Pendler zwischen Ersatzbank und Stammelf: Der VfB-Linksverteidiger Cristian Molinaro. Klicken Sie sich durch die Bildergalerie. Foto: dapd

Cristian Molinaro ist die Wundertüte des VfB Stuttgart: Auf starke Spiele folgen schwache Auftritte und umgekehrt. Der Italiener sucht nach Abhilfe – und dem Ausweg aus einem Teufelskreis.

Stuttgart - Mit Emilio ist alles anders. Emilio ist viereinhalb Monate alt und der Sohn von Cristian Molinaro. Wenn der Italiener vom Training nach Hause kommt, dann geht ihm das Herz auf. Das liegt zum einen an Roberta, seiner Frau. Aber mindestens ebenso an Emilio. „Seit ich Papa bin, habe ich die beste Zeit meines Lebens. Wir erleben jeden Tag so viel Neues, so viele Emotionen. Mein Leben ist besser geworden, seit Emilio da ist“, sagt Molinaro.

Das gilt generell – und speziell nach verlorenen Spielen. „Mit Emilio gehen die düsteren Gedanken schneller weg, der Kleine hilft mir über Negativerlebnisse hinweg“, sagt der Linksverteidiger. Allerdings: Vertreiben kann der Junior diese Gedanken nicht, sie drängen sich beim Senior nur mit etwas Verzögerung ins Bewusstsein. Also auch der Gedanke, dass Molinaro (29) eigentlich besser ist als ein Pendler zwischen Ersatzbank und Stammelf, dass er in die Startelf gehört und eine feste Größe sein müsse. „Ich kenne mein Potenzial“, sagt er.

Nur abrufen müsste er es häufiger. Oder besser: konstanter. Zuletzt, beim 2:1 gegen Borussia Mönchengladbach, hatte er einen seiner guten Tage erwischt. Molinaro stand nach hinten sicher, drängte nach vorn und bereitete das 1:1 durch Martin Harnik vor. Das müsste der Normalfall sein, ist es aber nicht. Zuvor hatte er immer wieder Spiele abgeliefert, bei denen seine Flanken einen Streufaktor jenseits des Erträglichen hatten. Oder solche, in denen er dem Gegner Tür und Tor öffnete, im wahrsten Wortsinn. Also kann Trainer Bruno Labbadia auch jetzt nicht sicher sein, dass er alles richtig macht, wenn er im Europa-League-Spiel bei Steaua Bukarest an diesem Donnerstag (21.05 Uhr/Sky) wieder auf Molinaro und nicht auf die Alternative Arthur Boka setzt.

„Moli hat einen Vertrag bis 2014, mehr Vertrauen geht nicht“

Labbadia schwärmt von „einem Konkurrenzkampf, wie ich ihn mir vorstelle, bei dem man sich nur schwer für den einen oder den anderen entscheiden kann“. Für Molinaro ist diese Konstellation eine Qual. Mal rein ins Spiel, mal raus, das sei nichts für ihn, sagt Molinaro und geht seine Stationen als Profi durch: Salerno, Siena, Juventus Turin und anfangs beim VfB, zu dem er im Januar 2010 auf Leihbasis gekommen war – später wurde gegen eine Ablöse von vier Millionen Euro eine Festanstellung daraus. „Überall war ich gesetzt“, sagt Molinaro und folgert daraus: „Was ich jetzt brauche ist Spielpraxis. Dann kann ich mein Potenzial besser abrufen.“

Es wird wohl beim Wunsch bleiben. „Moli hat einen Vertrag bis 2014, mehr Vertrauen geht nicht“, findet Manager Fredi Bobic. Bruno Labbadia stimmt Molinaro sogar zu, wenn er sagt: „Er hat Qualität, aber er muss in Rhythmus kommen auf seiner Position.“ Das geht am besten durch regelmäßige Einsätze. Die verbaut sich Molinaro aber immer wieder durch seine mangelnde Beständigkeit. Ein Teufelskreis.

Biss allein genügt offenbar nicht. „Ich versuche, in jedem Training über die Grenze zu gehen, für mich ist jedes Training so wichtig wie ein Spiel“, sagt Molinaro. Körperlich sei er fit wie nie, dennoch reicht es nicht für einen Stammplatz. Den Gedanken an einen Wechsel verwirft er: „Das ist kein Thema“, sagt er mit fester Stimme, „beim VfB überwiegen die guten Zeiten. Wir fühlen uns wohl, unser Sohn ist in Stuttgart geboren, die Liga ist eine der stärksten in Europa – das Leben in Deutschland ist überragend.“ Nicht nur wegen seines Gehalts von geschätzt 2,2 Millionen Euro. Aber das Geld ist ein stärkeres Argument als seine Hoffnung, eines Tages in Italiens Nationalmannschaft zurückzukehren. In der Rückrunde der Saison 2010/11 hat er zwei Länderspiele absolviert, seither hat Trainer Cesare Prandelli ihn übergangen und jüngere Profis berufen. „Meine Chancen auf eine Einladung sind sehr gering“, sagt Molinaro, steigt ins Auto und braust heim. Emilio wartet. Er muss mal wieder düstere Gedanken vertreiben.

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