Sportvorstand Robin Dutt will am bestehenden Personal auf der sportlichen Entscheider-Ebene festhalten Foto: dpa

Viele Fans wünschen sich, dass der neue Sportvorstand beim VfB Stuttgart keinen Stein auf dem anderen lässt. Doch dazu wird es nicht kommen. Robin Dutt geht den Umbau in kleinen Schritten an.

Stuttgart - Bei seiner Vorstellung hat Robin Dutt erst mal für unklare Verhältnisse gesorgt. „Der wichtigste Mann im Verein ist Huub Stevens“, erklärte der 49-Jährige und lachte, wohl wissend, dass er damit etwas aussprach, was man im Englischen als Fishing for Compliments bezeichnen würde. Er weiß, dass vielmehr richtig ist, was der Präsident Bernd Wahler sagt: „Die wichtigste Personalie ist der Vorstand Sport.“

Also Robin Dutt. Der Leonberger ist beim VfB angetreten, den darniederliegenden Bundesligisten aus seiner Identitätskrise zu befreien. Mit einem klaren Plan, einem modernen Konzept will er den e. V. von 1893 in ein zeitgemäßes Fußballunternehmen überführen.

Nur: Was genau verbirgt sich hinter der Dutt’schen Strategie? Bei seiner Vorstellung blieb vieles im Ungefähren. Er wolle die Bereiche Profisport, Nachwuchs und Scouting besser miteinander verzahnen, kündigte der Ex-Trainer lediglich an. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch nicht so beim VfB Stuttgart. Dutt muss erst mal Basisarbeit leisten. Nun, da er seinen Schreibtisch bezogen hat („Es geht zu wie im Taubenschlag“), zeichnen sich die ersten Veränderungen ab. Dabei steht eines jetzt schon fest: Der große Umstürzler ist Robin Dutt nicht. Er plant eher die sanfte Revolution.

Die sieht zunächst einmal keine personellen Neuerungen beim Tabellen-15. vor. Dutt ist der Chef im sportlichen Führungszirkel, an seiner Seite agiert Jochen Schneider und macht vor allem das, was auch schon unter Horst Heldt und Fredi Bobic zu seinen Hauptaufgaben zählte: die Ausgestaltung bei Spielertransfers. Cheftrainer Huub Stevens ist qua Amt in alle Entscheidungen miteingebunden; der sportliche Leiter im Nachwuchsbereich rückt näher an die drei Profi-Entscheider heran. Dutt: „Es soll künftig nicht mehr passieren, dass wir einen Rechtsverteidiger zehnmal beobachten, ehe Rainer Adrion zu uns kommt und sagt, dass wir so jemanden schon haben.“

Kein gutes Haar am Scouting

Was impliziert, dass es Fälle dieser Art in der Vergangenheit des Öfteren gegeben hat. Vor allem am Scouting wird intern kein gutes Haar gelassen. Als „völlig ineffizient“ werten Kritiker die Arbeit des Teams von Ralf Becker. „Statt erste Vorauswahlen am Computer zu treffen, fliegen unsere Scouts in der ganzen Welt umher und verursachen jede Menge Kosten. Und am Ende wird seit Jahren kaum mehr ein Spieler gekauft, der von ihnen empfohlen wird“, kritisiert einer. „Die hängen völlig in der Luft.“

Tatsächlich hat sich die Spielerbeobachtung andernorts stark in den virtuellen Raum verlagert. Wie beispielsweise beim FC Augsburg, der Traditionsvereinen wie dem VfB mittlerweile in vielerlei Hinsicht als Vorbild gilt. Dort sichtet ein Team von Studenten bis zu zehn Stunden am Tag am Computer infrage kommende Spieler. Sie erstatten Chefscout Stephan Schwarz (VfB-Vergangenheit als Spieler und Trainer) Bericht, der wiederum eine engere Auswahl für Manager Stefan Reuter ausarbeitet.

Ob das Modell zwangsläufig besser funktioniert? Die Scouts bei den Roten – neben Becker gehören dazu Markus Lösch, Ben Manga, Erwin Hadewicz und Marijan Kovacevic plus eine Reihe freier Mitarbeiter – wehren sich gegen den Vorwurf der Ineffizienz. Selbstverständlich würde auch in Stuttgart besagtes Computerprogramm genutzt. Doch darum gehe es gar nicht. Vielmehr habe man es in der Vergangenheit schlicht nicht geschafft, aus teils guten Transfers eine gute Mannschaft zusammenzustellen. Die Scouts schließen sich in die Fehlerkette mit ein. Selbsterkenntnis als erster Schritt zur Besserung.

Deshalb will Robin Dutt auch noch nicht den Stab über der Entdecker-Schmiede brechen. Über Ralf Becker sagt er: „Es liegt selten an einer Person, sondern meistens am System.“ Gemeinsam wollen sie erörtern, was alles besser werden soll. Die Kommunikation an erster Stelle. Dafür brauche es kein gemeinsames Büro, und „zu Tode meeten“ müsse man sich auch nicht, meint Dutt. „Der einfachste Weg ist immer noch, wenn der eine zum anderen geht und man miteinander spricht.“ Auch das eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Nur bisher offenbar nicht im roten Haus.