenden Fans zu beschäftigen. Kleinigkeiten können für ihn entscheidend sein. An diesen Details lässt er auch wieder vor der Partie in Leipzig arbeiten.

Korkut sieht einen Gegner im Angriffsmodus auf sich zukommen. Er selbst will seine Elf ebenfalls mutig spielen lassen. Wobei das mit dem Mut so eine Sache ist. Erst wurde dem Chefcoach vorgeworfen, seine Anfangsaufstellungen seien zu sehr auf Sicherheit ausgerichtet. Nun mussten die Fans miterleben, wie Korkut mit Chadrac Akolo einen Angreifer mehr einbaute und zweimal zur Schlussoffensive blies. Allerdings hat sich dabei die Trainerthese bestätigt, das mehr Stürmer auf dem Platz nicht zwangsläufig mehr Tore bedeuten.

Vielmehr suchen die Stuttgarter noch den geordneten Weg nach vorne. Und klar ist, dass Korkut ein Trainer ist, der ein Spiel erst einmal kontrollieren will, ehe er ins Risiko geht. Entsprechend stellt er auf. Was dazu geführt hat, dass Christian Gentner im offensiven Mittelfeld zuletzt der dynamischste Akteur war und der Angreifer Mario Gomez beim Anlaufen des Gegners, um diesen früh beim Spielaufbau zu stören, Probleme hatte. Zwei 33-Jährige also, die ihre Stärken in anderen Bereichen haben. Doch die beiden Führungsspieler stehen beispielhaft dafür, dass der VfB noch nicht richtig abgemischt ist. Viel Zeit bleibt Korkut dafür aber nicht mehr.