Duel auf Augenhöhe: VfB-Abwehrspieler Timo Baumgartl (li.) im Luftkampf gegen 96-Stürmer Martin Harnik Foto: Baumann

Starke erste Hälfte, weniger dominant nach der Pause – ergibt: ein 1:1 bei Hannover 96. Komplett zufrieden ist man beim VfB Stuttgart damit nicht.

Hannover - Wenn am Ende beide Seiten ein Tor auf dem Konto haben, wenn beide einen Punkt gutgeschrieben bekommen – dann ist es nicht immer leicht, das Geschehene mit Zufriedenheit zu bilanzieren. Und so gab es auch beim VfB Stuttgart am Freitagabend das eine oder andere ratlose Gesicht nach dem 1:1 bei Hannover 96. Wäre mehr drin gewesen – aufgrund einer starken ersten Hälfte und zwei Chancen von Dennis Aogo gegen Ende der Partie? Geht das Ergebnis in Ordnung, weil die Gastgeber nach der Pause lange dominierten? So oder so hatte der VfB immerhin das Gerede von der Nullnummer in der Fremde beenden können.

In Hannover gelang im siebten Auswärtsspiel dieser Bundesligasaison endlich der erste Punktgewinn. „Das Thema ist jetzt abgehakt“, sagte VfB-Kapitän Christian Gentner. „Das tut uns gut“, ergänzte Torhüter Ron-Robert Zieler. Und zumindest in Teilen also ging der Plan des Trainers Hannes Wolf („Wir sind froh, dass wir auswärtsgepunktet haben“) auf – doch bevor er sich auszahlen konnte, wäre er beinahe schon zu Beginn der Partie über den Haufen geworfen worden.

Harnik hat die erste Chance

Holger Badstuber reklamierte nahe der Mittellinie einen Einwurf für sich, Schiedsrichter Christian Dingert sprach den Ball aber den Hannoveranern zu – und die reagierten blitzschnell. Felix Klaus kam auf links zum Flanken, die Kugel segelte in den Stuttgarter Strafraum – und hätte Martin Harnik, einst sechs Jahre lang Stürmer beim VfB, nicht einen Kunstschuss versucht, wäre Wolfs Team bereits nach sechs Minuten zurückgelegen. So aber haderte Harnik, und der VfB verlagerte das Spielgeschehen fortan mehr und mehr in die Hälfte der Gastgeber. Nicht ohne Grund.

Zwar fehlte den Stuttgartern im offensiven Zentrum eine groß gewachsene Anspielstation, und 96-Abwehrchef Salif Sané gewann nahezu alle Kopfballduelle. Zeit für einen präzisen Spielaufbau ließ der VfB dem Mitaufsteiger aber nicht. Aggressiv, laufintensiv, mutig, zweikampfstark, teamorientiert und taktisch sicher nahm der VfB dem Gastgeber nahezu jede Luft zum Atmen. „Wir haben eine super erste Hälfte gespielt“, sagte Wolf. Und das zahlte sich aus.

Der VfB betreibt großen Aufwand

Dank früher Ballgewinne wurde der VfB nach und nach gefährlicher. Nach einem Zuspiel von Josip Brekalo auf Takuma Asano und dem Schuss des Japaners war Hannovers Keeper Philipp Tschauner noch zur Stelle. Doch als in der 24. Minute Christian Gentner abzog, patzte der Torhüter und Nutznießer Asano durfte sich mit Hannes Wolf über sein erstes Bundesligator freuen.

Der Coach hatte dem Japaner den Vorzug vor Simon Terodde als Ersatz für den verletzten Daniel Ginczek gegeben, für Chadrac Akolo stand Brekalo in der Startelf, und Mitte der ersten Halbzeit galt das Fazit: alles richtig gemacht. Klar war aber auch: Der Aufwand, den der VfB betrieb, war riesengroß. Und so war es kein Wunder, dass sich das Blatt in Hälfte zwei wendete.

96-Trainer André Breitenreiter brachte Niclas Füllkrug für Harnik, und sein Team trat fortan offensiver und dominanter auf, der VfB lauerte auf Konter – und hatte in der 62. Minute Glück, als der Schuss von Salif Sané an den Pfosten klatschte. Zwölf Minuten später war das anders.

„Da wäre mehr drin gewesen“

In einer unübersichtlichen Situation im Stuttgarter Strafraum beharkten sich zunächst Holger Badstuber und Füllkrug, dann brachte Benjamin Pavard seine Fußspitze an den Ball – weil er dabei aber auch Matthias Ostrzolek berührte, entschied Dingert auf Elfmeter. „Wir waren in dieser Phase zu passiv“, monierte Gentner, der sich ärgerte: „Da wäre mehr drin gewesen.“ Es gab Diskussionen, die Entscheidung aber hatte Bestand, und Füllkrug belohnte sein Team für die Steigerung nach der Pause.

Aogo hatte danach noch zwei gute Chancen, scheiterte aber – und so hatte der VfB am Ende zwar den ersehnten Auswärtspunkt, muss auf einen Dreier in der Fremde aber mindestens noch eine weitere Woche warten. „Wir hätten gerne gewonnen, sind aber auch mit dem Punkt glücklich“, sagte Wolf. Präsident Wolfgang Dietrich meinte: „Mit dem Ergebnis muss man nicht zufrieden sein.“ Mit der Art und Weise, wie die Mannschaft aufgetreten war, war er aber zufrieden: „Das macht Mut.“ Nun geht es zu Werder Bremen, und Zieler gab bereits in Hannover die Richtung vor: „Da wollen wir wieder punkten.“