Voller Einsatz an der Seitenlinie: VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo Foto: Pressefoto Baumann

Beim 1:1 gegen Bayer Leverkusen startet der VfB ängstlich, steigert sich aber und verdient sich beim 1:1- Unentschieden einen Punkt. Sportchef Sven Mislintat lobt die „Mentalität des Underdogs“.

Stuttgart - Bloß keine Ehrfurcht zeigen! Dachte sich Roberto Massimo, als er an der Außenlinie von Karim Bellarabi zum verbalen Nahkampf gebeten wurde. Hier das Greenhorn mit seinen 19 Jahren in seinem dritten Bundesligaspiel, dort der alte Hase Bellarabi, reich an Erfahrung von 30 Lebensjahren und 198 Bundesligaeinsätzen. Der Leverkusener packte Massimo rotwürdig an der Nase und bot ihm die Stirn. Statt klein beizugeben hielt der Außenbahnspieler des VfB Stuttgart selbstbewusst dagegen. Am Ende bekamen beide die gelbe Karte. Das kleine Scharmützel mündete nach 76 Minuten in einen Freistoß durch Philipp Klement, den Sasa Kalajdzic zum 1:1-Ausgleich einköpfte. „Ich wollte eigentlich schon zur zweiten Stange laufen“, schilderte der Österreicher seinen Treffer ins Glück, „dann fliegt mir der Ball perfekt an den Kopf.“

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Damit hatte nicht nur Roberto Massimo den Leverkusenern die Stirn geboten – der Aufsteiger insgesamt hat sich gegen das mit Champions-League-Ambitionen gestartete Team aus dem Rheinland mehr als achtbar aus der Affäre gezogen. 1:1 (0:1) hieß es nach umkämpften 90 Minuten. Ein verdienter Punktgewinn für den Aufsteiger, der nach vier Punkten aus den ersten drei Spielen den Saisonstart als durchaus zufriedenstellend bewerten kann.

„Wir haben wieder einen tollen Charakter gezeigt“, lobte VfB-Coach Pellegrino Matarazzo. „Es war eine Frage des Willens, den Rückstand aufzuholen. Es freut mich, dass wir bis zum Schluss Gas gegeben haben.“ Bei Leverkusens Coach Peter Bosz regierte dagegen der Frust. „Wir haben heute schlecht gespielt. Trotzdem hätten wir gewinnen müssen,“ nörgelte der Niederländer.

In der Bundesliga werden die kleinsten Fehler bestraft

Dabei hatte es gar nicht gut für den VfB begonnen. Eigentlich wie immer in dieser noch jungen Saison. Ein kurz ausgeführter Eckball brachte die Defensive mit dem erstmals aufgebotenen Neuzugang Konstantinos Mavropanos aus der Ordnung. Ein hoher Ball, den Patrik Schick zwischen Mavropanos und Waldemar Anton hindurch zur Bayer-Führung einköpfte (7.). Wieder früh hinten, wieder nach einem Standard. Dabei hatte Matarazzo eine ganze Trainingswoche lang genau davor gewarnt. Doch in der Bundesliga werden eben die kleinsten Fehler bestraft. Oder wie der gelb-rot gesperrte Pascal Stenzel sagte: „So etwas lässt sich nur schwer verteidigen.“

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Genauso, wie es sich nur schwer gegen die früh attackierende Mannschaft von Peter Bosz anspielen ließ. Der VfB brachte in der ersten halben Stunde kaum etwas zustande. Keine Ruhe am Ball, kein Tempo im Umschaltspiel, keine Gefahr vor dem gegnerischen Tor. Zeitweise sah es nach einer Leverkusener Lehrstunde aus. „Wir haben zuviel Respekt gezeigt“, bemängelte Trainer Matarazzo.

Doch diesen VfB darf man nicht zu früh abschreiben. Peu à peu kämpften sich die Weiß-Roten in die Partie zurück. Vor allem die kurz nach der Halbzeitpause eingewechselten Massimo sowie Tanguy Coulibaly (für den mit Knieschmerzen, aber nicht ernsthaft verletzt ausgewechselten Silas Wamangituka) brachten Schwung und Aggressivität in die Partie. Auch wenn im Eifer manches Zuspiel danebenging – die Mannschaft macht ihren Fans wieder Spaß und verdient sich in der Bundesliga Respekt. Weshalb es aus Sicht des VfB fast schade war, dass nur 9500 der 12 000 verfügbaren Karten verkauft wurden. Corona wirkt offenbar weiter als Hemmschuh für den Stadionbesuch.

Jetzt geht es beruhigt in die Länderspielpause

Am Ende wurde die Elf für ihren couragierten Auftritt aber gefeiert wie nach einem Sieg. Sven Mislintat nahm die Glückwünsche zum Punktgewinn „gerne an. Wir haben die Mentalität eines Underdogs gezeigt und es für einen Aufsteiger sehr gut gemacht,“ sagte der Sportchef des VfB.

Mit einem beruhigenden Gefühl können sieben Profis des VfB Stuttgart sich nun auf Länderspielreise begeben. Darunter der dreifache Bundesligatorschütze Sasa Kalajdzic, der erstmals für sein Heimatland Österreich normiert worden war. In zwei Wochen folgt das Gastspiel bei Hertha BSC. Dann will der Aufsteiger auch in der Hauptstadt unter Beweis stellen, dass mit ihm wieder zu rechnen ist.

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